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Zeit der Wut

Zeit der Wut

Titel: Zeit der Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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man fest, dass man ihm ähnlich ist … in den Briefen aus dem Gefängnis hat Ihr Vater in herzzerreißendem Ton über Sie gesprochen.
    – Ach, die Briefe? Lauter Lügen. Das war doch nur eine mit den Anwälten abgekartete Strategie. Die Wiederentdeckung der Familie, der erneuerte Glaube, die Wiederbesinnung auf die Werte … ich weiß, welche Werte meinem Vater am Herzen lagen: Vermögenswerte!
    Der Polizist blickte ihn streng an.
    – Sie sind genauso wie Ihr Vater.
    Guido stieg das Blut in die Augen.
    – Gehen Sie nicht zu weit. Mein Vater war ein korrupter Mann, verdorben bis ins Mark. Wenn sie sich getraut hätten, hätten ihm die Richter lebenslang gegeben.
    – Korruption hat nichts damit zu tun. Er hat geschwiegen, hat Widerstand geleistet, und letzten Endes haben sie ihn freigelassen, sich entschuldigt und ihm die ganze Beute zurückerstattet. Ihr Vater hat gesiegt. Deshalb sage ich, dass ihr euch ähnelt. Auch Sie leisten Widerstand, weil Sie siegen wollen. Um den Rest kümmern Sie sich nicht. Nicht einmal um Ihr Leben.
    Das war zu viel. Guido verschränkte die Arme, grinste verächtlich, hob theatralisch die geballte Faust.
    Einen Augenblick lang gab Lupo seine sprichwörtliche Gelassenheit auf und ließ sich zu einer wütenden Geste hinreißen. Na schön. Das Spiel war verloren. Mit seinem rasierten Gesicht, den leicht gebräunten Wangen, dem erregten Blick, den schwarzen Jeans und dem schwarzen T-Shirt, die er endlich tragen durfte, nachdem er wochenlang in Overall und Pyjama gesteckt hatte, war dieser Junge immer noch das, was er immer gewesen war und was er nie akzeptieren würde. Ein ungeliebtes, verwahrlostes Kind. Was für eine absurde Verschwendung! Aber für wohlwollende Psychologie fehlte die Zeit. So wie die Dinge standen, konnte nur noch eine Schocktherapie helfen.
    – Sie werden nicht ins Gefängnis wandern.
    Auf dem Gesicht des Polizisten lag derselbe bösartige Ausdruck, den Guido im Gesicht seines Großvaters wahrgenommen hatte, als der Krebs ihn auffraß. Er stellte fest, dass er sich in Bezug auf ihn getäuscht hatte. Und er beglückwünschte sich, dass er nicht auf seine Lockangebote hereingefallen war.
    Am Morgen darauf erhielt Guido zum Frühstück eine Pressemappe. Und er stellte fest, dass er ein toter Mann war.

8.
    Am späten Nachmittag, als starker Südwestwind anhob und das unmittelbar bevorstehende Gewitter von immer häufiger werdenden dumpfen Donnerschlägen angekündigt wurde, kamen zwei Männer, die er noch nie zuvor gesehen hatte, in sein Zimmer und befahlen ihm, sich anzuziehen. Guido folgte ihnen in den Garten, scheinbar resigniert.
    – Wir ziehen um, Junge, und keine üblen Tricks!
    In den langen Stunden nach der Offenbarung hatte er beschlossen zu fliehen. Jetzt begriff er, was es bedeutete, als der Bulle zu ihm gesagt hatte, er würde ihm „sein Leben schenken“. Der Bulle hatte ihm ein Übereinkommen vorgeschlagen, und er hatte abgelehnt. Die Entschlossenheit seines Blicks hatte ihm klargemacht, dass es nun ernst wurde. Lieber alles auf eine Karte setzen und dem Ganzen ein Ende bereiten als Folter oder Drogensucht. Der Kontakt mit der Luft, in der man schon den bevorstehenden Regen roch, verlieh ihm neue Energie. Mittlerweile kannte er sich hier gut aus. Die Entfernung vom Bauernhaus zum Tor betrug sieben- bis achthundert Meter. Davor stand ein Geländewagen mit laufendem Motor. Am Steuer sah er die Umrisse des Chauffeurs. Das Tor war offen. Offensichtlich wollten sie keine Zeit mit der Fernbedienung verlieren. Und sie waren sich ihrer Sache sicher. Ein Adrenalinschub raubte ihm einen Augenblick lang die Sicht. Er musste zum Auto gehen und dann würde er versuchen … drei durchtrainierte Männer, drei bewaffnete Profis zu überwältigen! Angesichts seiner Unterlegenheit, sowohl seiner körperlichen als auch seiner strategischen, verlor er augenblicklich jeden Enthusiasmus. Ich werde es nie schaffen. Lieber klein beigeben. Sie werden mich wieder ins Gefängnis stecken. Sie lassen mich verschwinden, und man wird mich für immer vergessen. Aber wenigstens Rossana ist in Sicherheit … auf einen gefährlich nahen Blitz folgte dann plötzlich ein lauter Donner. Auf der Straße und in der Villa ging augenblicklich das Licht aus, der Garten versank in Dunkelheit, während dichter Regen auf die Felder niederprasselte. Eine unheilvolle Sirene schrillte.
    – Der Hauptalarm. Wie immer bei diesen verdammten Wolkenbrüchen.
    – Nein. Das ist die Alarmglocke auf der

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