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Zeit der Sinnlichkeit

Zeit der Sinnlichkeit

Titel: Zeit der Sinnlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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auf Bidnold an.
    Da meine Kleider, ehrlich gesagt, dreckig waren und stanken, stand mir nicht der Sinn danach, mit Celia zu sprechen, bevor ich nicht einige Stunden in einem heißen Bad geweicht und frische Wäsche angelegt hatte. Ich rief sofort nach Will (der mich in seiner bedingungslosen Treue manchmal an ein kleines, flinkes Tier erinnerte), und schon bald lag ich behaglich in der Wanne und betrachtete die Nachtfalter auf meinem Leib, während Will immer wieder heißes Wasser nachgoß und ich ihm von meinem Aufenthalt im »Old House« erzählte, davon, daß der Tod in den Raum getreten sei und seine eisige Hand nach mir ausgestreckt habe, so daß ich wie ein kleines Kind vor mich hin geweint hätte.
    »Wenn die Pest Norfolk erreicht«, sagte ich zu Will, »dann will ich versuchen, tapfer zu sein, aber ich fürchte sehr, daß es der Mut der Verzweiflung sein wird und nicht die wahre Tapferkeit eines Mannes, dessen Geist und Seele Frieden gefunden haben.«
    Will schüttelte den Kopf und wollte mir bestimmt etwas Schmeichelhaftes sagen, da er sich in dem irrigen Glauben befand, daß ich mich in der Stunde des Todes wie ein wahrhaft edler Ritter verhalten würde, doch bevor er sprechen konnte, hörten wir auf einmal den ach so lieblichen Klang einer Viola da Gamba, der, wie mir schien, aus meinem Musikzimmer direkt unter uns kam.
    Ich setzte mich auf, so daß eine kleine Flutwelle über den Wannenrand schwappte. »Will«, fragte ich, »wer spielt da?«
    »Ach«, sagte Will. »Ich wollte es Euch gerade sagen, Sir Robert: Der Vater Eurer Frau ist da.«
    »Sir Joshua?«
    »Ja, Sir.«
    »Sir Joshua ist nach Bidnold gekommen! Aber warum, Will?«
    »Ich weiß es nicht genau, Sir, außer vielleicht, weil er Eure Frau nach Hause holen will.«
    »Sie nach Hause holen?«
    »Ja.«
    »Du hast so etwas gehört?«
    »Ja, Sir. Daß sie abreisen würden, sobald Ihr zurück seid.«
    Die Musik dauerte an. Ich begann, energisch meinen Körper abzuseifen. Ich hörte mich sehr gereizt zu Will sagen, daß ich Sir Joshua nicht erlauben würde, meine Frau wegzuholen, daß der König befohlen habe, daß sie bei mir wohne, und daß ich außerdem viel mit ihr zu besprechen hätte.
    Will starrte mich mit offenem Munde an, überrascht, könnte ich mir denken, daß mir eine Angelegenheit, der gegenüber er mich vollkommen gleichgültig gewähnt hatte, offensichtlich so naheging.

Das Geschenk der Instrumente
    G ebadet und parfümiert, mit einer sauberen Perücke, die meine Schweineborsten verbarg, und einem blauen Seidenrock auf den Schultern ging ich die Treppe hinunter. Plötzlich erstarben die Töne der Viola, und ich wurde wieder einmal gewahr, wie sehr schöne Musik doch mein Gemüt aufhellt – geradeso, als gebe sie meiner dunklen Gehirnmasse einen flüchtigen Glanz, wie ich ihn auf den Eingeweiden der Kröte des Königs gesehen hatte.
    Kurz darauf setzte Sir Joshua sein Spiel fort. Diesmal mit einem Lied, das ich vor langer Zeit einmal in Cambridge gehört hatte und das Ich legte mich nieder in einem Wald von Ulmen hieß, eine ausgesprochen hübsche Melodie, jedoch mit einem etwas gezwungenen Versmaß, da es nun mal nicht übermäßig viele Wörter gibt, die sich auf »Ulme« reimen. Ich stand in der Halle und lauschte, als plötzlich der Gesang einer Frau mit einer hohen, wunderschönen Stimme einsetzte. Es war Celia, deren Stimme ich bis dahin noch nie gehört hatte und die, wie ich nun erfuhr, einen Sopran unvergleichlicher Reinheit besaß. Ein kalter Schauer des Entzückens durchlief mich. Mehr noch als ihre weiße Haut, mehr noch als ihr natürlich fallendes, seidiges Haar und mehr noch als ihr kleiner Mund und ihre festen Brüste war es sicherlich ihre Stimme gewesen, die den König so angezogen und verführt hatte. Verglichen mit dieser, war ihre sonstige Person nichts, gewiß ganz hübsch und weiblich, aber ohne erahnen zu lassen, daß in ihr verborgen ein so einzigartiger Klang lag. Ich setzte mich auf einen gobelinbezogenen Hocker und dach
te über die Möglichkeit nach, daß jeder von uns irgendein geheimes Talent in sich barg, wenn ich auch noch nicht wußte, welches das meine sein könnte. Pearces Talent lag trotz seiner heftigen Kritik an der Welt und fast allem auf ihr in seiner Güte. Violets Talent, war ich versucht zu glauben, war ihr Zorn, denn ich kannte außer ihr keinen Menschen, bei dem Zorn so köstlich und kleidsam war. Und der König? Nun, er hatte tausend Talente, aber ob es noch eines gab, das er vor uns

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