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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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staunte. Er wäre von Virginia aus über Kentucky, Illinois, Iowa, Nebraska, Wyoming und Idaho nach Oregon geflogen. Jedenfalls nicht über North Dakota. Doch beim Fliegen und in der Seefahrt hielt man sich an die so genannte Großkreisnavigation, wonach man auf kürzestem Weg zum Ziel gelangte, wenn man einen Umweg machte. So viel wusste er. Aber er kapierte es nicht. Wie konnte man auf einem Umweg schneller zum Ziel kommen?
    »Lorraine Stanley hat die Farbe gestohlen«, sagte Harper. »Die halbherzigen Kratzer in Alison Lamarrs Gesicht weisen darauf hin, dass er nur so tut, als sei er gewalttätig. Aber worauf weist die geografische Lage der Tatorte hin?«
    »Das haben wir doch schon besprochen«, erwiderte Reacher.
    »Er will uns seinen Aktionsradius demonstrieren.«
    Er nickte. »Und sein Tempo.«
    Sie nickte ebenfalls.
    »Und seine Mobilität«, fügte er hinzu. »Vergessen Sie die Mobilität nicht.«
     
    Sie spielte anderthalb Stunden. Der Cop blieb draußen, so dass sie sich wieder beruhigte und an ihrem Anschlag arbeitete, bis er besser war denn je zuvor. Sie konzentrierte sich auf die Noten und forcierte allmählich das Tempo. Danach nahm sie es wieder etwas zurück und entschied sich schließlich für eine Variante, die sie etwas langsamer spielte als vorgegeben. Es klang einfach großartig, war in sich geschlossen, logisch, würdevoll.
    Sie schob den Hocker zurück, knetete ihre Finger und reckte die Arme. Dann schloss sie den Klavierdeckel und stieg die Treppe zu ihrem Badezimmer hinauf. Stand vor dem Spiegel und bürstete sich die Haare. Anschließend ging
sie hinunter zum Kleiderschrank und holte ihre Jacke heraus. Sie war so kurz, dass sie sie beim Autofahren nicht behinderte, aber trotzdem sehr warm. Dann zog sie ein Paar feste Schuhe an und schritt die Treppe zum Keller hinab. Sperrte die Tür zur Garage auf und öffnete ihren Wagen mit Hilfe der Fernbedienung. Sie schaltete den elektrischen Torheber ein, stieg in den Wagen und ließ den Motor an, während das Garagentor rumpelnd aufging.
    Sie stieß rückwärts auf die Auffahrt und schloss das Tor per Fernbedienung. Drehte sich um und sah, dass ihr der Polizeiwagen den Weg versperrte. Sie ließ den Motor laufen, stieg aus und ging hinunter. Der Polizist sah sie und öffnete das Fenster.
    »Ich muss zum Einkaufscenter«, sagte sie.
    Der Cop sah sie einen Moment lang an, als überschreite sie die Grenzen dessen, was erlaubt war.
    »Wie lange werden Sie weg sein?«, wollte er wissen.
    Sie zuckte die Achseln.
    »Eine halbe bis eine Stunde«, erwiderte sie.
    »Zum Einkaufscenter?«, fragte er.
    Sie nickte. »Ich brauche ein paar Sachen.«
    Er starrte sie weiter an, traf dann eine Entscheidung.
    »Okay, aber ich bleibe hier«, sagte er. »Wir beobachten das Haus, nicht Sie persönlich. Wir sollen verhindern, dass jemand bei Ihnen eindringt. Dazu sind wir da.«
    Wieder nickte sie. »Ist mir recht. Im Einkaufscenter fällt bestimmt niemand über mich her.«
    Der Cop nickte ebenfalls. Schwieg. Er ließ den Motor an und setzte so weit zurück, dass sie an ihm vorbeirangieren konnte. Er schaute ihr nach, als sie den Berg hinabfuhr, und rollte dann wieder ein Stück vor.
     
    Du siehst, wie die Garagentür aufgeht, wie der Wagen herausfährt und die Tür wieder geschlossen wird. Du siehst, wie sie auf der Auffahrt anhält und aussteigt. Du beobachtest
das kurze Gespräch durch das Seitenfenster des Crown Victoria. Du siehst, wie der Cop zurücksetzt, siehst, wie sie rückwärts auf die Straße stößt. Dann fährt sie bergabwärts davon, und der Cop bezieht wieder seinen Posten. Du lächelst vor dich hin und ziehst dich im Schutz der Felsen zurück. Du stehst auf. Du machst dich ans Werk.
     
    Am Fuß des Hügels bog sie zunächst links und dann nach rechts auf die Durchgangsstraße nach Portland ab. Es war kalt. Wenn die Temperaturen weiter sanken, würde es in einer Woche schneien. Dann würde sie mit ihrem Wagen ziemlich dumm dastehen. Alle anderen besaßen schwere Fahrzeuge mit Allradantrieb, Jeeps und Pick-ups. Sie hingegen hatte sich für eine lange, tief liegende und flache Limousine entschieden. Goldener Lack, verchromte Felgen, butterweiche braune Lederpolsterung. Er sah wunderbar aus, aber er hatte nur Frontantrieb, keine Traktionskontrolle und gerade mal so viel Bodenfreiheit, dass er über einen nicht allzu großen Schneehaufen hinwegkam. Im Winter musste sie entweder zu Fuß gehen oder ihre Nachbarn um eine Mitfahrgelegenheit bitten.
    Aber er war

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