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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Lücke und stellte den Motor ab. Warf einen Blick auf ihre Uhr.
    »Zehn nach sechs«, sagte sie. »Viel zu langsam. Das lag am Wetter, nehme ich an. Außerdem haben wir zu lange für das Mittagessen gebraucht.«
    Schweigen.
    »Was nun?«, fragte Reacher.
    »Jetzt machen wir uns an die Arbeit.«
    Die große Glastür vor ihnen ging auf, und Poulton trat aus dem Gebäude. Der Rotblonde mit dem Schnurrbart. Er trug einen anderen Anzug. Dunkelblau. Dazu ein weißes Hemd mit Button-down-Kragen und einen grauen Schlips. Mit dieser Farbenkombination wirkte er weniger aufdringlich. Dezenter. Er blieb einen Moment stehen, ließ den Blick über den Parkplatz schweifen und setzte sich dann in Bewegung. Lamarr stieg aus und ging ihm entgegen. Reacher blieb sitzen und wartete. Poulton begleitete Lamarr zum Kofferraum, ließ sie ihr Gepäck aber selbst tragen. Es war eine Umhängetasche aus dem gleichen Kunstleder wie ihr Aktenkoffer.
    »Na los, Reacher!«, rief sie.
    Er bückte sich kurz und hängte sich die Kette mit dem Ausweis um den Hals. Öffnete die Tür und stieg aus. Es war kalt und windig, und mit dem Wind drangen allerlei Töne an sein Ohr. Das trockene Rascheln des Laubs an den Bäumen, Schüsse, das Klirren der ausgeworfenen Hülsen.
    »Nehmen Sie Ihr Gepäck mit!«, rief Poulton.
    »Ich habe kein Gepäck«, sagte Reacher.
    Poulton warf Lamarr einen kurzen Blick zu, worauf sie ihn ansah, als wollte sie sagen, das musste ich den ganzen Tag lang über mich ergehen lassen. Dann wandten sich die beiden ab und gingen zu dem Gebäude. Reacher blickte zum Himmel auf und folgte ihnen. In dem welligen Gelände gab es auf Schritt und Tritt Interessantes zu sehen. Zum Beispiel in der Talsenke links unterhalb von dem Gebäude, wo allerlei angehende Agenten einzeln oder in kleinen Trupps ruhig und entschlossen, aber auch im Laufschritt oder in
Marschkolonne mit Schrotflinten bewehrt dem Wald zustrebten. Anscheinend trugen sie hier alle dunkelblaue Trainingsanzüge, auf denen hinten und vorn in großen gelben Buchstaben FBI prangte. Wie eine Art Markenzeichen, das man feilbieten will. Trotzdem kam ihm, dem altgedienten Soldaten, das Ganze wie eine heillose Zivilistenveranstaltung vor. Dann wurde ihm mit einem Mal klar – und er schämte sich kurz dafür –, dass dieser Eindruck unter anderem daher rührte, dass ein Gutteil der Leute, die da unten rannten und marschierten, Frauen waren.
    Lamarr stieß die Glastür auf und ging hinein. Poulton stand davor und wartete auf Reacher.
    »Ich bringe Sie auf Ihr Zimmer«, sagte er. »Dort können Sie Ihre Sachen verstauen.«
    Von Nahem und bei Tageslicht sah er älter aus. Feine Falten, kaum sichtbar, zogen sich um Augen und Mundwinkel, so dass er mit einem Mal wie ein Vierzigjähriger wirkte, der sich für Zwanzig ausgibt.
    »Ich habe nichts dabei«, versetzte Reacher. »Das habe ich Ihnen doch gerade gesagt.«
    Poulton zögerte einen Moment. Offenbar hatte er seine genauen Anweisungen. Musste sich an den vorgegebenen Zeitplan halten.
    »Ich bringe Sie trotzdem hin«, meinte er.
    Lamarr zog mit ihrer Tasche von dannen, als Reacher von Poulton zum Aufzug geleitet wurde. Sie fuhren in den dritten Stock und gingen einen Korridor mit verschlissenem Teppichboden und abgewetzten Tapeten entlang. Poulton blieb vor einer Tür stehen, holte einen Schlüssel aus der Tasche und sperrte sie auf. Dahinter befand sich ein ganz gewöhnliches Motelzimmer. Ein schmaler Eingangsbereich, rechts das Bad, links der Kleiderschrank, ein Doppelbett, ein Tisch und zwei Sessel, schmucklos und nüchtern.
    Poulton blieb draußen auf dem Flur. »Halten Sie sich in zehn Minuten bereit.«
    Die Tür fiel ins Schloss. Auf der Innenseite war kein Griff. Also doch nicht das übliche Motelzimmer. Vom Fenster aus konnte er den Wald sehen, aber das Fenster ließ sich nicht öffnen. Der Rahmen war verschweißt und der Griff abmontiert. Auf dem Nachttisch stand ein Telefon. Er nahm den Hörer ab und hörte das Freizeichen. Er drückte die Neun. Immer noch Freizeichen. Er wählte die Nummer von Jodies Kanzleianschluss. Ließ es achtzehnmal klingeln und probierte es dann bei ihr zu Hause. Ihr Anrufbeantworter schaltete sich ein. Er versuchte, sie über Handy zu erreichen. Sie hatte es abgeschaltet.
    Er hängte seinen Mantel in den Kleiderschrank, holte seine Zahnbürste aus der Tasche und steckte sie in ein Glas, das auf dem Bord über dem Waschbecken stand. Er spritzte sich eine Hand voll Wasser ins Gesicht und brachte seine

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