Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
Vom Netzwerk:
verrückt«, murmelte er und blickte verstohlen unter den Schreibtisch. Er setzte sich, eine wachsende Beklemmung lähmte sein Denken.
»Ich heiße Aul und komme von der ›Quil‹. Hast du das jetzt endlich begriffen?« fragte eine Stimme neben ihm.
Langsam wandte Grasmais den Kopf. Neben ihm saß Aul. Er riß sich zusammen. »Nicht schlecht gemacht«, ächzte er, »Spieglungen, du verstehst deinen Beruf…«
»Wie ist mein Name?«
»Meinetwegen Aul. Aber jetzt ist es genug mit deinem faulen Zauber – oder soll ich erst die Pfleger rufen?«
»Woher komme ich?«
»So hören Sie doch endlich mit diesem Unsinn auf«, protestierte Grasmais schwach. »Was wollen Sie eigentlich von mir?«
»Ich sehe, du bist noch immer nicht ganz überzeugt. Dieser Raum hat schöne große Fenster, und draußen ist es kalt. Sieh her, es ist kein Trick…«
Er sah, wie Aul ein winziges Gerät auf die Fenster richtete, hatte nicht mehr die Kraft zu protestieren. Die Scheiben klirrten leise, in das Glas schnitten sich Buchstaben ein. »Was machen Sie?« stöhnte er leise.
»Lies, was dort steht«, befahl Aul.
In der Scheibe, zwanzig Zentimeter groß, waren die Buchstaben R A C H A eingeschnitten. Ein kühler Wind wehte durch die entstandenen Öffnungen. Grasmais blickte scheu auf das Wort. »Ich begreife nichts mehr«, bekannte er.
»Du sollst es vorlesen.«
»Racha«, murmelte er kleinlaut und erinnerte sich nun genau, daß ihn dieser Weyden einmal so genannt hatte.
»Vater nennt die Roboter mitunter so«, erläuterte Aul sachlich. »Kannst du mir jetzt sagen, woher ich komme?«
»Ich glaub’s nicht«, brabbelte der Professor, »ich kann’s einfach nicht glauben… Es wäre… Nein, nein…«
»Dann muß ich einen Beweis erbringen, an den du dein ganzes Leben denken wirst«, erklärte Aul entschieden und entnahm ihrem Plastikbeutel ein anderes Gerät. Sie drehte an den Knöpfen, stellte etwas ein und erläuterte dabei gelassen: »Dies ist eine interferrektive Pulsationskammer, mit der man gewisse Dinge dematerialisieren kann. Ich werde dich jetzt zu einem Zwerg zusammenschrumpfen lassen, auf etwa achtzig Zentimeter. Deine geistigen Fähigkeiten wirst du dabei nicht einbüßen. In einer Minute wirst du etwa so groß sein…« Sie deutete nun ihrerseits seine künftigen Ausmaße an. »Es tut nicht weh…«
Entsetzt sprang Grasmais auf. »Nein, bitte nicht! Ich glaube Ihnen, ich schwör’s, ich glaube Ihnen alles. Sie sind Aul und kommen von der ›Quil‹! Verzeihen Sie, ich konnte nicht ahnen…«
»Wirst du mich jetzt zu ihm bringen?«
Der Chef der Klinik kämpfte einen stummen, verzweifelten Kampf mit der Logik des Naturwissenschaftlers gegen alle menschlichen Erfahrungswerte, gegen Vernunft und Wissen, bewegte sich auf der Grenzlinie von Realität und Transzendenz. Er glaubte nicht an Wunder, und doch stand es für ihn fest, daß seine Gesprächspartnerin über ungewöhnliche Fähigkeiten verfügte. Gab es aber keine Hexen und Zauberer, so ließen sich die hier gesehenen Phänomene nur durch die Anwesenheit eines außerirdischen Wesens erklären. Dies lag um so näher, als sich dadurch auch das unbegreifliche Verhalten seines Patienten aufhellte.
Grasmais war in diesen Minuten viel zu verwirrt, um sich über die Folgen seiner Schlüsse Rechenschaft ablegen zu können. Er wußte nur eines: In seiner Klinik und in diesem Raum geschah etwas Ungewöhnliches, etwas Bedeutendes. Deutete nicht auch die Kleidung des Mädchens auf ein Intermundium hin? Wer lief bei Schnee und minus fünf Grad mit Bastschuhen und ohne Wintermantel herum? Er entsann sich des Briefes, den sein Patient geschrieben hatte. »Frage am besten den unsterblichen Me um Rat…« Ehrfürchtig und mit einem Gefühl der Erleichterung sah der Professor, wie Aul das geheimnisvolle Gerät wieder in ihrem Beutel verstaute. Eilfertig ging er zur Tür. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Fräulein Aul, ich begleite Sie zu Herrn Weyden. Selbstverständlich wird er noch heute als völlig gesund entlassen.«
»Einen Moment noch.«
Grasmais argwöhnte Schlimmes, beteuerte, alles nur in bester Absicht getan zu haben. Ihm war die Kaltwasserbehandlung für Weyden eingefallen.
Aul sagte: »Hans besaß ein wertvolles Sendegerät, aber er hat meine Anfragen unbeantwortet gelassen. Weißt du etwas über den Grund?«
»Ich bedaure außerordentlich«, antwortete der Professor erleichtert, »Patient sprach davon. Ja, ich besinne mich, es sei ihm im Autobus gestohlen worden. Doch ich bin Arzt,

Weitere Kostenlose Bücher