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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sprach ihr direkt ins Ohr.
    »Dieser Graf, Léonie. Wie ist sein Name? Sag mir seinen Namen.«
    Ein schwaches Stirnrunzeln lief über ihr Gesicht, dann verschwand es.
    »St. Germain«, murmelte sie kaum hörbar. »Der Graf von St. Germain.«
    MICHAEL GING AUF DER STELLE zu Rosenwald und bewog ihn mit Hartnäckigkeit und dem Versprechen, mehr zu bezahlen, die Gravur auf dem Kelch sofort fertigzustellen. Er wartete ungeduldig, während dies geschah, ließ Kelch und Hostienteller gerade noch in braunes Papier einwickeln und schlug dann im Laufschritt die Richtung zum Convent des Anges ein.
    Er hielt sich mit großer Mühe zurück, während er sein Geschenk überreichte und dann mit äußerster Bescheidenheit fragte, ob er um den großen Gefallen bitten dürfte, Schwester Gregory zu sehen, um ihr eine Nachricht von ihrer Familie aus den Highlands zu überbringen. Schwester Eustacias Miene war überrascht und durchaus missbilligend – normalerweise durften Postulantinnen keinen Besuch bekommen –, doch schließlich … angesichts der Großzügigkeit, die Mr. Murray und Mr. Fraser gegenüber dem Kloster an den Tag gelegt hatten … vielleicht einige Momente im Besucherzimmer und in Gegenwart der Schwester persönlich …
    MICHAEL WANDTE SICH UM, kniff die Augen zusammen, und sein Mund öffnete sich ein wenig. Er sah erschrocken aus. Sah sie mit Kutte und Schleier denn so anders aus?
    »Ich bin’s«, sagte Joan und versuchte, beruhigend zu lächeln. »Ich meine … ich bin’s immer noch.«
    Sein Blick richtete sich auf ihr Gesicht, und er atmete tief aus und lächelte, als wäre sie vermisst gewesen, und er hätte sie wiedergefunden.
    »Aye, so ist es«, sagte er leise. »Ich hatte schon Angst, es wäre Schwester Gregory. Ich meine die … äh …« Mit einer angedeuteten, beklommenen Geste wies er auf ihre graue Kutte und den weißen Postulantinnenschleier.
    »Das sind doch nur Kleider«, sagte sie und hob verteidigend die Hand an ihre Brust.
    »Oder auch nicht«, sagte er und betrachtete sie sorgfältig. »Ich glaube, das stimmt nicht ganz. Es ist eigentlich mehr wie die Uniform eines Soldaten, oder? Man tut seine Arbeit, wenn man sie trägt, und jeder, der sie sieht, weiß, wer man ist und was man tut.«
    Weiß, wer ich bin. Ich sollte wohl froh sein, dass man das nicht sieht , dachte sie ein wenig nervös.
    »Nun … aye, das kann sein.« Sie betastete den Rosenkranz an ihrem Gürtel. Sie hüstelte. »In gewisser Weise zumindest.«
    Du musst es ihm sagen . Es war keine der Stimmen, nur die Stimme ihres eigenen Gewissens, doch auch das war Herausforderung genug. Sie konnte ihren Herzschlag so heftig spüren, dass sie dachte, er müsste durch ihre Robe hindurch zu sehen sein.
    Er lächelte sie ermunternd an.
    »Léonie hat mir erzählt, dass du mich sehen wolltest.«
    »Michael … kann ich dir etwas sagen?«, entfuhr es ihr. Er sah sie überrascht an.
    »Aber natürlich kannst du das«, sagte er. »Warum denn auch nicht?«
    »Warum denn auch nicht«, murmelte sie. Sie blickte sich um, doch Schwester Eustacia unterhielt sich am anderen Ende des Zimmers mit einer sehr jungen, verängstigt aussehenden Französin und ihren Eltern.
    »Nun, weißt du, es ist so«, sagte sie mit entschlossener Stimme. »Ich höre Stimmen.«
    Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu, doch er sah nicht schockiert aus. Noch nicht.
    »In meinem Kopf, meine ich.«
    »Aye?« Er sah sie vorsichtig an. »Äh … was sagen sie denn?«
    Sie merkte, dass sie die Luft anhielt, und atmete etwas aus.
    »Äh … Verschiedenes. Aber hin und wieder sagen sie mir, dass etwas geschehen wird. Und sie sagen mir öfter, dass ich so-und-so-etwas zu jemandem sagen soll.«
    »So-und-so-etwas«, wiederholte er aufmerksam und beobachtete ihr Gesicht. »Was denn … für eine Art von So-und-so-etwas?«
    »Mit der Spanischen Inquisition hatte ich nicht gerechnet«, sagte sie ein wenig gereizt. »Ist das wichtig?«
    Sein Mund zuckte.
    »Nun, das kann ich doch so nicht beurteilen, oder?«, sagte er. »Vielleicht bekäme ich bei mehr Wissen eine Vorstellung davon, wer da zu dir spricht. Oder weißt du das schon?«
    »Nein«, sagte sie und spürte plötzlich, wie ihre Anspannung nachließ. »Ich … ich habe mir Sorgen gemacht … es könnten Dämonen sein. Aber das ist eigentlich … Nun, sie sagen mir ja keine bösen Dinge. Eher … wenn einem Menschen etwas bevorsteht. Und manchmal ist es nichts Gutes – aber manchmal schon. Da war die kleine Annie MacLaren, die im

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