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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Superintendenten hierherkommen, damit Ihr ihn kennenlernen und gutheißen könnt.«
    »Und wenn ich ihn nicht gutheiße?«
    »Es gibt eine verflixte Menge Engländer auf Jamaica«, sagte Grey ungeduldig. » Einer davon dürfte Euch ja wohl gefallen.«
    Accompong lachte laut auf, und sein rundes Bäuchlein wackelte unter seinem Rock.
    »Ihr gefallt mir, Oberst«, sagte er. »Möchtet Ihr nicht Superintendent werden?«
    Grey verkniff sich die naheliegende Antwort darauf und sagte stattdessen: »Bedauerlicherweise habe ich eine Verpflichtung gegenüber der Armee, welche mich daran hindert, dieses Angebot anzunehmen, so generös es auch ist.« Er hüstelte. »Doch Ihr habt mein Wort, dass ich Euch einen passenden Kandidaten suchen werde.«
    Der hochgewachsene Helfer, der hinter Hauptmann Accompong stand, erhob die Stimme und sagte skeptisch etwas in einem Patois, das Grey nicht verstand. Doch der Haltung des Mannes, seinem Blick in Cresswells Richtung und dem beifälligen Gemurmel nach, mit dem seine Bemerkung aufgenommen wurde, hatte er keine Schwierigkeiten zu erraten, was gesagt worden war.
    Was ist schon das Wort eines Engländers wert?
    Grey warf einen Blick tiefer Abneigung auf Cresswell, der sich flehend und schluchzend zu seinen Füßen wand. Es würde dem Mann nur recht geschehen, wenn … Dann fing er den schwachen Verwesungsgeruch auf, der von Rodrigos regloser Gestalt herüberwehte, und erschauerte. Nein, das hatte niemand verdient.
    Grey schob Cresswells Schicksal für den Augenblick beiseite und wandte sich der Frage zu, die ihn am meisten beschäftigte, seit er in Sichtweite jenes ersten Rauchkringels gekommen war.
    »Meine Männer«, sagte er. »Ich will meine Männer sehen. Bitte bringt sie zu mir heraus. Auf der Stelle.« Er erhob die Stimme zwar nicht, doch er wusste auch so, wie man einen Befehl klingen ließ.
    Accompong legte den Kopf schief, als überlegte er, doch dann winkte er beiläufig mit der Hand. In der Menge regte sich etwas, Erwartung. Köpfe wandten sich, dann Leiber, und Grey blickte hinüber zu dem Felsen, auf den sich alles konzentrierte. Gelächter und Spottrufe brachen aus, und die beiden Soldaten und Tom Byrd kamen zwischen den Felsen hervor. Sie waren mit einem Seil an den Hälsen zusammengebunden, hatten die Knöchel lose gefesselt und die Hände verschnürt, und sie schlurften ungeschickt vorwärts, prallten zusammen und wackelten mit den Köpfen wie Hühner bei dem vergeblichen Versuch, dem Spucken und den kleinen Erdklumpen auszuweichen, mit denen man sie bewarf.
    Greys Entrüstung über diese Behandlung wich der Erleichterung, Tom und die jungen Soldaten zwar sichtbar verängstigt, aber unverletzt zu sehen. Er trat einen Schritt vor, so dass sie ihn sehen konnten, und angesichts der mitleiderregenden Erleichterung, die ihre Gesichter aufleuchten ließ, verkrampfte sich sein Herz.
    »Aber, aber«, sagte er lächelnd. »Ihr habt doch wohl nicht gedacht, dass ich euch im Stich lasse, oder?«
    » Ich nicht, Mylord«, sagte Tom standhaft und zerrte dabei bereits an dem Seil um seinen Hals. »Ich habe ihnen gesagt, dass Ihr hier sein würdet, sobald Ihr Eure Stiefel wieder anhabt!« Er funkelte die kleinen Jungen an, die bis auf ihre Hemden nackt waren, unter lauten »Buckra! Buckra!« -Rufen um ihn und die Soldaten herumtanzten und nicht nur so taten, als würden sie mit ihren Stöcken auf die Genitalien der Männer einstechen. »Könnt Ihr dafür sorgen, dass sie mit dem Theater aufhören, Mylord? Sie machen das schon, seit wir hier sind.«
    Grey blickte Accompong an und zog höflich die Augenbrauen hoch. Der Häuptling bellte ein paar Worte in einer Sprache, die fast spanisch klang, und die Jungen wichen widerstrebend zurück, obwohl sie weiterhin Grimassen schnitten und rüde mit den Armen gestikulierten.
    Hauptmann Accompong hielt seinem Helfer die Hand hin, und dieser zog den fetten kleinen Häuptling hoch. Er klopfte sich sorgsam den Staub von den Rockschößen, dann wanderte er langsam um die kleine Gruppe der Gefangenen herum und blieb vor Cresswell stehen. Er betrachtete den Mann, der jetzt zusammengerollt am Boden lag, dann blickte er zu Grey auf.
    »Wisst Ihr, was ein Loa ist, Oberst?«, fragte er leise.
    »Ja«, erwiderte Grey argwöhnisch. »Warum?«
    »Ganz in der Nähe ist eine Quelle. Sie kommt aus der Tiefe der Erde, wo die Loas leben, und manchmal kommen sie hervor und sprechen. Wenn Ihr Eure Männer zurückwollt – bitte ich Euch, dorthin zu gehen und mit dem

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