Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Schieberei auf Kosten der Army.«
»Was hat er denn angestellt?«, wollte McGuire wissen.
Reacher lächelte. Er wünschte, die Videokamera wäre mit einem Mikrofon bestückt. Es gibt ihn also doch. Leighton würde vermutlich in seinem Büro vor Freude tanzen.
»Das FBI glaubt, dass er vier Frauen umgebracht hat. Wenn Sie mir also seinen Namen verraten, wird man ihn für immer einbuchten. Niemand wird ihn nach irgendwas anderem fragen.«
McGuire schwieg. Dachte nach. Er war nicht unbedingt der Hellste.
»Zwei weitere Faktoren kommen hinzu«, fuhr Reacher fort. »Wenn Sie es mir gleich verraten, lege ich ein gutes Wort für Sie ein. Die hören auf mich, weil ich selbst mal einer von ihnen war. Polizisten halten zusammen, stimmt’s? Ich kann Ihnen Hafterleichterung verschaffen.«
McGuire schwieg.
»Kommen wir zum letzten Punkt«, sagte Reacher bedächtig. »Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass Sie es mir früher oder später sowieso verraten. Es ist nur eine Frage der Zeit. Sie haben die Wahl. Entweder Sie sagen es mir gleich oder erst in einer halben Stunde, nachdem ich Ihnen sämtliche Knochen gebrochen habe.«
»Er ist ein übler Typ«, erklärte McGuire.
Reacher nickte. »Davon bin ich überzeugt. Aber Sie müssen sich entscheiden. All das, was er Ihnen angedroht hat, könnte irgendwann in ferner Zukunft passieren, und dazu wird es, wie ich schon sagte, nicht mehr kommen. Ich dagegen knöpfe Sie mir auf der Stelle vor. Hier und jetzt.«
»Sie können mir gar nix anhaben«, meinte McGuire.
Reacher wandte sich um und ergriff den hölzernen Hocker. Drehte ihn um, fasste ihn an zwei Beinen und hielt ihn in Brusthöhe. Spannte die Schultern an und zog mit beiden Händen nach außen. Dann atmete er tief durch und riss die Ellbogen zurück, so dass die Sprossen der Beine herausbrachen
und zu Boden fielen. Er drehte den Hocker wieder um, hielt ihn mit der linken Hand am Sitz fest und riss mit der rechten ein Bein ab. Ließ die übrigen Trümmer fallen und behielt das Bein in der Hand. Es war knapp einen Meter lang und etwa so schwer wie ein Baseballschläger.
»Jetzt Sie«, sagte er.
McGuire bemühte sich nach Kräften. Er drehte seinen Hocker um und packte die Beine. Spannte die Muskeln an und ließ seine Tätowierungen spielen, doch mehr tat sich nicht. Er stand nur da und hielt den umgekehrten Hocker in der Hand.
»Schade«, sagte Reacher bedauernd. »Ich wollte fair sein.«
»Er war bei den Special Forces«, versetzte McGuire. »Hat am Unternehmen Desert Storm teilgenommen. Er ist knallhart.«
»Spielt keine Rolle«, erwiderte Reacher. »Wenn er Widerstand leistet, erschießt ihn das FBI. Damit ist die Sache erledigt.«
McGuire sagte nichts.
»Er erfährt nicht, dass es von Ihnen kommt«, sagte Reacher. »Man wird es so hinstellen, als ob er ein paar Spuren hinterlassen hat.«
McGuire schwieg nach wie vor. Reacher holte mit dem Hockerbein aus.
»Links oder rechts?«, fragte er.
»Was?«, sagte McGuire.
»Welchen Arm soll ich Ihnen zuerst brechen?«
»LaSalle Kruger«, entgegnete McGuire. »Kommandeur eines Nachschubbataillons. Er ist Colonel.«
25
Das Telefon zu stehlen war ein Kinderspiel, aber das Auskundschaften hat es in sich. Die Wahl des richtigen Zeitpunkts stand an erster Stelle. Du musstest warten, bis es völlig dunkel war, und außerdem wolltest du die letzte Arbeitsstunde des Polizisten abwarten, der tagsüber Wache schiebt. Denn der Cop ist dümmer als der FBI-Agent, und die letzte Arbeitsstunde ist weitaus besser geeignet als die erste. Die Aufmerksamkeit lässt nach. Langeweile stellt sich ein. Seine Augen werden müde, und er freut sich auf ein Bier mit seinen Freunden oder auf einen Fernsehabend mit seiner Frau. Oder was immer er in seiner Freizeit treibt.
Folglich erstreckt sich dein Zeitrahmen über etwa vierzig Minuten – sagen wir mal, von sieben Uhr bis zwanzig vor acht. Du willst es in zwei Etappen durchziehen. Erst das Haus, dann die Umgebung. Du fährst vom Flughafen aus zurück und näherst dich auf der Durchgangsstraße. Du fährst geradeaus über die drei Straßen von ihrem Haus entfernte Kreuzung und hältst auf einem Wanderparkplatz zweihundert Meter weiter nördlich an. Von dort aus führt ein breiter Schotterweg in Richtung Osten, den Hang des Mount Hood hinauf. Du steigst aus, kehrst dem Weg den Rücken zu und arbeitest dich in nordwestlicher Richtung durch das leicht bewaldete Gelände vor. Du befindest dich etwa auf gleicher Höhe wie bei deinem
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