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Zeit der Sinnlichkeit

Zeit der Sinnlichkeit

Titel: Zeit der Sinnlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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gewesen, daß meine Liebe zu Celia – Liebe ist ja von Natur aus besitzergreifend – meinen Wunsch, mit dem König, ihrem Liebhaber, zusammenzusein, verringert hätte, doch das schien nicht der Fall zu sein, und als er auf den leeren, von einem Bogengang umgebenen Tennisplatz trat, ließen meine Gefühle der Verehrung und Angst kalten Schweiß auf meiner Stirn ausbrechen.
    Der König wurde von zwei Kammerherren begleitet, von denen der eine die stoffgefütterten Schuhe trug, die er beim Tennisspielen bevorzugt, der andere zwei Tennisschläger. Der Holzgriff des königlichen Schlägers war mit scharlachrotem Band umwickelt. Obwohl ich mich wegen meiner Furcht im Schatten des seitlichen Schutzdachs aufhielt, sah mich der König sofort. Diejenigen, die sowohl den Sonnenschein der Zuneigung des Königs erfahren haben als auch
die Kälte seiner Gleichgültigkeit, behaupten, daß man ihm, da er kein Heuchler ist, seine Laune sofort vom Gesicht ablesen kann. Selbst im Parlament (gegenüber welchem er, wie manche finden, mehr Takt zeigen sollte) scheint er häufig sein Mißvergnügen nicht verbergen zu können.
    Ich hatte Will gebeten, außerhalb des Tennisplatzes auf mich zu warten, doch mein Geschenk, den hübsch in gelbes Leinen eingewickelten Pelzüberwurf, hatte ich mitgenommen, und diesen hielt ich nun im Arm, als ich meine Verbeugung machte, bei der ich meine Hüftgelenke wie bei einem alten Mann knacken hörte. Ich schaute auf. Der König, der noch größer geworden zu sein schien, sah mich von oben herab mit einem Blick unnachgiebiger Strenge an, ähnlich dem, den Fabricius häufig auf die ungebärdigen deutschen Studenten zu werfen pflegte. Ich hatte wohl Mißfallen erwartet, aber ich hatte nicht vorausgesehen, wie schwach ich mich dabei fühlen würde. Ich merkte, wie ich schwankte. Ich streckte die Hand aus und hielt mich an einer der Säulen der Überdachung fest. Ich konnte es mir nicht erlauben umzufallen.
    »Was ist mit Euch los, Merivel?« fragte der König.
    »Ich bin krank gewesen, Eure Majestät.«
    »Ja. So seht Ihr auch aus. Aber das überrascht mich nicht. Wenn ein Mensch gegen die Ordnung der Dinge verstößt, ist es unausbleiblich, daß erst sein Geist und dann sein Körper leidet.«
    Ich wußte nicht, was ich darauf sagen sollte. So nickte ich nur und hielt ihm mein Geschenk hin.
    »Was ist das?« fragte der König, wobei er mit einigem Abscheu auf mein sperriges Paket schaute.
    »Ein Geschenk, Majestät. Eine Erfindung von mir. Entworfen, um bei Winterwetter Wohlbehagen zu spenden.«
    »Es ist fast Frühling, Merivel. Habt Ihr das denn nicht bemerkt?«
    »Nein. Das habe ich nicht bemerkt. Ich war an mein Zimmer gefesselt.«
    »Dann zeigt es trotzdem mal her.«
    Ungeschickt wickelte ich hastig den Überwurf aus und hielt ihn hoch, so wie ich es bei dem Reifrock gesehen hatte, wenn er Kleider zur Billigung seiner Herrin vor den eigenen Körper hielt.
    »Ha!« Beim Anblick der zusammengenähten Dachsfelle bekam der König einen Lachanfall. Auch seine zwei Herren fingen zu kichern an. Ich hätte dem König gern, wie ein aufdringlicher Straßenverkäufer, die Vorteile des Überwurfs angepriesen – seine Vielseitigkeit, die Bewegungsfreiheit, die er dem Träger läßt, die lebenswichtige Wärme, die er dem Blut spendet, das zur Lunge und zu den Nieren fließt –, doch ich stellte plötzlich fest, daß ich mich meines Produktes ein wenig schämte; sein Mangel an Eleganz war sein größter und verdammenswertester Fehler.
    »Das soll man tragen ?« fragte der König.
    »Ja, Sir. Mein Haushalt ist durch diese Überwürfe von Fieber und Erkältungen verschont geblieben …«
    »Ihr aber offenbar nicht?«
    »Ich hatte das Pech, die Masern zu bekommen.«
    »Wie merivelianisch! Und Ihr seht noch immer pockig aus!«
    »Ich weiß, Majestät.«
    »Ihr braucht keine Pelze, Merivel. Und ich auch nicht, solange ich mich auf andere Art wärmen kann. Körperliche Betätigung hält Krankheiten viel wirksamer fern als Dachsüberwürfe. So kommt. Wir spielen einen Satz Tennis. Ihr habt
früher bei diesem Spiel mehr Geschick bewiesen als bei den Spielen des Herzens. Vielleicht ist das auch jetzt noch so. Es sei denn, Ihr fallt ganz und gar auseinander.«
    Der König wandte sich von mir ab und zog seine Schuhe an. Ich drapierte den Überwurf, den er offensichtlich nicht haben wollte, über die seitliche Brüstung. Die Dachsschnauzen hingen traurig herunter. Mit einiger Verwunderung dachte ich: Was für ein Geist

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