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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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dem Zimmer mit den Eichentischen, den Ledersesseln und den Akten. Reacher nahm Platz und warf einen Blick auf seine Uhr. Zwanzig nach drei. Vielleicht
noch zwei Stunden Tagträumen, dann konnte er etwas essen und sich auf sein Zimmer verziehen.
     
    Am Ende waren es drei Stunden. Und zum Tagträumen kam er auch nicht. Er saß da, starrte vor sich hin und dachte fieberhaft nach. Harper beobachtete ihn gespannt. Er nahm die Aktenordner und rückte sie vor sich auf dem Tisch zurecht, Callans unten rechts, Stanleys unten links, Cookes oben rechts, musterte sie und sann einmal mehr über die geographische Lage der drei Tatorte nach.
    »Irgendwelche Fortschritte?«, fragte Harper.
    »Ich brauche eine Liste, auf der alle einundneunzig Frauen aufgeführt sind«, sagte er.
    »Okay«, erwiderte sie.
    Er wartete mit geschlossenen Augen und hörte, wie sie aus dem Zimmer ging. Genoss eine Zeit lang die Wärme und die Stille, bis sie wieder zurückkehrte. Er öffnete die Augen und sah, dass sie sich zu ihm beugte und ihm einen weiteren dicken, blauen Ordner reichte.
    »Stift«, sagte er.
    Sie suchte in einer Schublade herum, fand einen Bleistift und rollte ihn quer über den Tisch zu ihm. Er schlug den neuen Ordner auf und fing an zu lesen. Obenauf lag ein Ausdruck vom Verteidigungsministerium, vier aneinander geheftete Blätter mit einundneunzig Namen in alphabetischer Reihenfolge. Einige kamen ihm bekannt vor. Rita Scimeca war darunter, die Frau, die er Blake gegenüber erwähnt hatte. Sie stand unmittelbar über Lorraine Stanley. Anschließend kam eine Liste mit den dazugehörigen Adressen, die man größtenteils über die Veteranen-Krankenversicherung bezogen beziehungsweise von den Nachsendeanträgen für die Post abgeschrieben hatte. Scimeca lebte in Oregon. Der letzte Stapel Akten enthielt allerlei Hintergrundinformationen, hauptsächlich Berichte, die der Nachrichtendienst der Army nach der Entlassung angefertigt
hatte – bei manchen Frauen umfangreich, bei einigen nur in wenigen Stichworten, aber trotzdem so ergiebig, dass sich daraus ein paar wesentliche Schlüsse ziehen ließen. Reacher blätterte vor und zurück und ging mit dem Bleistift ans Werk. Nach zwanzig Minuten zählte er die Kreuze, Striche und Haken, die er gemacht hatte.
    »Es waren elf Frauen«, sagte er. »Keine einundneunzig.«
    »Waren?«, fragte Harper.
    Er nickte.
    »Elf«, sagte er. »Bleiben noch acht, keine achtundachtzig.«
    »Wieso?«
    »Aus mehreren Gründen. Einundneunzig waren von Anfang an unsinnig. Wer würde denn allen Ernstes einundneunzig Frauen nachstellen? Fünfeinviertel Jahre lang? Das ist einfach unwahrscheinlich. Jemand, der so gerissen ist, sucht sich nur so viele aus, wie er auch schaffen kann, zum Beispiel elf.«
    »Aber wie?«
    »Indem er sich aufs Machbare beschränkt. Eine kleine Zielgruppe. Was hatten Callan, Cooke und Stanley sonst noch gemeinsam?«
    »Was denn?«
    »Sie lebten eindeutig und offenkundig allein, waren ledig oder hatten sich von ihren Männern getrennt, wohnten in Einfamilienhäusern am Stadtrand oder auf dem Land.«
    »Und das ist ausschlaggebend?«
    »Selbstverständlich. Denken Sie doch mal daran, wie er vorgeht. Dazu braucht er Ruhe, einen einsamen, abgelegenen Ort, wo ihn keiner stört. Wo es keine Nachbarn gibt, keine Zeugen. Er muss die Farbe ins Haus schaffen. Schauen Sie sich die Liste an. Da sind verheiratete Frauen dabei, Frauen mit kleinen Kindern, Frauen, die Familie haben, bei ihren Eltern wohnen, in Mietshäusern oder Eigentumswohnungen, auf Bauernhöfen, sogar in Wohngemeinschaften,
Frauen, die wieder aufs College gehen. Aber er hat es auf Frauen abgesehen, die allein leben, in Einfamilienhäusern.«
    Harper schüttelte den Kopf. »Das sind aber mehr als elf. Wir haben nachgeforscht. Ich glaube, es sind über dreißig. Etwa ein Drittel.«
    »Aber ihr musstet das überprüfen. Ich spreche von Frauen, die offensichtlich allein und abgeschieden leben. Auf Anhieb erkennbar, da wir davon ausgehen können, dass er niemand hat, der Nachforschungen für ihn anstellt. Er muss alles allein machen, heimlich. Er besitzt lediglich diese Liste.«
    »Aber das ist unsere Liste.«
    »Ihr seid nicht die Einzigen. Er hat sie auch. All diese Informationen stammen direkt vom Militär. Er hatte sie vor euch.«
     
    Etwa dreiundvierzig Meilen weiter nordöstlich, auf einem auf Hochglanz polierten Schreibtisch in einem kleinen, fensterlosen Büro tief im Innern des Pentagon, lag genau die gleiche Liste. Es war eine

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