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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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abgelichteten kleinen Bungalow in San Diego, in dem sie auch gestorben war, ohne dass die Kriminalisten und Pathologen in Kalifornien den geringsten Hinweis auf Täter oder Todesursache fanden.
    »Wie alt sind Sie?«, wollte Reacher wissen.
    »Ich?«, fragte Harper. »Neunundzwanzig. Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Eine der häufig gestellten Fragen.«
    »Sie stammen aus Colorado, oder?«
    »Aus Aspen.«
    »Geschwister?«
    »Zwei Schwestern, ein Bruder.«
    »Älter oder jünger.«
    »Alle älter. Ich bin das Nesthäkchen.«
    »Eltern?«
    »Papa ist Apotheker, Mama hilft ihm.«
    »Sind sie mit euch in Urlaub gefahren, als ihr noch klein wart?«
    Sie nickte. »Klar. Zum Grand Canyon, in die Painted Desert, überall hin. Einmal haben wir im Yellowstone-Nationalpark gecampt.«
    »Ihr seid mit dem Auto hingefahren, stimmt’s?«
    Wieder nickte sie. »Ein großer Kombi voller Kinder, ganz die glückliche Familie. Was soll das?«
    »Was haben Sie von diesen Fahrten in Erinnerung behalten?«
    Sie verzog das Gesicht. »Sie waren endlos lange.«
    »Genau.«
    »Was genau?«
    »Das ist ein riesengroßes Land.«
    »Und?«
    »Caroline Cooke wurde in New Hampshire ermordet und Lorraine Stanley drei Wochen später in San Diego umgebracht. Das ist ziemlich weit voneinander entfernt, nicht? Etwa dreieinhalbtausend Meilen, wenn man mit dem Auto fährt. Wenn nicht mehr.«
    »Fährt er denn mit dem Auto?«
    Reacher nickte. »Er muss über hundert Liter Farbe transportieren.«
    »Vielleicht hat er sie irgendwo gelagert.«
    »Das würde die Sache ja noch erschweren. Wenn er sie nicht zufällig irgendwo genau zwischen New Hampshire, dem Ort, an dem er stationiert ist, und Südkalifornien gelagert hat, müsste er noch einen Umweg machen. Die Strecke wäre noch weiter, viel weiter möglicherweise.«
    »Und?«
    »Er muss also drei- bis viertausend Meilen weit mit dem Auto fahren. Außerdem muss er Lorraine Stanley beobachten. Schafft er das in einer Woche?«
    Harper runzelte die Stirn. »Sagen wir mal, er ist etwa siebzig Stunden unterwegs, wenn er mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von fünfundfünfzig Meilen pro Stunde fährt.«
    »Was er aber nicht schafft. Er muss durch Ortschaften fahren, Baustellen passieren. Und er hält sich bestimmt an die Geschwindigkeitsbeschränkung. Jemand, der so vorsichtig ist, riskiert nicht, dass ein Verkehrspolizist in seinem
Auto rumschnüffelt. Etliche hundert Liter Tarnanstrich dürften derzeit ziemlich verdächtig wirken.«
    »Also sagen wir mal, er ist hundert Stunden unterwegs.«
    »Mindestens. Dazu braucht er ein, zwei Tage Zeit zum Auskundschaften, wenn er dort ist. In einer Woche ist das nicht machbar. Es dauert zehn, elf Tage. Vielleicht sogar zwölf.«
    »Also?«
    »Sie sind dran.«
    »Es handelt sich nicht um jemanden, der zwei Wochen Dienst hat und eine Woche frei.«
    Reacher nickte. »Nein, auf keinen Fall.«
     
    Sie gingen hinaus und steuerten das Gebäude an, in dem sich die Cafeteria befand. Das Wetter war inzwischen so, wie es im Herbst sein sollte, der Himmel strahlend blau, die Temperatur um gut fünf Grad gestiegen, die Luft jedoch nach wie vor frisch. Die Rasenflächen schimmerten satt und grün. Das trockene Laub an den Bäumen leuchtete bunter und heller, nachdem die Regenfront abgezogen war.
    »Am liebsten würde ich draußen bleiben«, sagte Reacher.
    »Sie müssen aber arbeiten«, entgegnete Harper.
    »Ich hab die verdammten Akten gelesen. Es bringt überhaupt nichts, wenn ich sie mir noch mal vornehme. Ich muss nachdenken.«
    »Und draußen können Sie besser nachdenken?«
    »Normalerweise schon.«
    »Okay, kommen Sie mit zum Schießplatz. Ich muss meine Eignungsprüfung zum Führen einer Faustfeuerwaffe ablegen.«
    »Haben Sie die etwa noch nicht?«
    Sie lächelte. »Selbstverständlich. Aber wir müssen sie jeden Monat erneuern lassen. So lauten die Vorschriften.«
    Sie besorgten sich in der Cafeteria ein paar Sandwiches und aßen sie unterwegs. Auf dem im Freien gelegenen Schießplatz,
der etwa so groß wie ein Eishockeyfeld und auf drei Seiten von aufgeschütteten Erdwällen umgeben war, herrschte sonntägliche Stille. Die sechs Schießstände waren durch schulterhohe Mauern, die sich bis zu den Scheiben zogen, voneinander getrennt. Die Zielscheiben bestanden aus starkem, in eiserne Rahmen eingespanntem Papier mit einem sich duckenden Mann, um dessen Herz eine Reihe konzentrischer Ringe angeordnet war. Harper trug sich beim Waffenmeister ein und reichte ihm ihre

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