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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Hadrianswall zurück. Jetzt glaubte er aber, ganz in der Nähe zu sein – die zerklüftete Landschaft kam ihm allmählich bekannt vor, obwohl das womöglich auch nur Einbildung war.
    Doch alles andere war zur Bedeutungslosigkeit verblasst, als er das Essen roch.
    Vorsichtig umkreiste er von weitem das Haus und sah sich nach Hunden um. Kein Hund. Aye, also schön. Er näherte sich von der Seite, außer Sichtweite der wenigen Fenster. Huschte von Busch zu Pflugschar zu Misthaufen zum Haus und presste sich heftig atmend an die graue Steinwand – und atmete dabei dieses köstliche Aroma ein. Mist, er sabberte. Er wischte sich hastig mit dem Ärmel über den Mund, schlüpfte um die Ecke und streckte die Hand aus.
    Der Bauernhof hatte doch einen Hund, der mit seinem Herrn in der Scheune gewesen war. Just in diesem Moment kehrten diese beiden ehrenwerten Herrschaften nun zurück; der Hund sah sofort, was er für eine krumme Sache hielt, und gab entsprechend Laut. Vor krimineller Aktivität auf seinem Grund und Boden gewarnt, stieß der Hausherr unverzüglich dazu, mit einem Holzspaten bewaffnet, den er Jerry kommentarlos über den Schädel zog.
    Während er gegen die Hauswand sackte, bekam er gerade noch mit, dass die Bauersfrau – die jetzt den Kopf aus dem Fenster steckte und kreischte wie der Glasgow Express – eines der Pastetchen aus dem Fenster gestoßen hatte, wo es jetzt von dem Hund verschlungen wurde, der eine derart fromme Miene rechtschaffener Tugend aufgesetzt hatte, dass sich Jerry persönlich beleidigt fühlte.
    Dann hieb der Farmer erneut auf ihn ein, und auch dieses Gefühl verschwand.
    ES WAR EIN STABIL GEBAUTER STALL, dessen Steine sorgfältig aufeinandergemauert und verfugt waren. Er schrie sich die Lunge aus dem Leib und trat gegen die Tür, bis sein schwaches Bein nachgab und er auf den nackten Boden sank.
    »Und was jetzt, verdammt?«, murmelte er. Er war schweißnass vor Anstrengung, doch es war kalt im Stall, jene durchdringende feuchte Kälte, die so typisch für die britischen Inseln ist und einem durch Mark und Bein geht, bis die Gelenke schmerzen. Sein Knie würde am Morgen höllisch schmerzen. Die Luft war kalt, aber mit dem Geruch nach Dung und abgekühltem Urin durchtränkt. »Was wollen die verfluchten Deutschen nur mit einer solchen Gegend?«, sagte er, setzte sich auf und zog sein Hemd fest um sich. Es würde eine verdammt lange Nacht werden.
    Vorsichtig tastete er sich auf allen vieren durch das Innere des Stalls, doch es gab nichts, was auch nur im Entferntesten essbar gewesen wäre – nur einen Fladen verschimmeltes Heu, den selbst die Ratten verschmähten. Der Stall war totenstill und absolut leer.
    Was war aus den Kühen geworden?, fragte er sich. An einer Seuche gestorben, gegessen, verkauft? Oder vielleicht einfach noch nicht von der Sommerweide zurück, obwohl es dafür doch schon reichlich spät im Jahr war.
    Er setzte sich wieder hin und lehnte sich mit dem Rücken an die Tür, deren Holz ein bisschen weniger kalt war als die Steinwände. Er hatte sich in Gedanken ausgemalt, in der Schlacht in Gefangenschaft zu geraten, in die Hände der Deutschen zu fallen – das tat jeder hin und wieder, obwohl die Jungs so gut wie nie darüber redeten. Er dachte an Kriegsgefangenenlager und an diese Lager in Polen. War es dort so trostlos wie hier? Was für ein dummer Gedanke.
    Aber irgendwie musste er sich die Zeit bis zum Morgen vertreiben, und es gab viele Dinge, an die er jetzt lieber nicht dachte. Zum Beispiel das, was passieren würde, wenn es Morgen wurde. Er glaubte jedenfalls nicht, dass es Frühstück im Bett geben würde.
    Der Wind nahm zu. Er heulte unangenehm schrill um die Ecken des Kuhstalls. Er hatte den Seidenschal noch, der ihm ins Hemd gerutscht war, als die Banditen am Meilenkastell über ihn hergefallen waren. Jetzt fischte er ihn heraus und schlang ihn sich um den Hals, zumindest als Trost, wenn schon nicht der Wärme wegen.
    Hin und wieder hatte er Dolly das Frühstück ans Bett gebracht. Sie brauchte morgens lange, um wach zu werden, und er liebte es zu sehen, wie sie sich die zerzausten schwarzen Locken aus dem Gesicht schob und schlitzäugig darunter hervorlugte wie ein kleines, niedliches Murmeltier, das im Licht die Augen zukneifen muss. Er ließ sie sich hinsetzen und stellte das Tablett neben ihr auf den Tisch, und dann zog er seine Kleidung aus und kroch zu ihr ins Bett, wo er sich dicht an ihre warme Haut kuschelte. Manchmal rutschte er auch tiefer ins

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