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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Bett, und sie stellte sich, als merkte sie nichts, trank Tee oder bestrich ihren Toast mit Marmite, während er unter der Bettdecke wühlte und sich seinen Weg zwischen den Laken und ihrem Nachthemd nach oben suchte. Er liebte ihren Geruch, immer, besonders aber dann, wenn sie sich in der Nacht geliebt hatten und sie seinen kräftigen Moschusgeruch zwischen den Beinen trug.
    Erregt von dieser Erinnerung, rutschte er ein wenig hin und her, aber der nächste Gedanke – dass er sie vielleicht nie wiedersehen würde – versetzte ihm augenblicklich einen Dämpfer.
    Doch weil er immer noch an Dolly denken musste, schob er automatisch die Hand in seine Tasche und stellte alarmiert fest, dass sie nicht ausgebeult war. Er schlug mit der Handfläche gegen seinen Oberschenkel, doch er fand den kleinen festen Saphirklumpen nicht. Hatte er ihn vielleicht aus Versehen in die andere Tasche gesteckt? Er suchte hektisch, schob beide Hände tief in seine Taschen. Kein Stein – doch in seiner rechten Tasche war etwas. Etwas Pulveriges, beinahe Fettiges … was zum Teufel?
    Er zog die Finger heraus und betrachtete sie, so scharf er konnte, doch es war zu dunkel, um mehr als den vagen Umriss seiner Hand zu sehen, geschweige denn irgendetwas darauf. Er rieb die Finger vorsichtig aneinander; es fühlte sich so ähnlich an wie der Ruß, der sich im Inneren eines Kamins sammelt.
    »Himmel«, flüsterte er und hob die Finger an die Nase. Sie rochen deutlich nach Verbranntem. Nicht nach Benzin, sondern ein so intensiver Brandgeruch, dass er ihn in seiner Kehle schmecken konnte. Wie etwas, das aus einem Vulkan gekommen war. Was im Namen des Allmächtigen konnte einen Stein verbrennen – und den Mann, der ihn bei sich trug, am Leben lassen?
    Das, worauf er inmitten der Steine gestoßen war.
    Bis jetzt hatte er es fertiggebracht, keine allzu große Angst zu haben, aber … Er schluckte krampfhaft und setzte sich lautlos wieder hin.
    »Abends wenn ich schlafen geh«, flüsterte er gegen die Knie seiner Hose, »um Beistand ich den Herrn anfleh …«
    Er schlief tatsächlich irgendwann ein – trotz der Kälte, aus schierer Erschöpfung. Er träumte von seinem kleinen Roger, der jetzt aus irgendeinem Grund ein Erwachsener war, aber immer noch seinen kleinen blauen Bären festhielt, der in seiner breiten Handfläche fast verschwand. Sein Sohn sprach auf Gälisch mit ihm, sagte etwas Drängendes, das er nicht verstehen konnte, und er wurde immer frustrierter und sagte Roger wieder und immer wieder, er solle doch in Gottes Namen Englisch sprechen, ob das denn nicht möglich wäre?
    Dann hörte er im Nebel des Schlafs noch eine andere Stimme und begriff, dass tatsächlich ganz in der Nähe jemand redete.
    Er erwachte mit einem Ruck, versuchte angestrengt zu verstehen, was da gesagt wurde, doch es gelang ihm nicht. Es dauerte einige Sekunden, bis ihm klar wurde, dass, wer auch immer da sprach – es schienen zwei Stimmen zu sein, die sich zischend und murmelnd stritten – tatsächlich Gälisch redete.
    Er selbst verstand nur ein paar Worte; seine Mutter hatte Gälisch gesprochen, aber … Bevor er den Gedanken zu Ende denken konnte, war er schon in Bewegung, denn die Vorstellung, dass sich mögliche Hilfe wieder entfernen könnte, versetzte ihn in Panik.
    »Hey!«, brüllte er und rappelte sich zum Stehen auf – oder versuchte es zumindest. Doch sein geschundenes Knie wollte nichts davon wissen. Es gab nach, sobald er es belastete, so dass er mit dem Gesicht zuerst auf die Tür zukatapultiert wurde.
    Er drehte sich im Fallen und prallte mit der Schulter dagegen. Das laute Krachen brachte den Streit zum Schweigen; die Stimmen verstummten auf der Stelle.
    »Hilfe! Helft mir!«, rief er und hämmerte an die Tür. »Hilfe!«
    »Kannst du in Gottes Namen still sein?«, hörte er draußen eine leise, verärgerte Stimme. »Willst du, dass sie alle über uns herfallen? Komm näher mit dem Licht.«
    Letzteres schien an den Begleiter der Stimme gerichtet zu sein, denn durch den Spalt unter der Tür leuchtete ein schwacher Schimmer. Es folgte ein scharrendes Geräusch, als der Riegel beiseitegezogen wurde, ein Grunzer der Anstrengung, dann ein gedämpftes Klirren, als der Riegel an die Wand gelehnt wurde. Die Tür schwang auf, und Jerry blinzelte einem plötzlichen Lichtstrahl entgegen, als sich die Blende einer Laterne öffnete.
    Er drehte den Kopf zur Seite und schloss eine Sekunde bewusst die Augen, so wie er es beim Nachtflug getan hätte, wenn ihn eine

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