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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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eine.
    Nichts tat sich. Nachdem sich die Mittagsgäste verzogen hatten, kehrte auf der Straße Ruhe ein. Ab und zu fuhr ein Lastwagen vor, hielt an, wurde entladen und fuhr wieder weg. Leichter Nieselregen setzte ein und hörte wieder auf. Tief zogen die Wolken am dunklen Himmel dahin. Die Zeit verrann. Er ging ein Stück nach Süden, dann nach Osten. Wieder nichts. Er kehrte zurück, lief die eine Straßenseite hinauf und die andere hinunter. Wartete an der Ecke. Blickte ein ums andere Mal auf seine Uhr. Noch vierzig Minuten. Noch dreißig. Noch zwanzig.
    Dann entdeckte er sie. Und mit einem Mal wurde ihm klar, weshalb sie erst jetzt auftauchten. Sie hatten die Mittagspause abgepasst, gewartet, bis die Kassen prall gefüllt waren. Sie kamen zu zweit. Chinesen natürlich, jung, mit glänzenden schwarzen Haaren, so lang, dass sie über den Kragen hingen. Sie trugen dunkle Hosen und helle Windjacken, dazu rote Schals, als wäre es eine Art Uniform.
    Sie gingen völlig unverfroren vor. Der eine hatte eine Geldtasche in der Hand, der andere einen Notizblock, in dessen Drahtspirale ein Kugelschreiber steckte. Langsam und lässig zogen sie von einem Restaurant zum nächsten. Jedes Mal, wenn sie wieder herauskamen, zog der eine seelenruhig seine Geldtasche zu, und der andere notierte sich etwas. Reacher beobachtete sie eine Viertelstunde, sah, wie sie sich ein, zwei, drei Restaurants vornahmen, dann ein viertes. Er überquerte die Straße und ging vor ihnen her. Wartete neben der Tür eines Restaurants, schaute ihnen zu, wie sie hineingingen, sich vor einem alten Mann aufbauten, der an der Kasse saß. Sie standen nur da, ohne etwas zu sagen. Der alte Mann griff in die Schublade und holte einen Packen zusammengefalteter Scheine heraus. Die vereinbarte Summe, abgezählt und bereit zum Abholen. Der Typ mit dem Notizblock nahm sie in Empfang und reichte sie seinem Partner. Schrieb irgendwas auf seinen Block, während das Geld in der Tasche verschwand.
    Reacher ging ein paar Schritte weiter, zu einer schmalen Gasse zwischen dem Restaurant und dem angrenzenden Haus. Er huschte hinein und wartete, drückte sich mit dem Rücken an die Wand, so dass sie ihn nicht sehen konnten, bis es zu spät war. Er warf einen Blick auf seine Uhr. Noch knapp fünf Minuten. Er versuchte in etwa einzuschätzen, wie lange die beiden Jungs brauchten, stellte sich ihre gemächlichen Schritte vor, den selbstsicheren Gang. Pendelte sich auf ihren Rhythmus ein. Wartete. Wartete noch einen Moment, trat dann aus der Gasse und verstellte ihnen den Weg. Sie stießen gegen ihn. Er packte je einen an der Windjacke, beugte sich zurück, wirbelte sie herum und schleuderte sie rücklings an die Gassenmauer. Der Typ, den er mit der Rechten erwischt hatte, flog weiter durch die Luft, prallte daher härter auf und wurde umso heftiger zurückgeschleudert. Reacher traf ihn voll mit dem Ellbogen, als er wieder auf ihn zuflog, worauf er zu Boden ging und nicht wieder aufstand. Es war der Typ mit der Geldtasche.
    Der andere ließ seinen Notizblock fallen und wollte in die Jackentasche greifen, aber Reacher hatte Trents Beretta bereits gezogen. Er stand unmittelbar vor ihm und richtete sie nach unten, erst auf den Jackenbund, dann auf das Knie.
    »Mach keinen Quatsch, okay?«, sagte er.
    Er zog mit der linken Hand den Schlitten zurück. Der Mantel dämpfte zwar den Ton, aber seiner Meinung nach klang es trotzdem hohl und leer. Jemand, der sich auskannte, konnte genau hören, dass die Waffe nicht durchgeladen wurde. Doch der Chinese merkte nichts. Er war zu benommen, zu erschrocken, drückte sich nur an die Mauer, als wollte er sich am liebsten darin verkriechen. Stemmte ein Bein auf den Boden, als bereitete er sich darauf vor, dass ihm das andere jeden Moment von einer Kugel zerschmettert werden würde.
    »Du machst einen Fehler, Mann«, flüsterte er.
    Reacher schüttelte den Kopf. »Nein, wir machen einen Vorstoß, du Arschloch.«
    »Wer ist wir?«
    »Petrosian«, antwortete Reacher.
    »Petrosian? Willst du mich verarschen?«
    »Ganz und gar nicht«, erwiderte Reacher. »Ich mein’s ernst. Todernst. Diese Straße gehört ab jetzt Petrosian. Ab heute. Ab sofort. Die ganze Straße. Ist das klar?«
    »Diese Straße gehört uns.«
    »Nicht mehr. Jetzt gehört sie Petrosian. Er übernimmt das Ganze hier. Hast du was dagegen? Willst du dein Bein verlieren?«
    »Petrosian?«, wiederholte der Typ.
    »Glaub’s mir«, sagte Reacher und rammte ihm die Linke in die Magengrube. Der

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