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Zeit der Raubtiere

Zeit der Raubtiere

Titel: Zeit der Raubtiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Klaussmann
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sie nur in die oberste Schublade gelegt, damit du sie nicht verlierst.«
    »Ich wollte sie Tyler zeigen.« Daisy versuchte die Tränen zurückzuhalten, die hervorzuquellen drohten. Sie war verwirrt und beschloss, das Thema zu wechseln. »Worüber habt ihr geredet?«
    »Sei nicht sauer«, sagte ihre Mutter und lächelte wieder, als sie Tyler ansah, »aber ich habe ihm gerade das Geheimrezept für die Limonade verraten. Er wollte es unbedingt wissen.«
    »Ja, stimmt«, sagte Tyler und strahlte Daisys Mutter an. »Mrs. Derringer meinte, sie dürfte es eigentlich nur dir erzählen, aber ich habe gesagt, dass du bestimmt nichts dagegen hast, weil wir doch Freunde sind und so.«
    »Na, jetzt erwarte ich aber, dass du Daisy etwas Gutes tust«, erklärte ihre Mutter, deren Hand leicht auf Tylers Schulter ruhte. »Um wiedergutzumachen, dass du mir das Rezept entlockt hast.«
    »Gern«, sagte Tyler.
    Es war eine Qual für Daisy, dem Gespräch der beiden zu folgen. Sie erkannte ihre Position in diesem Spiel: Sie war die Zuschauerin, die den Ballwechsel von der Reservebank aus verfolgte.
    »Ich finde, du solltest bei unserer Party nächste Woche ihr Begleiter sein«, sagte Daisys Mutter und zwinkerte ihr zu.
    Mit dieser Aufgabe hatte Tyler offensichtlich nicht gerechnet. Trotzdem lächelte er Daisy tapfer an und sagte: »Ja, natürlich, es ist mir eine Ehre.«
    Daisy wäre am liebsten gestorben, in den Boden versunken und verschwunden. Sie war schon oft wütend auf ihre Mutter gewesen, aber in diesem Moment hasste sie sie nur noch.

August 1959
    I
    A m Tag der Party erschien Daisys Mutter früh um sechs in Daisys Zimmer und scheuchte sie aus dem Bett wie ein General im grünen Seidenmorgenmantel.
    »Ich verstehe nicht, wie du noch schlafen kannst«, sagte sie, während sie die verschwitzte Decke wegzog. »Morgenstund hat Gold im Mund. Das Mädchen soll die Zimmer putzen, das weißt du doch! Muss ich denn alles selbst machen?«
    Daisy hätte gern darauf hingewiesen, dass ihre Mutter keineswegs alles selbst machte, wenn das Mädchen die Zimmer putzte, aber ihre Mutter war bereits hinausgegangen.
    Daisy trottete in die Küche hinunter, wo ihr Vater und ihre Tante übernächtigt am Tisch saßen. Die Bartstoppeln ihres Vaters bildeten einen Schatten auf seinem Kinn. Er nippte an seinem Kaffee, während ihre Tante, in wallendes Gelb gehüllt, verdrießlich in ihre Tasse starrte.
    »Was gibt es zum Frühstück?«, fragte Daisy.
    Bei dem Wort »Frühstück« legte Tante Helena stöhnend den Kopf auf die Tischplatte.
    Daisys Vater erhob sich lächelnd und band den Gürtel seines Flanellbademantels fester.
    »Ach, Daisy, meine Süße, dein Anblick ist eine wahre Wohltat für trübe Augen! Komm her und gib deinem alten Vater einen Kuss!«
    Daisy ging folgsam hin, wurde umarmt und bekam einen Kuss auf den Kopf. Ihr Vater roch nach Schlaf und irgendetwas Saurem. Sie wand sich aus seinen Armen und spähte zu ihm hinauf.
    »Wir sind alle etwas unpässlich. Alle bis auf deine Mutter selbstverständlich. Die würde sich ab jetzt nur noch von einer Naturkatastrophe bremsen lassen«, sagte er kichernd. »Wie wäre es mit Rührei für mein kleines Mädchen? Ich weiß zwar nicht, ob ich es genauso hinkriege wie Mummy, aber ich kann es ja mal versuchen.«
    »Okay.« Daisy setzte sich. »Kriege ich auch ein bisschen Kaffee?«
    »Kaffee?« Ihr Vater hielt inne und drehte sich mit der Bratpfanne in der Hand zu ihr um. »Seit wann trinkst du Kaffee?«
    »Mummy erlaubt mir ganz wenig mit viel Milch.«
    »Da hat Mummy aber sehr interessante Ansichten.« Er klang nicht überzeugt. »Na, meinetwegen. Ich gieße ein paar Tropfen in deinen Becher, und du gibst die Milch dazu, einverstanden?«
    »Einverstanden.« Daisy ging zum Kühlschrank und nahm die kalte Milchflasche heraus.
    »Daisy, meine Liebe«, murmelte Tante Helena hinter ihr mit gedämpfter Stimme, »gibst du mir ein Glas mit dieser köstlichen Milch? Das heißt, bring lieber gleich die ganze Flasche!«
    Daisy sah ihren Vater an.
    »Du meine Güte, Helena!«, sagte ihr Vater lachend.
    »Du bist schuld, Hughes. Du und deine Whiskey Sours.«
    »Du hättest ja nicht zehn trinken müssen.«
    »Und du hättest nicht ständig nachschenken müssen. Du weißt doch, wie gern ich Whiskey Sour trinke.«
    »Es hat sich allmählich herumgesprochen.«
    »Jetzt muss ich dafür büßen. Nicht gut gemacht, Hughes.« Es klang mürrisch, aber Daisy sah, dass sie sich ein Lächeln verkniff.
    Daisy brachte ihrer Tante

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