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Zeit der Wut

Zeit der Wut

Titel: Zeit der Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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nicht. Gefährlich, weil auch Mastino davon erfahren hätte.
    – Eines Tages werfen sie uns ins Gefängnis, Lupo. Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.
    – Auch ich würde mich gerne an die Regeln halten, glaub mir. Aber Regeln funktionieren nur in einem normalen Land. In einer normalen Welt. Und ich glaube schon lange nicht mehr an die Normalität des einen wie des anderen – der Welt und Italiens.
    Bei dieser Angelegenheit gab es zu viele ungeklärte Punkte. Über einige Zusammenhänge, die er allmählich erahnte, konnte Lupo nicht einmal mit Daria sprechen, auch wenn er ihr noch so sehr vertraute. Es gab Informationen, die er niemandem weitergeben konnte. Zumindest im Augenblick nicht. Er konnte nur dafür sorgen, dass auch Daria etwas ahnte. Immerhin hatte er sie darauf hingewiesen, dass Dantini hartnäckig von der „ersten Ebene“ sprach.
    – Was darauf schließen lässt, dass es andere … übergeordnete Ebenen gibt.
    Daria hatte sofort begriffen, worum es ging. Bei der Inszenierung ging es nicht nur darum, dass ein paar korrupte Bullen sich reinwaschen wollten, sondern es sollten viel größere Interessen gewahrt werden. Wenn es Mastino bloß um die eigene Person gegangen wäre, hätte er Dantini von einem seiner Handlanger über den Haufen fahren lassen, er hätte eine viel weniger theatralische Möglichkeit gefunden, sich seiner zu entledigen. Hinter den Kulissen verbarg sich eine Botschaft. Die Lupo allerdings noch nicht entziffern konnte.
    – Hat es mit Mastinos Wechsel zur Anti-Terror-Einheit zu tun?, hatte Daria gefragt.
    – Vielleicht. Aber das reicht noch immer nicht. Auf jeden Fall müssen wir herauskriegen, wer dieses Mädchen ist. Nur Guido kann es uns sagen.
    Aber der Junge wollte einfach nicht aus seinem Schlaf erwachen. Seitdem er das Beatmungsgerät nicht mehr brauchte, schlief er auf einem Bauernhof in der Maremma, wo er von Lupos besten Leuten ständig bewacht wurde. Doktor Fera, der ihn jedes Wochenende besuchte, wiederholte unablässig, dass in klinischer Hinsicht alles bestens verlief. Dass man die Hoffnung nicht aufgeben durfte. So blieb Daria und Lupo nichts anderes übrig als Stunden am Computer zu verbringen und auf Websites aus der halben Welt ein Foto zu suchen, das jenem Mädchen ähnlich sah, deren bearbeitetes Foto mitten auf dem Bildschirm prangte.
    Ein hübsches slawisches Gesicht. Lange blonde Haare mit einer unbändigen Welle. Augen, die halb grün und halb blau waren und in denen, als sie während der Aktion verewigt wurden, eine grausame Gleichgültigkeit aufblitzte … eine Beschreibung, die auf ein paar Millionen Menschen passte. Das war alles, was sie über sie wussten.
    Es fehlte vor allem ein Name.

5.
    Alissa ist wieder da …
    Auf diese Weise teilte sie dem Kommandanten mit, dass die Mission beendet war.
    – Erzähl mir alles.
    – Es gibt nichts zu sagen. Es ist alles nach Plan gelaufen.
    – Verbirgst du mir etwas?
    Es war unmöglich, seinem scharfen Blick zu entgehen. Als Rossana ihm gestand, einen Augenblick lang gezögert zu haben, seufzte der Kommandant.
    – Du hast also versucht, dem jungen Idioten die Haut zu retten.
    – Wir hätten ihn nicht gebraucht. Ich wäre auch sehr gut alleine zurechtgekommen.
    – Wir haben den Einwand zur Kenntnis genommen und verworfen, meine Liebe. In Zukunft möchte ich nicht mehr darüber sprechen müssen.
    – Es wird nicht mehr vorkommen.
    – Du kannst dich ja mit dem Gedanken trösten, dass sich der Junge nichts sehnlicher wünschte, als den Heldentod zu sterben. Und den hast du ihm geschenkt …
    – Wenn es nicht so viele Jungs gäbe, die sich nichts sehnlicher als den Heldentod wünschen, wäre ich jetzt nicht hier bei dir.
    – Bereust du es?
    – Nein.
    Nein. Alissa bereute es nicht. Und sie würde sich nicht umdrehen, um den Scherbenhaufen zu betrachten, der ihr Leben gewesen war, bevor sie den Kommandanten kennengelernt hatte. Das wäre nicht fair gewesen. Und selbst wenn Guido oder zehn oder auch tausend von seiner Sorte dafür zahlen mussten, dass sie all das behielt, was sie jetzt besaß, dann würde sie es zulassen. Und sie würde sich nicht von Gefühlen übermannen lassen. Niemand auf dieser Welt hatte eine Träne oder ein Lachen verdient. Niemand, außer der Kommandant. Alissa schnappte sich das Crystal Meth und bedankte sich mit einer freundlichen Geste bei dem bengalischen Diener, der dankbar zurücklächelte. An diesem Abend hatte sie ihre Haare zu einem Pagenkopf frisiert, der die

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