Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane
ließen den Teppich zu Boden plumpsen und griffen nach den Waffen … die sie nicht dabeihatten.
»Mylord, Mylord! Seht doch, wen ich im Schuppen versteckt gefunden habe?« Tom hüpfte ihm auf dem Weg entgegen und strahlte über das ganze Gesicht. Rodrigo folgte ihm argwöhnisch. Greys Herz tat bei seinem Anblick einen Satz, und er spürte ein ungewohntes Lächeln in seinem Gesicht.
»Euer Diener, Sah.« Rodrigo verbeugte sich schüchtern.
»Es freut mich sehr, Euch zu sehen, Rodrigo. Sagt mir – habt Ihr irgendetwas von den Ereignissen der letzten Nacht mitbekommen?«
Der junge Mann erschauerte und wandte das Gesicht ab.
»Nein, Sah«, sagte er so leise, dass ihn Grey kaum hören konnte. »Es waren Zombies. Sie … fressen Menschen. Ich habe sie gehört, aber ich war nicht so dumm hinzusehen. Ich bin in den Garten gerannt und habe mich versteckt.«
»Ihr habt sie gehört?«, sagte Grey scharf. »Was genau habt Ihr denn gehört?«
Rodrigo schluckte, und wenn es möglich gewesen wäre, dass sich Haut wie die seine grünlich färbte, hätte er zweifellos die Farbe einer Meeresschildkröte angenommen.
»Füße, Sah«, sagte er. »Nackte Füße. Aber sie gehen nicht, tap-tap, wie eine Person. Sie schlurfen nur, sch-sch, sch-sch.« Er illustrierte seine Worte mit kleinen schiebenden Handbewegungen, und Grey spürte, wie sich seine Nackenhaare sträubten.
»Konntet Ihr hören, wie viele … Männer … es waren?«
Rodrigo schüttelte den Kopf.
»Es klang nach mehr als zwei.«
Tom schob sich ein wenig vor, und seine Miene war gebannt.
»Meint Ihr, es war noch jemand bei ihnen? Jemand mit einem normalen Gang, meine ich?«
Rodrigos Miene war zuerst verblüfft, dann entsetzt.
»Ihr meint ein Houngan? Ich weiß es nicht.« Er zuckte mit den Achseln. »Vielleicht. Ich habe keine Schuhe gehört. Aber …«
»Oh. Weil …« Tom hielt abrupt inne, sah Grey an und hüstelte. »Oh.«
Allen weiteren Fragen zum Trotz war dies alles, was Rodrigo beisteuern konnte, und so hoben sie den Teppich wieder auf – diesmal mithilfe des Dienstboten – und verstauten ihn an seinem vorübergehenden Ruheplatz. Fettes und Cherry versuchten ihr Glück noch einmal bei Dawes, doch der Sekretär konnte ihnen keine weiteren Auskünfte über das Tun und Lassen des Gouverneurs erteilen, ganz zu schweigen von Spekulationen darüber, welche böse Macht die Schuld an seinem Ableben trug.
»Habt Ihr denn schon einmal von Zombies gehört, Mr. Dawes?«, erkundigte sich Grey und wischte sich mit den Überresten seines Taschentuchs über das Gesicht.
»Äh … ja«, erwiderte der Sekretär vorsichtig. »Aber Ihr glaubt doch nicht etwa, was dieser Dienstbote … aber nicht doch!« Er warf einen empörten Blick in Richtung des Schuppens.
»Sagt man Zombies tatsächlich nach, dass sie Menschenfleisch verzehren?«
Wieder nahm Dawes’ Gesicht diese höchst ungesunde Blässe an.
»Nun. Ja. Aber … oje!«
»Dem ist nichts hinzuzufügen«, murmelte Cherry. »Dann gehe ich davon aus, dass Ihr nicht vorhabt, den Tod des Gouverneurs öffentlich bekannt zu geben, Sir?«
»Da habt Ihr recht, Hauptmann. Ich will keine öffentliche Panik, weil Spanish Town von einer Zombie-Plage heimgesucht wird, ob diese nun real ist oder nicht. Mr. Dawes, ich glaube, wir brauchen Euch im Moment nicht mehr; Ihr seid entschuldigt.« Er sah zu, wie der Sekretär davonstolperte, bevor er seine Offiziere dichter zu sich winkte. Diskret wie immer ging Tom ein Stück beiseite und nahm Rodrigo mit.
»Habt Ihr irgendetwas herausgefunden, das für die Situation von Bedeutung sein könnte?«
Sie blickten einander an, und Fettes nickte Cherry immer noch leise keuchend zu. Cherry hatte tatsächlich Ähnlichkeit mit einer Kirsche, doch da er jünger und schlanker als Fettes war, war er besser bei Atem.
»Ja, Sir. Ich habe nach Ludgate gesucht, dem alten Superintendenten. Ihn habe ich zwar nicht gefunden – ab nach Kanada, hieß es –, aber in Bezug auf den neuen Superintendenten hat niemand ein Blatt vor den Mund genommen.«
Grey dachte einen Moment über den Namen nach.
»Cresswell?«
»Genau.«
Cherrys Informanten in Spanish Town und King’s Town zufolge schienen »Unterschlagung und korrupte Praktiken« Hauptmann Cresswells Amtsausübung als Superintendent hinreichend zusammenzufassen. Unter anderem hatte er zwischen den Bergbewohnern und den Kaufleuten in der Stadt einen Handelsaustausch von Vogel- und Schlangenhäuten und anderen exotischen Waren sowie Holz aus den
Weitere Kostenlose Bücher