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Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)

Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)

Titel: Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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zählen.
    Langsam ließ sie sich in ihren Schreibtischsessel sinken und starrte den Aktenordner an, als wäre er ein persönlicher Feind. Es verwirrte sie, dass dieser unbekannte Staatsanwalt Angelino Cichetto aus Siena Informationen von ihr wollte, und es machte sie plötzlich auch wütend. Warum, verdammt noch mal, kamen diese Fragen nicht von Guerrini?
    Cichetto hatte eine Menge Fragen, die eher wie Anweisungen klangen. Persönlichkeitsprofil von Leo Hardenberg, Befragung von Hardenbergs Familie, Befragung der Vorstandsmitglieder der Bank, von Angestellten, seiner Sekretärin. Befragung des Sicherheitsdienstes der Bank und so weiter und so weiter.
    Ich brauche dringend Ersatz für Baumann, dachte Laura, und außerdem ein paar erfahrene Ermittler, die ich allein losschicken kann. Vielleicht könnte sie Nowak ausleihen, obwohl es mit ihm sicher nicht leicht werden würde. Er schien so ganz anders zu sein als Peter Baumann. Sie litten derzeit unter extremem Mangel an qualifizierten Beamten.
    Doch ehe sie irgendetwas unternahm, war es notwendig, sämtliche Akten ein zweites Mal sorgfältig zu lesen. Laura stand auf, verriegelte die Tür ihres Zimmers und seufzte zufrieden. Niemand konnte einfach so zu ihr hereinplatzen, wie es in all den anderen Büros ständig geschah. Wer zu ihr wollte, musste anklopfen und seinen Namen nennen. Das war ihr ganz persönliches Privileg, und es war ihr wichtig.

    Baumann presste den Rücken an die Wand, versuchte die anderen mit Tritten abzuwehren, stemmte beide Beine gegen sie. Die anderen lachten nur höhnisch, verwandelten sich plötzlich in ein einziges, gesichtsloses, vielarmiges Monster mit riesigen blutigen Händen, in denen es scharfe dreieckige Glasscherben hielt. Baumann wusste, dass diese Scherben seinen Körper durchbohren würden. Dass er sterben würde. Jetzt. Er konnte nichts dagegen tun, nur um sich schlagen und schreien. Er schlug und trat, wand sich.
    Er schrie noch lauter, als sich verschwommene Gestalten in weißen Kitteln über ihn beugten, hörte erst damit auf, als sein Blick klarer wurde und er zu ahnen begann, dass er in einem Bett lag und die Gestalten Krankenschwestern und Ärzte waren.
    Schweiß lief in seine geschwollenen Augen und brannte wie Feuer.
    «Entschuldigung», murmelte er. Sein Atem ging schwer, und er war völlig erschöpft.
    «Ist schon gut. Sie müssen sich nicht für Ihre Albträume entschuldigen, Kommissar Baumann.»
    Er kannte die Stimme, sie gehörte dem jungen Arzt, der sich schon ein paarmal an sein Bett gesetzt hatte, einfach, um mit ihm zu reden, wie er behauptete. Aber das stimmte nicht. Baumann wusste genau, dass der Arzt ihn beobachten wollte. Dass er herausfinden wollte, ob Baumann traumatisiert war.
    Etwas fiel mit lautem Knall zu Boden, Baumann zuckte zusammen und riss die Augen auf.
    «Entschuldigung», sagte die Krankenschwester auf der linken Seite seines Bettes. «Mir ist Ihre Schnabeltasse aus der Hand gefallen. Ich wollte Sie nicht erschrecken.»
    Wieder liefen Schweißtropfen in Baumanns Augen. Mit der unverletzten Hand wischte er über seine geschwollenen Lider. Sein Mund war trocken, und er fühlte sich vollkommen orientierungslos, hatte keine Ahnung, wie spät es sein könnte, ob es Morgen oder Abend war, ob Montag oder Freitag.
    «Warum steht ihr eigentlich alle um mein Bett herum?», fragte er leise. «Ist irgendwas passiert?»
    «Nichts Dramatisches, Sie haben nur sehr laut geschrien und einiges in Ihrer Umgebung demoliert. Deshalb sind wir alle zu Ihrer Hilfe gekommen.»
    Baumann schluckte schwer, wollte sich bedanken, aber es ging nicht. Er bekam keinen Ton heraus, versuchte ein Lächeln, aber auch das ging nicht. Sein mit Drähten fixierter Unterkiefer schmerzte zu sehr.
    «Ich werde Ihnen jetzt eine neue Infusion legen», sagte der Arzt. «Danach werden die Schwestern das Bett frisch beziehen, und vielleicht finden wir eine Möglichkeit, dass Sie eine ruhige Nacht verbringen können.»
    Das Bett frisch beziehen. Der Satz des Arztes setzte sich in Baumanns Kopf fest, und er versuchte, sich ein bisschen aufzurichten, öffnete die Augen, sah große rote Flecke auf seiner weißen Bettdecke, machte die Augen wieder zu, begriff nichts.
    «Sie haben sich die Infusionsnadel herausgerissen, und dann spritzt natürlich ein bisschen Blut durch die Gegend.» Das war wieder die ruhige, freundliche Stimme des Arztes.
    «Es tut mir leid …»
    «Machen Sie sich keine Gedanken darüber. Bettwäsche kann man reinigen. Sie haben

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