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Zeit der Raubtiere

Zeit der Raubtiere

Titel: Zeit der Raubtiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Klaussmann
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im Gesicht.«
    »Mir ist nicht gut«, murmelte Daisy. Sie spürte, dass ihr die Wurst gleich hochkommen würde.
    Ed beobachtete sie.
    »Ich glaube, ich muss mich übergeben.« Daisy stand auf, schlug die Hand vor den Mund und rannte los.
    Im Bad erbrach sie sich in die taubenblaue Toilette.
     
    Im Verlauf der folgenden beiden Wochen nahmen die Vorbereitungen für die Party ihrer Mutter immer mehr Raum im Haus ein. Auf dem Wohnzimmertisch verstreut lagen kleine amerikanische Fähnchen, die noch an ein Band genäht werden mussten. Einladungen, deren Vorderseite die Aufschrift »Tiger House« schmückte sowie ein darübergedruckter, elegant sich windender Indischer Tiger, bedeckten den Schreibtisch ihrer Mutter. Aus dem Keller war das beste Kristallglas in Holzkisten heraufgeschleppt worden, die jetzt eine ganze Wand im grünen Salon säumten. Zettel mit Telefonnummern, Namen und Adressen – einige davon durchgestrichen – wirbelten durch die Zimmer wie große Staubflocken. Auf den Arbeitsflächen in der Sommerküche lagen haufenweise Stofftaschen mit Silber, das geputzt werden musste, und die bestickte Tischwäsche von Daisys Großmutter harrte, über Stühle und Sofas gebreitet, der pflegenden Hand der Haushälterin. Unablässig klingelte das Telefon. Entweder rief der Blumenmann an, um mitzuteilen, dass pfirsichfarbene Pfingstrosen um diese Jahreszeit nicht aufzutreiben waren (woraufhin man auf weiße Hortensien auswich), oder der Mann von Crane’s wies darauf hin, dass sich die Lieferung der geprägten Tischkärtchen für das frühe Abendessen um ein, zwei Tage verzögern könnte. Daisys Mutter verkündete der gesamten Hausgemeinschaft, dass in letzter Sekunde eine Katastrophe abgewendet worden sei: Der Mann, der die japanischen Lampions bemalte, habe angerufen und berichtet, endlich habe man einen ausreichend großen Lastwagen gefunden, um den Transport vom Festland auf die Insel pünktlich abwickeln zu können.
    Das ganze Haus war wie elektrisiert vor gespannter Erwartung, und Daisy glaubte schon fast, die Kerzenhalter und Fähnchen, die Gabeln und Löffel würden sich aufrichten und von selbst zu ihren Plätzen marschieren wie im »Nussknacker«, wo alle Spielsachen zum Leben erwachten, sobald die Menschen schliefen. Der Zauber des bevorstehenden Fests hatte Daisy so sehr ergriffen, dass sie sich nicht einmal an den ständigen Ermahnungen störte, mit denen man sie dazu aufforderte, ihren Tennisschläger nicht herumliegen zu lassen und auf der Veranda zu essen, damit keine Ameisen von Krümeln ins Haus gelockt wurden. Selbst Ed ließ sich von der Spannung anstecken und kontrollierte ständig die Mausefallen in Küche und Vorratskammer.
    Und obwohl Daisy und Anita das Doppel-Rundenturnier verloren hatten, beschloss Daisy, ihre Mutter zu fragen, ob Anita zur Party kommen dürfe. Schließlich war es nicht Anitas Schuld, dass sie den Anforderungen nicht entsprochen hatte.
    »Ja, ja«, murmelte ihre Mutter zerstreut. Doch dann hob sie den Blick von einer ihrer hektisch verfassten Listen und fügte hinzu: »Aber zum frühen Abendessen kann sie nicht kommen.«
    »Dazu bin ja nicht mal ich eingeladen«, sagte Daisy.
    »Stimmt.« Ihre Mutter kaute an einem Bleistift und starrte wieder auf ihren Notizblock. »Wenn du sechzehn bist …«
    Das frühe Abendessen war dem engsten Freundeskreis ihrer Eltern vorbehalten; die Gäste kamen um sechs und dinierten mit den Eltern, bis die Party losging. Dieses Essen gab ihrer Mutter offenbar genauso viel Anlass zur Sorge wie das Hauptereignis, obwohl Daisy sich nicht vorstellen konnte, warum, denn sie kochte ja nicht selbst, sondern machte nur die zum Helfen angeheuerten Frauen aus Vineyard Haven nervös.
    »Schlicht«, sagte ihre Mutter immer. »Schlicht, aber raffiniert und nicht nachkochbar.«
    Da das Einzelmatch auf den Tag nach der Party angesetzt war, trainierte Daisy wie verrückt. Sie hatte wieder mit dem Nägelkauen begonnen, mit dem mehrere Jahre zuvor Schluss gewesen war, nachdem ihre Mutter ihr wütend zweimal täglich Tabasco auf die Fingerspitzen gespritzt hatte.
    Schönheit muss leiden.
    Sie weinte jetzt sogar nach jeder Tennisstunde. Sie wusste nicht, warum, aber es tat so gut, sich hinzusetzen, die Tränen fließen zu lassen und auf den feuchten Kragen zu beißen. Am Ende der Woche spielte sie in einem Trainingsmatch über zwei Gewinnsätze gegen Peaches.
    Es hätte nicht schlimmer kommen können. Peaches gewann rasch und mühelos, indem sie Daisy den Aufschlag

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