Zeit der Rache - Zeit der Liebe
darauf hin, dass doch etwas Wahres dran ist.“
Sie hob einen perfekt manikürten Fingernagel und tippte Alex damit auf die Brust. „Das ist also der große Alexander Koutoufides“, fuhr sie in verführerischem Tonfall fort. „Du Glückliche, Saskia! Wer sagt, dass du das Angenehme nicht mit dem Nützlichen verbinden kannst? Ich versuche es immer.“ Ihr Lächeln war zu breit, ihre Augen funkelten zu stark, und selbst ihre Körperhaltung wirkte wie eine Herausforderung.
Saskia konnte die eindeutigen Signale, die Carmen aussandte, nicht ignorieren, obwohl sie Carmen zu gut kannte, um überrascht zu sein. Wenn ein verheirateter Mann für sie nicht tabu war, dann erst recht keiner, der verlobt war. Falls sie auch nur den Verdacht hegte, dass ihre Verlobung nur vorgetäuscht war, würde sie sich sofort auf Alex stürzen. Allein bei der Vorstellung wurde Saskia wütend.
Das ist Frust, sagte sie sich. Ich bin frustriert, weil sie uns gestört hat und mich an meinen Auftrag erinnert hat. Und weil sie mich beide ignorieren.
Auf jeden Fall war sie nicht eifersüchtig. Warum auch? Sie war nicht an Alexander Koutoufides interessiert.
Alex lächelte, als er Carmens Hand nahm und einen Moment festhielt, bevor er sie an die Lippen führte und ganz langsam wieder losließ. Saskia zählte die Sekunden.
„Ihr seid also Kolleginnen?“, fragte er, wobei er Carmen unverwandt betrachtete.
„Ja, das sind wir. Oder vielmehr waren wir es. Ich schätze, wir werden Saskia jetzt kaum noch zu Gesicht bekommen. Wirklich schade. Ich hatte mich schon richtig auf unseren Wettbewerb gefreut. Aber jetzt ist sie wohl aus dem Rennen, oder?“
„O nein, das bin ich nicht“, erklärte Saskia, die es satthatte, von der Unterhaltung ausgeschlossen zu werden. Im Stillen verfluchte sie die vermeintliche Verlobung, die nun ihre Erfolgsschancen gefährdete. Aber sie würde Carmen nichts sagen. Die Vorstandsmitglieder waren im Bilde, und nur das zählte. „Unsere Verlobung ändert nichts daran …“
„Was für ein Wettbewerb?“, fiel Alex ihr ins Wort.
Carmen lächelte ihn an. „Hat sie es Ihnen nicht erzählt? Die Stelle des Chefredakteurs ist frei, und wir wollen sie beide haben. Wer das beste Porträt einreicht, bekommt sie.“
Endlich wandte er den Blick von Carmen ab und sah sie an. Obwohl der Ausdruck in seinen Augen nichts verriet, merkte Saskia, dass Alex nach Antworten suchte. Sie blinzelte zur Bestätigung, obwohl sie ihn am liebsten angeschrien und ihm begreiflich gemacht hätte, dass sie deswegen endlich mit dem verdammten Porträt anfangen wollte.
„Mir hat man Drago Maiolo zugedacht“, fuhr Carmen unbeirrt fort. „Ah, da ist er ja …“
Ein gedrungener, bereits ergrauter Mann mit schweren Lidern gesellte sich zu ihnen und musterte sie – zuerst Alex, dann Saskia, wobei der Ausdruck in seinen Augen merklich wärmer wurde. Er reichte Carmen ihr Glas und gab seins Saskia.
„Wie ich sehe, hast du deine Freunde gefunden.“ Seine Stimme war wie ein Donnergrollen.
Carmen lächelte dankend. Dann zuckte sie betont unschuldig die Schultern und schmiegte sich an ihn. „Drago hat mir erzählt, dass Alex auch kommt. Ich dachte, du würdest ihn vielleicht begleiten.“
„Woher wusste er es?“, erkundigte sich Saskia.
„Alex ist immer hier“, erwiderte Drago an Carmens Stelle. „Er ist schon seit Jahren der größte Stifter der Baxter Foundation. Stimmt’s, Alex?“
„Alex?“ Sie sah ihren Begleiter an.
„Wie läuft es denn so?“, wandte dieser sich sichtlich angespannt an Drago, ohne die Fragen zu beantworten.
„Besser denn je. Vor allem jetzt, da Carmen hier ist und mir die Abende verschönt. Normalerweise habe ich keine Zeit für Journalisten, aber diese Frau ist anders. Ich hatte ja keine Ahnung, dass ein Interview so … anregend sein kann.“
Beide lachten, doch gleichzeitig zuckte Carmen zusammen und langte nach hinten, um Dragos Hand abzuwehren. „Drago ist sehr entgegenkommend“, gestand sie. „Es wird ein tolles Porträt.“
„Das muss es auch“, erklärte Alex. „Sonst haben Sie nämlich keine Chance auf eine Beförderung. Ich habe die Porträts gelesen, die Saskia geschrieben hat, und die sind hervorragend. Und wenn Sie uns nun bitte entschuldigen würden … Ich habe gerade jemanden gesehen, mit dem ich sprechen muss, bevor die Reden gehalten werden.“
Er ignorierte ihren entgeisterten Blick, während er sie die Treppe hoch zur Galerie führte. Saskia wusste nicht, wer mehr verblüfft war
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