Zeit der Teufel
sah ungewohnten Zorn in den Augen des Stellvertreters LUZIFERs lodern. »Du hast mich gerufen, Herr. Wie kann ich dir dienen?«
»Es gibt da Dinge, die mir überhaupt nicht gefallen«, sagte Lucifuge Rofocale. »Es gibt da einen Dämon aus unserer Gesprächsrunde wider den Zamorra, der sich redlich bemüht, Zamorra zu töten oder dafür zu sorgen, dass er der Gerichtsbarkeit seiner eigenen Spezies anheimfällt. Du aber hinderst ihn mit Drohungen daran, statt froh darüber zu sein, dass einer das Risiko auf sich nimmt, diesen Zamorra auszuschalten, in welcher Form auch immer.«
»Du sprichst von Belial, Herr«, erkannte Asmodis finster. »Hat er sich beschwert?«
»Nein. Vergiss nie, dass ich vieles erfahre, was anderen, selbst dir, verborgen bleibt. Lass ihn gewähren.«
»Er ist voreilig«, wandte Asmodis ein. »Er sieht die Gefahr nicht, weil ihm Informationen fehlen. Dieser Zamorra kann an zwei Orten zugleich sein, und er besitzt einen der Sterne von Myrrian-ey-Llyrana ! Wo auch immer er ihn gefunden hat …«
»Wenn er tot ist, kann er nicht mehr an zwei Orten zugleich sein, und dann kann er auch den Stern nicht mehr einsetzen. Wo ist das Problem, Asmodis? Gönnst du Belial seinen Erfolg nicht?«
»Welchen Erfolg?«, fragte der Fürst spöttisch. »Er hat mehrere Anschläge verübt, und Zamorra lebt immer noch!«
»Aber er leidet, und auch das ist wichtig. Hast du es vergessen? Hast du dich in all den Jahrtausenden schon so weit von der Basis entfernt, dass du die Grundsätze nicht mehr kennst? Zamorra ist verunsichert und leidet. Daraus gewinnt unsere Sphäre Kraft, wie aus jedem, der leidet durch unsere Manipulationen. Belial handelt so, wie es sein soll. Vergiss das nicht.«
»Wir zwei waren schon oft unterschiedlicher Meinung«, sagte Asmodis. »Und oft hatte ich Recht.«
»Unrecht zu haben, kannst du mir vorwerfen, wenn dein Vorgehen sich als richtig erwiesen hat. Aber noch ist es nicht soweit, und bis dahin folgst du meinem Befehl. Lass Belial agieren. Er ist der einzige, der den Mut aufbrachte, selbstständig anzugreifen.«
»Herr, du weißt, dass du damit meine Autorität untergräbst?«
»Wessen Autorität ist höher einzuschätzen, deine oder meine?«, fragte Lucifuge Rofocale. »Du hast meine Erlaubnis, jetzt zu gehen.«
Asmodis tobte innerlich. Immerhin hatte Lucifuge Rofocale ihn nicht öffentlich zurechtgewiesen, sondern das im Gespräch unter vier Hörnern erledigt. Aber was half es, wenn Belial damit freie Hand bekam?
In zwei Punkten hatte Lucifuge Rofocale Recht: Belial verstand es, Zamorra Seelenqual zu verursachen. Das hatte Asmodis nicht bedacht. Aber nun gönnte er Belial einen eventuellen Erfolg erst recht nicht mehr. Auch diese Rivalität hatte Satans Ministerpräsident richtig erkannt.
Asmodis blieb jetzt praktisch nur noch die Möglichkeit, Belial zuvorzukommen. Wenn er Zamorra tötete, sammelte er Pluspunkte bei LUZIFER, weil er dessen Auftrag aus der Zukunft ausführte. Vielleicht wartete der KAISER sogar darauf.
»Wenn es so ist, will ich dich nicht enttäuschen«, murmelte Asmodis. »Schließlich schulde ich dir meine Existenz …«
Die Zeitreisenden:
Der schwarze Taxifahrer warf immer wieder mal einen Blick in den Rückspiegel. Den hatte er mit einer schnellen Handbewegung, von der er irrtümlich glaubte, seine Fahrgäste hätten sie nicht bemerkt, so eingestellt, dass er damit weniger den nachfolgenden Verkehr beobachten konnte, sondern eher Nicole Duvals atemberaubendes Dekollete. Vermutlich hatte er noch nie eine Frau im hautengen Lederdress befördert, die den Reißverschluss bis zum Bauchnabel geöffnet hatte. Das Taxi parkte jetzt in einer Haltebucht für Busse; einen anderen Platz hatte der Fahrer auf die Schnelle nicht gefunden.
Zamorra unterhielt sich mit Nicole auf deutsch, eine der Sprachen, die sie beide perfekt beherrschten, und Nicole hatte sich telepathisch davon vergewissert, dass der Taxifahrer kein Wort von dem verstand, was sie zu besprechen hatten.
Der Dämonenjäger zog die zusammengefalteten Ausdrucke hervor, die er vor ihrer Zeitreise eingesteckt hatte. »Vielleicht hätten wir vorher einen Blick darauf werfen sollen«, sagte er.
Es handelte sich um weitere Zeitungsartikel, die Pascal Lafitte aufgetrieben hatte. Wie er daran gekommen war, blieb ein Rätsel; immerhin war anno '73 an Computerarchive heutigen Verständnisses nicht mal zu denken. Allerdings gab es Mikrofilm-Archive. Wahrscheinlich waren die microfiche
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