Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Leuchtkugel oder das Leuchten seiner eigenen Abluft blendete. Als er sie wieder öffnete, standen die beiden Männer bei ihm im Kuhstall und betrachteten ihn mit unverhohlener Neugier.
    Kräftige Kerle, alle beide, hochgewachsener und breitschultriger, als er es war. Einer blond, der andere schwarzhaarig wie Luzifer. Sie sahen sich zwar nicht sehr ähnlich, und doch hatte er das Gefühl, dass sie verwandt sein könnten – eine flüchtige Ähnlichkeit ihres Knochenbaus oder ihrer Mimik vielleicht.
    »Wie heißt du, Kumpel?«, sagte der Dunkelhaarige leise. Jerry spürte, wie ihm der Argwohn im Nacken prickelte, doch im selben Moment fuhr ihm die Freude in die Magengrube. Der Mann sprach normal und vollkommen verständlich. Mit schottischem Akzent, aber …
    »MacKenzie, J. W.«, sagte er und nahm Haltung an. »Leutnant. Royal Air Force. Dienstnummer …«
    Der Ausdruck, der über das Gesicht des dunkelhaarigen Mannes huschte, war unbeschreiblich. Der Drang zu lachen, ausgerechnet, und in seinen Augen flackerte Erregung auf – sehr auffallende Augen, ein kräftiges Grün, das plötzlich im Licht aufblitzte. Nichts davon spielte für Jerry eine Rolle; wichtig war nur, dass der Mann offensichtlich Bescheid wusste. Er wusste es.
    »Wer seid ihr?«, fragte er drängend. »Woher kommt ihr?«
    Die beiden Männer wechselten einen unergründlichen Blick, und der andere antwortete.
    »Inverness.«
    »Ihr wisst, was ich meine!« Er holte tief Luft. »Wann?«
    Die beiden Fremden waren etwa gleich alt, doch das Leben des Blonden war eindeutig härter gewesen; sein Gesicht war tief zerfurcht.
    »Lange Zeit von dir entfernt«, sagte er leise, und obwohl Jerry so aufgeregt war, hörte er den trostlosen Unterton in seiner Stimme. »Von dieser Zeit. In die Irre gegangen.«
    In die Irre gegangen . Oh Gott. Dennoch …
    »Guter Gott. Und wo sind wir jetzt? W-wann?«
    »Northumbrien«, antwortete der Dunkelhaarige knapp, »und ich weiß es nicht genau, verflixt. Aber wir haben keine Zeit. Wenn uns jemand hört …«
    »Aye, gut. Gehen wir also.«
    Die Luft im Freien war eine Wohltat nach dem Gestank des Kuhstalls, kalt und vom Duft der welken Heide und der frisch gepflügten Erde erfüllt. Er glaubte, sogar den Mond riechen zu können, eine schwach leuchtende grüne Sichel über dem Horizont; bei diesem Gedanken schmeckte er Käse, und ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Er wischte sich einen Speichelfaden ab und humpelte seinen Rettern nach, so schnell er konnte.
    Das Farmhaus war schwarz, ein kantiger schwarzer Fleck in der Landschaft. Der dunkelhaarige Kerl packte ihn beim Arm, als er daran vorbeigehen wollte, leckte sich schnell am Finger und hielt ihn hoch, um zu prüfen, woher der Wind kam.
    »Die Hunde«, erklärte er flüsternd. »Hier entlang.«
    Sie schlugen in sicherem Abstand einen Bogen um das Haus und fanden sich in einem frisch gepflügten Feld wieder. Erdklumpen platzten unter Jerrys Füßen, während er versuchte mitzuhalten, obwohl sein verletztes Knie bei jedem Schritt nachgab.
    »Wohin gehen wir?«, keuchte er, als er glaubte, dass es nicht mehr gefährlich war zu sprechen.
    »Wir bringen dich zu den Steinen in der Nähe des Sees zurück«, sagte der Dunkelhaarige gereizt. »Das muss die Stelle sein, an der du angekommen bist.« Der blonde Mann prustete nur, als sei das nicht seine Idee – doch er widersprach nicht.
    Hoffnung flammte wie ein Freudenfeuer in Jerry auf. Sie wussten, was die Steine waren, wie sie funktionierten. Sie würden ihm zeigen, wie er zurückkam!
    »Wie – wie habt ihr mich gefunden?« Er konnte kaum atmen, so schnell waren sie unterwegs, doch er musste es wissen. Die Laterne war abgedunkelt, und er konnte ihre Gesichter nicht sehen, doch der Dunkelhaarige machte ein Geräusch, das wie ein Lachen klang.
    »Ich bin einer alten Frau begegnet, die deine Hundemarken umhängen hatte. Sie war sehr stolz darauf.«
    »Du hast sie?«, keuchte Jerry.
    »Nein, sie wollte sie nicht hergeben.« Es war der blondhaarige Mann, der jetzt definitiv belustigt klang. »Hat uns aber gesagt, woher sie sie hatte, und wir haben deine Spur zurückverfolgt. Hey!« Er fing Jerry am Ellbogen ab, just als diesem der Fuß umknickte. Hundegebell unterbrach die Nacht – ein Stück weit entfernt, aber deutlich. Der Hellhaarige umklammerte seinen Arm. »Los jetzt – schnell!«
    Jerry hatte heftige Seitenstiche, und sein Knie war so gut wie nicht mehr zu gebrauchen, als die kleine Steingruppe in Sicht kam, deren Umrisse

Weitere Kostenlose Bücher