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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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biß mir auf die Lippen, um nicht laut aufzulachen. Solche Erklärungen kannte ich. Zu meiner Genugtuung riefen sie bei dem Professor ähnliche Wirkungen hervor. Auch er zeigte jetzt den gleichen traurigen Schafsblick. Ich machte eine gescheite Miene und bemerkte mit sachlicher Kenntnis: »So einfach ist das, Professor. Man benötigt lediglich das Medium aus der dritten hyperboralen Terrastie. Entscheidend ist allerdings die verkürzte Amplitude. Ist sie zu lang, wird der Quilraum nämlich positiv. Dann steht alles auf dem Kopf. Ich habe jedoch den Eindruck, daß Sie nicht ganz mitgekommen sind…«
»In der Tat«, bekannte er verwirrt, »es ist wohl ein spezielles physikalisches Problem… Wollen Sie mich bitte jetzt entschuldigen, ich werde das Gutachten diktieren.« Er verließ uns eilig.
Ich lauschte seinen Schritten und sagte vergnügt: »Das bringen wir schon in Ordnung, das kriegen wir wieder hin…«
Aul schmiegte sich an mich. »Jetzt sehe ich, daß du glückhaftig bist. Viermal achtzehn Stunden habe ich auf diesen Augenblick gewartet und ihn herbeigesehnt.«
Aul auf der Erde. Ich Legte den Arm um ihre Hüfte. »Du bist wirklich bei mir, Sternschnuppchen; ich fürchte immer wieder, aus einem Traum zu erwachen. Weiß Me, daß du hier bist?«
»Könnte ich ohne seine Einwilligung hier sein?« fragte sie mit leisem Vorwurf in der Stimme.
Mir fiel die Szene auf dem sechsten Mond ein, da ich sie vergeblich zur heimlichen Flucht hatte überreden wollen. Nein, ohne Erlaubnis tat Aul nichts. Folglich war auch Mes Interesse an mir noch nicht erloschen. Ich brannte darauf, Einzelheiten zu erfahren.
»Später werde ich dir alles ausführlich erzählen, mein Liebster«, sagte sie. »Ich soll dir Grüße ausrichten von Me. Er erinnert dich an das Gespräch mit ihm und an die Abmachung.«
»Ich habe nichts vergessen, Aul.«
Wir nahmen auf dem Bettrand Platz. Wie oft hatte ich in wachen Stunden von diesem Augenblick geträumt; nun saß sie neben mir, als sei es die selbstverständlichste Sache von der Welt. Sie hatte sich in nichts verändert, ließ mich ihr Bedürfnis nach Zärtlichkeit spüren, als befänden wir uns noch immer auf dem sechsten Mond. Ihre unschuldige Naivität brachte mich in Verlegenheit. In der Welteinsamkeit ihres fernen Mondes hatte alles zusammengepaßt, hier störte mich die Umgebung und auch ein wenig der Gedanke an Johanna. Ich versuchte meine Verlegenheit zu überspielen, erkundigte mich nach ihrem Vater.
»Er schickt dir tausend Grüße und Küsse«, antwortete sie. »Auch läßt er dich bitten, ihm einiges mitzubringen. Er wünscht sich einen Hahn, etwas Blumen- und Gemüsesamen, außerdem noch eine Kuh und einen Bullen…«
Ich sah sie verdutzt an. »Eine Kuh… Was denkt sich dein Vater? Woher soll ich eine Kuh und einen Bullen nehmen? Wie kommt er nur auf derart verrückte Ideen?«
»Du selbst hast ihm das vorgeschlagen. Angeblich liefert eine Kuh Quark und Butter und Milch. Ich weiß nicht einmal, wie eine Kuh aussieht.«
Ich versprach, ihr ein paar Kühe zu zeigen. Ihre Nähe und die skurrilen Wünsche ihres Vaters brachten mir das Vergangene wieder nahe. Erheitert sagte ich: »Eines Tages schwebte ein wunderschöner Engel vom Himmel… So geschieht es bei uns in Märchen und Sagen. Ja, Sternschnuppchen, es ist wirklich wie ein Märchen, daß wir beide uns gefunden, verloren und wiedergefunden haben. Mir ist nur eines unbegreiflich. Woher konntest du wissen, daß ich mich ausgerechnet hier aufhalte?«
An der Tür klopfte es, eine Schwester lugte herein und schloß die Tür wieder.
»Als meine Rufe zu dir unbeantwortet blieben«, erzählte Aul, »hatte ich Angst, dir könnte etwas zugestoßen sein. Me teilte meine Sorgen und erlaubte mir, dich zu suchen. Wir umkreisten die Erde mehrere Male. Ich war ganz verzweifelt, glaubte, dich in diesem Gewühl von Städten und Menschen niemals zu finden. Ein Glück, daß ich deine Adresse hatte.«
»Meine Adresse? Was für eine Adresse?«
»Das Haus, wo du mit deiner Frau wohnst…« Ich erschrak. »Du warst bei meiner Frau?«
»Natürlich war ich bei deiner Frau – wie hätte ich dich sonst finden können? Du hast eine hübsche Frau, nur eifersüchtig ist sie – wie ein Pinguin.«
Um mich kreisten Sterne. »Was hat Johanna gesagt, worüber habt ihr gesprochen?«
»Auch sie hielt mich zuerst für eine Ausländerin, genauso wie dieser Professor. Dann nannte ich meinen Namen, und deine Frau meinte, sie wisse nun alles, ich brauche nichts mehr zu sagen.

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