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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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sie sich nach dem Weg zur Stadt erkundigte. Auf der Landstraße nahm sie ein freundlicher Autofahrer mit, der die vermeintliche Ausländerin vor meiner Wohnung absetzte. Von ihrem Vater war Aul über die Sitten und Bräuche auf der Erde instruiert worden. Auf jedem Basar, hatte sie der Alte belehrt, könne man Edelsteine und Gold in die landesübliche Währung eintauschen. Nun fand Aul zwar keinen Basar, doch durch meine Frau erfuhr sie, daß sich Juweliere für solche Steine und Metalle interessierten. Auch dieses Kunststück gelang Aul ohne Schwierigkeiten, zumal sie mit allem zufrieden war, was ihr der Juwelier anbot.
Sie öffnete ihren Beutel und zeigte mir ein dickes Bündel Banknoten. »Dieses Papier hat mir der Händler für zwei Steine gegeben. Er war sehr hilfsbereit und höflich…«
»Heiliger Strohsack, er hat dich übers Ohr gehauen«, murmelte ich beim Anblick des Banknotenbündels.
»Er hat mich nicht geschlagen«, versicherte Aul treuherzig. »Aber was ist ein heiliger Strohsack?«
»Ein heiliger… Ich erkläre es dir später. Hast du noch mehr Steine und Gold?«
»Noch genug. Wird das Papier für zwei Hähne, etwas Samen und vielleicht noch ein Vogelpärchen ausreichen?«
»Dafür bekommst du einen ganzen Zoo«, sagte ich und befühlte die neuen, knisternden Scheine. Der unverhoffte Reichtum übte eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Aul erzählte etwas vom sechsten Mond. Ich bemerkte wieder das argwöhnische Gesicht des Taxifahrers im Spiegel, bat Aul zu schweigen. Wir mußten bald ankommen.
Es war stockfinster draußen. Die Scheinwerfer bohrten sich in das Weiß der Landstraße. Ich dachte: Nun bist du in der gleichen Situation wie vor zwei, drei Monaten. Du hast Geld, mehr als du je verbrauchen könntest, aber es hat nur für einen Tag Gültigkeit. Morgen gegen Mitternacht ist der Traum zu Ende… Gab es nicht eine Möglichkeit, Aul umzustimmen, sie zum Hierbleiben zu bewegen? Es war ja nicht überall ein solcher Lärm und Gestank. Schmerzlich wurde mir die Sinnlosigkeit solcher Hoffnungen bewußt. Ihr Vater lebte oben, und ihr Pflichtbewußtsein war stärker als die Anziehungskraft der Erde… Der Taxifahrer verlangsamte die Fahrt. Ich wies ihm den Weg durch den Wald, bis wir vor dem Haus standen. Obwohl ich ihn reichlich entlohnte, war seine Furcht vor den seltsamen Fahrgästen unverkennbar. Er raste davon, daß der Schnee aufstob.
    Die Stille von Manik Maya war wohltuend. Fritzchen schaltete seine Abschirmung aus, wurde endlich wieder in seiner vollen Zwergengestalt sichtbar. Ich holte einen Reisigbesen aus dem Schuppen, beauftragte ihn, den Schnee vor der Haustür fortzuräumen.
    Hinter dem Schuppen, im Fliedergebüsch, hatte Aul ihre Mitbringsel versteckt. Sie schleppte zwei kokosnußgroße Kugeln an, die auf quadratischen Sockeln befestigt waren. Ich hatte ihr die Tür geöffnet, wartete gespannt, wie sie das Kunststück fertigbringen wollte, die ausgekühlten Räume warm zu bekommen. Aul stellte in jeder der Stuben eine Kugel auf, schraubte daran herum. Es wunderte mich nicht, als die Kugeln nicht nur intensiv Wärme ausstrahlten, sondern auch die Räume erhellten. Nach wenigen Minuten mußte ich den Mantel ablegen. »Wo qualmt der Ofen?« fragte sie heiter. »Gleich wirst du das Fenster öffnen müssen.«
    »Infrarot?« fragte ich fachmännisch.
»Nein, neutrale Kernstrahlung mit dem Wärmewert zwölf. Wir nutzen den Betazerfall aus, der durch den Stau von Vextamaterie…«
    »Kein Wort mehr, Sternschnuppe, ich habe alles verstanden.« Sie schlang ihre Arme um mich. »Wie habe ich mich nach dieser Stunde gesehnt. Es war schrecklich ohne dich.«
    Ich mußte mich erst wieder an alles gewöhnen. Jeden Augenblick dachte ich, die Nachtschwester könnte eintreten. Aul bemerkte meine Zerstreutheit.
    »Woran denkst du? Du bist gar nicht hier…«
Ich legte den Finger an die Lippen. »Hörst du nichts?« Wir lauschten. Von draußen drangen kratzende Geräusche
    herein. Aul öffnete das Fenster. »Ich glaube, er hat jetzt genug Schnee gefegt«, meinte sie.
    Fritzchen hatte nicht nur die Wiese vor dem Haus gereinigt, sondern war im Begriff, auch den Wald vom Schnee zu säubern. Vom Reisigbesen war nur noch der Stiel übrig. Wir beorderten ihn ins Nebenzimmer.
    Unvermittelt fragte Aul: »Wäre es dir angenehm, wenn ich mir die Haare abschneiden würde?«
»Weshalb das?« fragte ich verdutzt.
»Mir ist aufgefallen, daß viele Weiber hier ihre Haare kurz tragen.«
»Untersteh dich!« sagte ich.

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