Zeit der Sinnlichkeit
was die Eiterungen in Eurem Gesicht heilen kann.«
»Nein!« sagte Dégueulasse schnell. »Sagt nicht, daß Ihr es wißt! Sagt, daß Ihr es wißt, aber auch wieder nicht wißt.«
»Nun gut. Es gibt zwei Heilmittel. Wenn nicht eines von beiden hilft, wird nichts helfen. Das erste ist Wegerichwasser mit etwas losem Zucker vermischt; das zweite ist ein Sirup aus heißer Milch, Wein und Gewürzen. Diese werden Euch entweder heilen oder aber auch nicht.«
De Gourlay dankte mir und lachte wieder, und ihm schien viel daran zu liegen, daß ich in das Lachen einfiel. Doch ich konnte es nicht. Ich sah jetzt, daß er sich, wenn er auch an die Klugheit und Weisheit seines Spiels glaubte, eigentlich nur selbst zum Narren hielt. Denn was war das Spiel denn anderes als ein weiterer Selbstbetrug: Indem er mit Verneinungen und Bejahungen jonglierte, glaubte er, sich vor Leid schützen zu können, doch es war mir klar, daß er vom Leben ebensoviel erwartete wie andere Menschen. Denn was war die Einfügung des »de« in seinen Familiennamen anderes als eine Hoffnungserklärung?
Es war Abend geworden, als de Gourlay mein Zimmer verließ. Ich ging mit einer Kerze zum Kamin, fror aber dennoch besorgniserregend. Ein Bad, beschloß ich, war die einzige Möglichkeit, warm zu werden.
Ich rief nach Will. Er berichtete mir, daß er meine Mitteilung Celia überbracht habe.
»Wie geht es meiner Frau?« fragte ich ihn.
»Sie ist lustlos, Sir. Sie wartet ungeduldig auf die Rückkehr Mister Finns, damit das Portrait fertiggestellt werden kann.«
»Finn ist abgereist?«
»Ja, Sir. Am Tage nach Eurer abgesagten Einladung. Geschäftlich nach Whitehall, prahlte er.«
Also hatte ich mich nicht getäuscht. Finn war zum Spion des Königs ernannt worden (oder hatte sich selbst dazu gemacht).
Als ich in der Wanne saß (mein Kopf hing etwas ungemütlich herum, so daß mir der Gedanke kam, daß ich für mich selbst ein Kinnband entwerfen sollte, so wie ich es mir für die Leute vom River Mar ausgedacht hatte), versuchte ich, mir darüber klarzuwerden, welche Folgen dieses Spionieren für mich haben würde. Wie ich den König in seiner absoluten Macht über jeden in seinem Königreich kannte, wollte ich fast wetten, daß er sich über die Torheit meiner Liebe zu Celia amüsieren würde. »Nun, Merivel …«, hörte ich ihn sagen, »was für eine tolpatschige Verkörperung von Romeo Ihr doch seid! Sich mit Julia auf dem Balkon zu rangeln! Bitte denkt in Zukunft daran, welche Rolle Ihr zu spielen habt. Ihr seid Paris!« Ich lächelte. Ich hatte den Tonfall der Stimme des Königs noch so genau in Erinnerung, daß ich fast glaubte, er wäre im Raum, direkt hinter dem Dampf, der aus meinem Badewasser aufstieg.
Ich schloß die Augen. Will schöpfte mir heißes Wasser über Schultern und Brust, doch ich fing wieder an zu frieren, und es war das Frösteln des Fiebers. »Hol noch mehr Wasser,
Will«, wies ich ihn an, »und sieh zu, daß es kochend heiß ist.«
»Dieses hier ist heiß genug, Sir. Ihr werdet verdampfen.«
»Streite nicht! Geh und mach Wasser heiß! Ich ertrinke in Kälte.«
Ich blieb allein in meiner Wanne zurück. Vor dem Fenster hörte ich den Ruf einer Eule. Ich dachte an Nells Prophezeiung meines Fallens. Ich dachte daran, wie Pierpoint aus seinem Kahn gefallen war. Und ich dachte an Rosie, die allein in ihrer Wäscherei war und darauf wartete, daß ihr dreißig Shilling in die Hand fallen würden.
Königliches Tennis
I ch kann mich noch daran erinnern, daß Will mich, tropfnaß und zitternd, halb aus dem Bade trug. Er trocknete mich ab, zog mir ein frisches Nachthemd über den Kopf und legte mich ins Bett. Ich wies ihn an, Pelze über mich zu häufen, und konnte dann die Dachshäute riechen: Sie rochen nach Erde.
Ich vergrub mich. Ich verkroch mich im Schlaf. Und als ich mitten in der Nacht aufwachte, wußte ich, daß ich ganz furchtbar krank war, mit Schmerzen hinter der Stirn und tief unten in meinem Schädel, wie ich sie mir nie hätte vorstellen können, es sei denn als Schmerzen des Todes.
Ich erbrach mich heftig in eine Schüssel. Meine Würgelaute weckten Will, der sich auf dem Boden meines Zimmers schlafen gelegt hatte. Er brachte die Schüssel weg und holte mir Wasser. »Sir«, sagte er, als er mir den Becher an den Mund hielt. »Ich sehe ein paar rote Tupfen oder Flecken auf Eurem Gesicht.«
Ich legte mich zurück; die Schmerzen in meinem Kopf ließen mich wimmern wie Celias vernachlässigte Isabelle. Will hielt mir
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