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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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einfach traumhaft, lief ruhig und leise. Sie lenkte den Wagen zwei Meilen nach Westen und bremste dann ab, um nach links auf den Parkplatz des Einkaufscenters abzubiegen. Wartete, bis ein entgegenkommender Lastwagen vorbeigedonnert war. Fuhr am rechten Flügel der Ladenzeile vorüber und hielt hinter dem Gebäude. Stieg aus und lief durch die Kälte zum Supermarkt.
    Drinnen war es wärmer. Sie griff sich einen Wagen und schob ihn durch sämtliche Gänge, ließ sich Zeit. Sie hatte keinen Einkaufszettel dabei, sondern nahm mit, was sie ihrer Meinung nach gebrauchen könnte. Viel war es nicht, denn die Sachen, für die sie sich eigentlich interessierte, führte der Supermarkt nicht. Keine Musikbücher, keine Pflanzen, kein Saatgut. Am Ende hatte sie so wenig in ihrem
Wagen, dass man sie an der Kasse für eilige Kunden bediente.
    Das Mädchen packte alles in eine braune Papiertüte, worauf sie bar bezahlte, die Tüte nahm und das Geschäft verließ. Sie ging nach links, den schmalen Gehsteig an den Schaufenstern vorbei. Ihr Atem war in der Luft zu sehen. Vor einem altmodischen Laden für Handwerksbedarf, in dem es fast alles gab, was man für Haus und Garten brauchte, blieb sie stehen. Sie hatte hier schon öfter eingekauft, wenn sie Knochenmehl oder Torfmull für ihre Azaleen benötigte.
    Sie zog die Tür auf. Eine Glocke schellte. An der Kasse stand ein alter Mann in einem braunen Kittel. Er nickte ihr kurz zu. Sie ging durch die schmalen, von überladenen Regalen gesäumten Gänge, an allerlei Nägeln und Werkzeugen vorbei, bis sie auf die Abteilung für Innenausstattung stieß. Hier gab es billige Tapeten, Kleister, Pinsel und Farbroller. Und Eimer mit Farbe. Ein ganzes Regal voll. Die dazugehörigen Farbtabellen steckten in Ständern, die an die Bretter geklemmt waren. Sie stellte ihre Tüte auf den Boden und zog eine Tabelle heraus. Sie war mit lauter bunten Farbstreifen bedruckt, sah aus wie ein Regenbogen – eine Vielzahl von Tönen und Schattierungen.
    »Kann ich Ihnen helfen, Miss?«, fragte jemand hinter ihr.
    Es war der alte Mann. Er war ihr gefolgt, um sie zu beraten und weil er ihr unbedingt etwas verkaufen wollte.
    »Ist diese Farbe wasserlöslich?«, wollte sie wissen.
    Der alte Mann nickte.
    »Man nennt es Latex«, antwortete er. »Das heißt, dass es sich um eine wässrige Polymerverbindung handelt. Sie können es mit Wasser verdünnen und den Pinsel hinterher mit Wasser auswaschen.«
    »Ich suche einen dunkelgrünen Ton«, sagte sie.
    Sie deutete auf die Tabelle.
    »Ungefähr so ähnlich wie dieses Olivgrün.«
    »Das Avocadogrün hier ist sehr hübsch«, meinte der alte Mann.
    »Zu hell«, versetzte sie.
    »Wollen Sie es mit Wasser verdünnen?«, fragte er.
    »Ich denke schon.«
    »Dadurch wird es noch heller.«
    »Ich glaube, ich nehme den Olivton«, sagte sie. »Es soll irgendwie militärisch wirken.«
    »Na gut«, erwiderte der Alte. »Wie viel?«
    »Einen Eimer«, sagte sie. »Fünf Liter.«
    »Damit kommen Sie aber nicht weit«, gab er zu bedenken. »Obwohl sie etwas ergiebiger ist, wenn man sie verdünnt.«
    Er trug den Eimer zur Kasse und tippte den Preis ein. Sie bezahlte bar. Dann packte er die Farbe in eine Tüte und legte einen Holzstab zum Umrühren bei, auf dem der Name des Ladens stand.
    »Vielen Dank«, sagte sie.
    Sie nahm die Lebensmitteltüte in die eine und die Tüte mit der Farbe in die andere Hand. Ging an der Ladenpassage vorbei. Es war kalt. Sie blickte zum Himmel auf. Von Westen trieben schwarze Wolken heran. Hinter dem letzten Geschäft bog sie ab und eilte zur ihrem Wagen. Stellte die Tüten auf den Rücksitz, stieg ein, schlug die Tür zu und ließ den Motor an.
     
    Der Cop fror, aber dadurch blieb er wenigstens wach. Wenn er im Sommer irgendwo untätig herumsaß, wurde er schläfrig, aber bei derart niedrigen Temperaturen passierte das nicht. Daher bemerkte er die nahende Gestalt, als sie noch etwa hundert Meter weiter bergabwärts entfernt war. Wegen der Hügelkuppe sah er zunächst nur den Kopf, dann die Schultern und schließlich die Brust. Die Gestalt kam mit entschlossenen Schritten auf ihn zu, wurde immer größer, bis sie schließlich ganz zu sehen war. Der Kopf war mit dichten,
kurz geschnittenen grauen Haaren bedeckt. Der Mann steckte in einer Army-Uniform. Adler prangten auf den Schulterstücken und am Revers. Ein Colonel, aber mit einem Beffchen um den Hals statt eines Hemdkragens samt Krawatte. Ein Feldkaplan, ein Militärgeistlicher, der auf dem Gehsteig

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