Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Untersuchungsmethoden wir heutzutage in unseren Labors verfügen, aber er schlägt ihnen allen ein Schnippchen.«
»Wie schafft er das?«
»Wir wissen es nicht. Wie lange sind Sie in diesem Wagen?«
Er zuckte die Achseln. »Kommt mir vor wie eine halbe Ewigkeit.«
»Seit etwa einer Stunde. Inzwischen haben Sie hier überall Ihre Fingerabdrücke hinterlassen, am Türgriff, am Armaturenbrett, am Sicherheitsgurt, am Sitzhebel. Es hängen vermutlich zig Haare an der Nackenstütze und zahllose Fasern von Ihrer Hose und Ihrem Jackett am Sitz. Schmutzspuren aus Ihrem Garten, die an Ihren Schuhen haften, am Boden. Vielleicht sogar Fasergewebe von den Teppichen in Ihrem Haus.«
Er nickte. »Und dabei sitze ich hier nur rum.«
»Genau. Bei einer Gewalttat, einem Mord zumal, müsste man überall Hinweise finden, dazu Blut- und Speichelspuren.«
»Vielleicht bringt er sie nicht im Haus um.«
»Dort wurden die Leichen aber gefunden.«
»Dann muss er sie zumindest reingeschafft haben.«
Sie nickte. »Wir wissen mit absoluter Sicherheit, dass er sich eine Zeit lang im Haus aufhält. Dafür gibt es Hinweise.«
»Wo hat man die Leichen gefunden?«
»Im Badezimmer. In der Wanne.«
Der Buick rollte langsam an der Unfallstelle vorbei. Ein alter Kombi war auf einen Geländewagen aufgefahren, der genauso aussah wie seiner. In der Windschutzscheibe des Kombi klafften zwei Löcher, jedes etwa so groß wie ein Kopf. Beide Vordertüren waren aufgestemmt. Ein Rettungswagen näherte sich auf der Gegenfahrbahn, machte dann quer über dem Mittelstreifen kehrt. Reacher drehte sich um und musterte den Geländewagen. Es war nicht seiner. Nicht dass er es erwartet hätte. Jodie würde nicht einfach irgendwohin fahren. Dazu war sie zu vernünftig.
»In der Wanne?«, wiederholte er.
Lamarr nickte, ohne den Blick von der Fahrbahn zu wenden. »In der Wanne.«
»Alle drei?«, fragte er.
Wieder nickte Lamarr. »Alle drei.«
»Wie eine Art Erkennungszeichen?«
»Richtig«, sagte sie.
»Woher weiß er, dass sie eine Badewanne haben?«
»Wenn man ein eigenes Haus hat, hat man auch eine Badewanne.«
»Woher weiß er, dass sie ein eigenes Haus haben? Er sucht sie sich doch zufällig aus, stimmt’s? Nicht aufgrund ihres Wohnorts. Die könnten doch sonst wo wohnen. Zum Beispiel in einem Motel, so wie ich. Dort hat man manchmal nur eine Dusche.«
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. »Sie wohnen nicht in einem Motel, sondern in einem Haus in Garrison.«
Er blickte zu Boden, so als hätte er es vergessen.
»Tja, im Moment schon«, sagte er. »Aber vorher bin ich eine ganze Zeit lang auf Achse gewesen. Woher weiß er, dass sich diese Frauen irgendwo häuslich niedergelassen haben?«
»Das ist ja genau der Knackpunkt«, meinte sie. »Wenn sie sich nicht häuslich niedergelassen hätten, kämen sie für ihn nicht in Frage. Ich meine damit, dass sie einen festen Wohnsitz haben müssen, weil er sie sonst nicht ausfindig machen könnte.«
»Aber woher weiß er, dass sie eine Badewanne haben?«
Sie zuckte die Achseln. »Wenn man einen festen Wohnsitz hat, hat man auch eine Badewanne. Es sei denn, man hat ein winziges Apartment, in dem es bloß eine Duschkabine gibt.«
Reacher nickte. Das war nicht unbedingt sein Fachgebiet. Er kannte sich nicht so genau aus, was Wohnungen oder Häuser anging. »Okay, sie sind also in der Badewanne.«
»Nackt. Und von ihrer Kleidung fehlt jede Spur.«
Sie hatten die Unfallstelle hinter sich gelassen, worauf sie wieder Gas gab und die Scheibenwischer einen Takt schneller stellte.
»Nimmt er die Kleidung mit?«, fragte er. »Und warum?«
»Vermutlich als eine Art Trophäe. So etwas ist bei derartigen Serienmorden durchaus üblich. Möglicherweise will er damit irgendetwas kundtun. Vielleicht denkt er, dass sie nach wie vor Uniform tragen sollten. Vielleicht bringt er sie deshalb um und nimmt ihre Kleidung mit.«
»Lässt er sonst noch was mitgehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Allem Anschein nach nicht. Jedenfalls nichts, was uns bislang aufgefallen wäre. Bargeld und Kreditkarten hat er nicht angerührt.«
»Er nimmt also die Kleider mit und hinterlässt keinerlei Hinweise.«
Sie schwieg einen Moment.
»Einen Hinweis hinterlässt er schon«, sagte sie. »Grüne Farbe.«
»Grüne Farbe?«
»Tarnanstrich. Eimerweise.«
»Wo?«
»In der Badewanne. Er legt sie nackt in die Wanne und kippt dann Farbe hinein, bis zum Rand.«
Reacher starrte durch die Windschutzscheibe in den Regen. »Ertränkt er sie
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