Zeit der Träume
der Festungsmauer. Er trat neben sie, damit sie Moe gemeinsam betrachten konnten. »Damals war er noch um einiges kleiner. Ich wollte einen Artikel übers Tierheim schreiben, und er kam angewackelt und sah mich an, als wolle er sagen: ›Okay, ich habe auf dich gewartet. Lass uns nach Hause gehen.‹ Ich hatte gar keine andere Wahl.«
»Wofür steht Moe? Für Mountain?«
»Er sieht aus wie Moe. Sie wissen schon, Moe Howard.« Als sie ihn verständnislos anblickte, seufzte Flynn. »Frauen wissen gar nicht, was sie verpassen, wenn sie seine Sendung nicht kennen.«
»Doch, das wissen wir. Wir verpassen dieses Ereignis nämlich absichtlich.« Sie merkte plötzlich, wie dicht sie nebeneinander standen und trat einen Schritt zurück. »War sonst noch was?«
»Ich habe im Internet über die Typen recherchiert, die in Warrior’s Peak wohnen. Liam Pitte. Rowena O’Meara. Zumindest sind das die Namen, die sie verwenden.«
»Warum sollten es nicht ihre echten Namen sein?«
»Weil ich mit meinen unglaublichen Fähigkeiten und Talenten herausgefunden habe, dass es unter diesen Namen nichts gibt, was mit den neuen Besitzern des Hauses übereinstimmt. Keine Versicherungs- oder Passnummern, keinen Führerschein, keine Zeugnisse. Keine Geschäftsunterlagen für Triade, zumindest keine, die in irgendeiner Verbindung zu ihnen stehen.«
»Es sind keine Amerikaner«, begann Malory, aber dann stieß sie die Luft aus. »Okay, keine Passnummern. Vielleicht haben Sie sie nur noch nicht herausgefunden, oder sie haben das Haus unter anderen Namen gekauft.«
»Vielleicht. Es wäre sicher interessant, das herauszufinden, denn im Moment sieht es so aus, als wären sie direkt vom Himmel gefallen.«
»Ich möchte gern mehr über die Glastöchter wissen. Je mehr ich über sie weiß, desto besser sind meine Chancen, den Schlüssel zu finden.«
»Ich rufe meine Großmutter an und lasse mir mehr Details über die Geschichte geben. Morgen beim Abendessen kann ich es Ihnen dann erzählen.«
Sie blickte ihn nachdenklich an und schaute noch einmal auf den Hund. Er war bereit, ihr zu helfen, und sie hatte nur vier Wochen Zeit. Auf der persönlichen Ebene konnte sie sich ja zurückhalten. Sie würde freundlich mit ihm umgehen, jedenfalls so lange, bis sie sich darüber im Klaren war, wie sie ihm begegnen wollte.
»Wollen Sie einen Tisch für zwei oder für drei bestellen?«
»Für zwei.«
»Na gut. Sie können mich um sieben abholen.«
»Toll.«
»Und Sie können da hinausgehen.« Sie wies auf die Terrassentür.
»Kein Problem.« Er trat zur Tür und blickte sich noch einmal um. »Sie sind wirklich hübsch«, sagte er, dann zwängte er sich durch den Türspalt.
Sie sah ihm zu, wie er den Hund losband, und rückwärts taumelte, als Moe ihn ansprang und ihm das Gesicht leckte. Erst als die beiden um die Ecke verschwunden waren, begann sie zu grinsen.
5
Malory fand Zoes kleines Haus ohne weiteres. Es war nur eine winzige Schachtel auf einem schmalen Grundstück, aber es war fröhlich gelb angestrichen, und zu beiden Seiten der Haustür standen üppig wuchernde Blumenkübel.
Selbst wenn Malory die Adresse nicht mehr genau gewusst hätte, so hätte sie doch Zoes Auto erkannt. Außerdem spielte ihr kleiner Junge im Vorgarten mit einem Ball.
Er sah seiner Mutter verblüffend ähnlich, mit seinen dunklen Haaren und den großen Augen in dem schmalen Gesicht. Er trug eine Jeans und ein Pittsburgh-Pirates-T-Shirt.
Als er Malory entdeckte, blieb er breitbeinig stehen und beäugte sie mit dem vorsichtigen und ein wenig arroganten Gesichtsausdruck eines kleinen Jungen, dem man eingetrichtert hatte, nicht mit Fremden zu reden, der aber eigentlich glaubte, er sei alt genug, um auf sich selber aufpassen zu können.
»Du bist bestimmt Simon. Ich bin Malory Price, eine Freundin deiner Mutter.« Lächelnd ließ sie zu, dass er sie musterte, wobei sie dachte, wie schade es war, dass sie nicht mehr von Baseball verstand.
»Sie ist im Haus. Ich kann sie holen.« Er ging zur Tür und schrie: »Mom! Eine Frau will dich besuchen.«
Kurz darauf stand Zoe in der Tür und trocknete sich die Hände mit einem Geschirrtuch ab. Obwohl sie nur Shorts und eine alte Bluse trug und barfuß war, gelang es ihr, exotisch zu wirken.
»Oh. Malory.« Sie knöpfte rasch ihre Bluse ein wenig weiter zu. »Ich habe dich nicht erwartet...«
»Wenn es dir jetzt nicht passt...«
»Nein, nein. Simon, das ist Miss Price, eine der Damen, mit denen ich für eine Zeit lang
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