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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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über Hensley und die kleine Mason zu unterhalten. Das aufgefundene Fahrrad würde ihm als Vorwand dienen. Das hieß, falls er überhaupt einen Vorwand brauchte.
    Rutledge blieb in der Tür stehen, wachsam und auf der Hut, denn im Büro des Constable saß ein Mann.
    Aber der Besucher kam mit ausgestreckter Hand auf ihn zu und sagte: »Ich bin Inspector Cain. Sie müssen der Mann sein, den sie aus London geschickt haben. Sie sind schneller hier eingetroffen, als ich erwartet hatte.«
    Hensleys Vorgesetzter.
    Hamish sagte verdrossen: »Da kennt er den Chief Superintendent schlecht.«
    Hatte der alte Bowles es nur deshalb so eilig gehabt, weil er beabsichtigte, Cain aus der Ermittlung herauszuhalten?
    Der Inspector war jung, blond und rotwangig, und seine Haltung war militärisch.
    »Sie waren wohl in Frankreich?«, fügte Rutledge hinzu, nachdem er sich vorgestellt hatte.
    »Ja, so ein Pech. Ich habe eine Kugel in die Hüfte bekommen. Die Ärzte haben mich wieder zusammengeflickt, aber wenn Sie wissen wollen, wie das Wetter morgen wird, brauchen Sie mich nur zu fragen.«
    Rutledge zündete die Lampe an, und sie setzten sich. Cain wählte Hensleys Seite des Schreibtischs, als stünde sie ihm von Rechts wegen zu.
    »Chief Inspector Kelmore hat mich benachrichtigt, dass Sie hier sind, aber ich musste erst auf eine Transportgelegenheit warten. Mit dem Fahrrad klappt es noch nicht so recht, verstehen Sie. Und die Kutsche, die ich normalerweise benutze, war gerade anderweitig mit Beschlag belegt.« Er grinste. »Meine
Frau hatte Besorgungen zu erledigen. Wir erwarten in drei Monaten unseren Erstgeborenen. Die Einrichtung des Kinderzimmers kostet mich mehr, als ihn später nach Eton zu schicken.«
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte Rutledge. »Ja, ich habe Hensley im Krankenhaus besucht. Er hat immer noch große Schmerzen, aber die Operation scheint erfolgreich gewesen zu sein.«
    »Nun ja, der Kerl ist ein zäher alter Knabe. Ich habe nie verstanden, warum er aus London hierhergekommen ist. Ich persönlich hätte einen Posten in der Stadt vorgezogen, wenn ich die geringsten Aussichten darauf gehabt hätte.«
    »Gibt es viel Ärger in Letherington oder in Dudlington?«
    »Nicht der Rede wert. Hier werden Rinder gezüchtet, verstehen Sie. Und wer um vier Uhr morgens wach wird, um die Kühe zu melken, ist abends um acht für keinen Unfug mehr zu gebrauchen.«
    »Ich habe bisher so gut wie keine Männer hier zu sehen bekommen, von einer Kuh ganz zu schweigen.«
    »Bei dem Wetter sind sie alle in den Ställen. Die meisten Kühe werden im späten Winter kalben. Wer jetzt eine Kuh verliert, verliert gleichzeitig auch noch das Kalb.«
    »Das leuchtet mir ein. Haben Sie Constable Hensley letzten Freitag in Letherington gesehen?«
    »Alle behaupten, er sei auf dem Weg dorthin gewesen, aber falls es so war, ist er nie angekommen. Keiner meiner Leute im Revier hat ihn gesehen und da, wo er sonst hingeht, hat er sich auch nicht blicken lassen. Ich habe mich erkundigt. Es ist nämlich so, dass ich aus persönlichen Gründen frei genommen hatte, weil es eine ruhige Woche war. Das dachten wir zumindest.«
    »Das sollte die Schlussfolgerung nahelegen, dass er keine dringenden Gründe hatte, mit Ihnen zu reden. Nichts, was beispielsweise so wichtig gewesen sein könnte, dass jemand sich die Mühe gemacht hätte, ihn davon abzuhalten.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Fall ist. Hier, in
Dudlington? Wahrscheinlich ist es die ruhigste der drei Ortschaften. Und wenn tatsächlich ein dringendes Problem angestanden hätte, dann hätte ich inzwischen Wind davon bekommen.«
    »Da er am helllichten Tage überfallen wurde, können wir nicht davon ausgehen, dass eine Verwechslung vorgelegen hat. Haben Sie eine Ahnung, wer es darauf abgesehen haben könnte, Hensley zu töten?«
    »Meine Güte, nein. Übrigens freut es mich, dass Sie es für einen Mordversuch halten. Erstens mal leuchtet mir überhaupt nicht ein, dass jemand dieses finstere Wäldchen wählen sollte, um sich dort im Bogenschießen zu üben. Und zweitens ist Hensley ein großer und kräftiger Mann, den man nicht überhört hätte, als er durch die Bäume gelaufen und in Schussweite gekommen ist. Und zu guter Letzt ist niemand mit einem Bogen in der Hand aus dem Unterholz aufgetaucht, um sich zu entschuldigen. Ich bin erst seit zwei Jahren hier -’17 bin ich kurz vor Jahresende ausgemustert worden. Trotzdem kann ich mir nicht denken, weshalb ihm jemand übel wollen sollte.

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