Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
es für Motelzimmer ausgeben kann. Das Haus ist eine Belastung.«
Sie schwieg.
»Mein Auto will ich ebenfalls verkaufen«, sagte er.
»Ich dachte, es gefällt dir«, erwiderte sie.
Er nickte. »Es ist nicht übel. Jedenfalls für ein Auto. Aber ich will einfach kein persönliches Eigentum.«
»Nur weil man ein Auto hat, muss doch nicht gleich die Welt untergehen.«
»Für mich schon. Zu viel Drumherum. Man muss es versichern und alle möglichen Sachen machen.«
»Hast du keine Versicherung?«
»Ich habe drüber nachgedacht«, erwiderte er. »Dazu muss man erst allerlei Papierkram ausfüllen.«
Sie zögerte einen Moment.
»Und wie willst du herumkommen?«
»So wie immer. Per Anhalter, mit dem Bus.«
»Okay, verkauf den Wagen, wenn du es unbedingt willst«, sagte sie. »Aber das Haus solltest du vielleicht lieber behalten. Es könnte dir noch von Nutzen sein.«
Er schüttelte den Kopf. »Es treibt mich zum Wahnsinn.«
Er spürte ihr Lächeln.
»Du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der obdachlos sein möchte«, sagte sie. »Die meisten Menschen versuchen, das unter allen Umständen zu vermeiden.«
»Nichts wünsche ich mir mehr, als frei und ungebunden zu sein«, erwiderte er. »Genauso sehr, wie du Partnerin werden möchtest.«
»Gilt das auch für mich?«, fragte sie leise.
»Es gilt für das Haus«, antwortete er. »Es ist eine Belastung. Wie ein Klotz am Bein. Das bist du nicht.«
Sie löste die Arme von seinem Nacken und stützte sich auf die Ellbogen.
»Das glaube ich dir nicht«, sagte sie. »Das Haus ist dir ein Klotz am Bein, und das magst du nicht, aber das Gleiche gilt auch für mich, oder?«
»Das Haus ist mir lästig«, sagte er. »Bei dir fühle ich mich wohl. Ich kann nur nach meinem Gefühl gehen.«
»Dann willst du also das Haus verkaufen, aber trotzdem in New York bleiben?«
Er schwieg einen Moment.
»Vielleicht zieh ich ein bisschen durch die Gegend«, meinte er. »Du bist viel unterwegs. Viel beschäftigt. Wir könnten das schon hinkriegen.«
»Wir werden uns auseinander leben.«
»Das glaube ich nicht.«
»Du würdest immer länger wegbleiben.«
Er schüttelte den Kopf. »Es wäre nicht anders, als es das ganze Jahr über gewesen ist. Außer dass ich mir keine Gedanken mehr wegen dem Haus machen muss.«
»Du hast dich schon entschieden, stimmt’s?«
Er nickte. »Es treibt mich zum Wahnsinn. Ich weiß nicht mal die Postleitzahl. Weil ich sie vermutlich überhaupt nicht wissen will.«
»Dazu brauchst du keine Erlaubnis von mir«, sagte sie noch einmal.
Danach schwieg sie.
»Bist du eingeschnappt?«, fragte er.
»Eher besorgt«, erwiderte sie.
»Dadurch ändert sich gar nichts.«
»Wieso machst du es dann?«
»Weil ich es machen muss.«
Sie erwiderte nichts.
Arm in Arm schliefen sie schließlich ein, auch wenn ihr Glücksgefühl von einem Hauch Wehmut getrübt wurde. Am nächsten Morgen war keine Zeit für weitere Gespräche. Jodie duschte sich und brach auf, ohne zu frühstücken oder ihn zu fragen, was er vorhätte und wann er zurückkommen würde. Er duschte sich ebenfalls, zog sich an, schloss das Apartment ab und fuhr mit dem Aufzug nach unten, wo Lisa Harper ihn bereits erwartete. Sie trug ihren dritten Anzug und lehnte am Kotflügel des FBI-Wagens. Der Tag war strahlend schön. Wütende Autofahrer kurvten um den am Bordstein stehenden Dienstwagen herum, dessen Fahrer reglos am Steuer saß und geradeaus starrte, ohne auf das Gehupe zu achten.
»Alles okay?«, fragte sie.
Er zuckte die Achseln. »Ich glaube schon.«
»Dann mal los.«
Der Fahrer kämpfte sich zwanzig Querstraßen weiter nach Norden durch und suchte dann das gleiche unterirdische Parkhaus auf, in das ihn Lamarr gebracht hatte. Sie nahmen wieder den in der hinteren Ecke gelegenen Aufzug und fuhren in den einundzwanzigsten Stock, wo sie auf dem gleichen grauen Korridor landeten. Der Fahrer ging vor ihnen her, als wäre er ihr Gastgeber, und deutete dann nach links.
»Die dritte Tür«, sagte er.
James Cozo saß an seinem Schreibtisch und sah aus, als wäre er schon über eine Stunde da. Er war in Hemdsärmeln, hatte sein Jackett an einen Garderobenständer aus gebogenem Holz gehängt und schaute fern, irgendeinen Nachrichtensender, dessen Reporter mit ernster Miene vor dem Kapitol stand. Dazwischen wurden immer wieder Bilder vom Hoover Building eingeblendet. Die Etatberatungen.
»Die Bürgerwehr kehrt zurück«, sagte er.
Er nickte Harper kurz zu und schloss einen Aktenordner,
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