Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
Fotokopie, etwas frischer als die, die Reacher vorlag, aber ansonsten identisch. Sie enthielt dieselben Namen, und elf davon waren besonders gekennzeichnet. Nicht mit krakeligen Kreuzen, Kringeln und Haken, wie sie Reacher mit seinem Bleistift gemalt hatte, sondern feinsäuberlich mit Füllfederhalter und Lineal unterstrichen, ohne dass die Tinte verschmiert war.
    Drei der elf Namen waren zudem durchgestrichen.
    Der Mann, der in dem Büro saß, trug Uniform und hatte die Arme links und rechts von der Liste auf der Schreibtischplatte liegen, die Handgelenke leicht angewinkelt, so dass er das Holz nicht berührte. In der linken Hand hielt er ein Lineal mit abgeschrägter Kante, in der rechten einen Füller. Er legte das Lineal unter einen der angestrichenen Namen, richtete es genau entlang der blauen Linie aus, schob es dann ein Stück höher, quer über die Buchstaben. Dann
setzte er mit der rechten Hand den Füllfederhalter an und strich den Namen durch.
     
    »Und was machen wir nun damit?«, fragte Harper.
    Reacher lehnte sich zurück und schloss wieder die Augen.
    »Ich glaube, ihr solltet es einfach auf gut Glück versuchen«, sagte er. »Wenn ihr euch bei den fraglichen acht Frauen rund um die Uhr auf die Lauer legt, dann läuft euch der Kerl irgendwann in den nächsten sechzehn Tagen in die Arme.«
    »Ein verteufeltes Glücksspiel«, entgegnete sie. Sie klang alles andere als überzeugt. »Das steht auf ziemlich tönernen Füßen. Sie versuchen zu erraten, was in seinem Kopf vorgeht, wenn er die Liste liest.«
    »Ich soll dem Kerl doch angeblich so ähnlich sein. Meine Einschätzung müsste also seiner in etwa entsprechen, stimmt’s?«
    »Angenommen, Sie irren sich?«
    »Was habt ihr denn dagegenzusetzen? Die tollen Fortschritte, die ihr macht?«
    Sie klang nach wie vor unsicher. »Na schön. Ich glaube, es ist ein ganz brauchbarer Denkansatz. Man sollte der Sache weiter nachgehen. Aber vielleicht sind die anderen auch schon darauf gekommen.«
    »Wer nichts wagt, gewinnt auch nichts!«
    Sie schwieg einen Moment. »Okay, reden Sie morgen früh mit Lamarr.«
    Er öffnete die Augen. »Glauben Sie, sie ist da?«
    Harper nickte. »Bestimmt.«
    »Findet etwa keine Trauerfeier für ihren Vater statt?«
    Harper nickte erneut. »Selbstverständlich findet eine Trauerfeier statt, aber sie wird nicht hinfahren. Die würde ihre eigene Beerdigung verpassen, wenn sie an so einem Fall arbeitet.«
    »Okay, aber Sie müssen das übernehmen. Und reden Sie
lieber mit Blake. Sehen Sie zu, dass Lamarr nichts davon mitbekommt.«
    »Wieso?«
    »Weil ihre Schwester allein in einem abgelegenen Haus lebt. Erinnern Sie sich? Damit fällt sie unter die acht, die am meisten gefährdet sind. Blake muss sie jetzt abziehen.«
    »Vorausgesetzt, er pflichtet Ihnen bei.«
    »Vielleicht tut er’s. Aber er wird sie nicht abziehen.«
    »Das sollte er aber.«
    Reacher zuckte die Achseln. »Dann können Sie sich das Gespräch mit ihm sparen. Ich verschwende hier nur meine Zeit. Der Typ ist ein Vollidiot.«
    »Sagen Sie das nicht. Sie müssen weiter mit ihm arbeiten. Denken Sie an Jodie.«
    Er schloss wieder die Augen und dachte an Jodie. Er hatte das Gefühl, als ob sie weit, weit weg wäre. Er dachte eine ganze Weile an sie.
    »Gehen wir etwas essen«, sagte Harper. »Danach rede ich mit Blake.«
     
    Etwa dreiundvierzig Meilen weiter nordöstlich saß der Mann in Uniform reglos am Schreibtisch und starrte auf die Unterlagen. Er wirkte missmutig, so als hätte er sich etwas Schwieriges vorgenommen und käme viel zu langsam voran. Dann klopfte es an die Tür.
    »Moment!«, rief er.
    Er legte das Lineal auf die Holzplatte, schraubte seinen Füllfederhalter zu und klemmte ihn in die Brusttasche. Faltete die Liste zusammen, zog eine Schreibtischschublade auf, legte sie hinein und beschwerte sie mit einem Buch. Es war eine Bibel mit einem schwarzen Kalbsledereinband. Er legte das Lineal quer über sie und schloss die Schublade. Holte einen Schlüssel aus der Hosentasche und sperrte sie ab. Steckte den Schlüssel wieder ein und zog seine Uniformjacke zurecht.
    »Kommen Sie rein!«, rief er.
    Die Tür ging auf, und ein Corporal trat ein und salutierte.
    »Ihr Wagen ist da, Sir«, meldete er.
    »Okay, Corporal«, erwiderte der Colonel.
     
    Der Himmel über Quantico war klar und wolkenlos, die Luft hingegen so frisch, als kündigte sich der erste Nachtfrost an. Im Osten, hinter den Gebäuden, wurde es bereits dunkel. Als Reacher und Harper raschen

Weitere Kostenlose Bücher