Zeit der Wut
beschloss, mit dem Fluchen aufzuhören und das Wort seinem wieder auferstandenen Freund zu überlassen. So erfuhren sie von dem Vorhaben, Mamoud zu befreien. Von der Rekrutierung. Von dem Attentat. Und von Rossana. Was seine Absichten in unmittelbarer Zukunft anbelangte, machte Guido keine eindeutigen Aussagen.
– Eines verstehe ich nicht, hatte Flavio am Ende gesagt, wobei er so herzhaft gähnte, dass er sich fast den Kiefer ausrenkte.
– Zuerst versucht ein Bulle dich umzulegen, dann rettet dich ein anderer …
– Was soll ich dir sagen? Der, der aussieht wie ein sizilianischer Baron, ist offenbar ein anständiger Mensch.
Daria lächelte ihn an, aber Lupo zuckte mit keiner Wimper.
– Wir haben einen Namen, hatte er sie kurz angebunden und professionell unterbrochen, und unsere schlimmsten Befürchtungen sind bestätigt worden. Wir haben einen Namen und bald haben wir auch das Mädchen.
5.
Diesmal hatte Salah der Affe die Sache durchgezogen.
Sogar als Perro die Geduld verloren und zuerst wie ein Adler zu kreischen und dann die Fäuste zu schwingen begonnen hatte, gab er keine Handbreit nach.
– Entweder spreche ich mit deinem Chef oder ich sage gar nichts …
Mastino hatte ein vielversprechendes Vorgespräch mit einem Möchtegernmodel, das zwar relativ kleine Titten hatte, aber dafür sehr willig war, unterbrechen und sich in ein dreckiges Kellerlokal an der Laurentina begeben müssen.
– Zwei neue Brüder angekommen. Sie kommen aus Brescia. Es sind Schiiten. Sie wollen neue Moschee errichten …
– Na und?
– Sie nehmen den Mund sehr voll …
– Was willst du damit sagen?
– Gefährliche Reden, Chef …
– Sind doch nur Worte …
– Nein. Diesmal ist es was Ernstes.
– Los, rede!
Salah hatte sich der Euphorie des Augenblicks hingegeben. Einer Euphorie, die er genoss, seitdem er nicht weniger als sein Leben in die Hand der beiden Polizisten gelegt hatte.
– Zuerst will ich bekommen, was ihr mir versprochen habt.
– Rede und dann bekommst du alles, was du willst.
– Nein. Die Brüder haben mit mir gesprochen, weil sie mir vertrauen. Wenn ihr herausfindet, worum es sich handelt, werdet ihr sofort beschließen zu handeln. Und wenn ihr handelt, wissen die Brüder sofort, dass ich euch zu ihnen gebracht habe. Ich muss sofort verschwinden, Chef.
– Ich hab nicht so viel Geld bei mir, verdammt!
– Dann musst du warten.
Mastino stöberte den Kommandanten auf. Er sagte, der Araber habe sie an den Eiern, aber vielleicht handele es sich um eine große Sache. Der Kommandant gab rasche Befehle.
– Wir sehen uns morgen. Selber Ort, selbe Zeit. Wenn du was zu verkaufen hast, das es wert ist, wirst du bekommen, was dir zusteht, hatte Mastino abschließend gesagt.
Am nächsten Vormittag überreichten sie dem Araber einen funkelnagelneuen Pass und fünfzigtausend Euro in bar. Als Salah endlich redete, tauschten Mastino und Perro einen vielsagenden Blick aus. Ja, es handelte sich tatsächlich um eine große Sache. Um eine brandheiße Sache. Der Kommandant würde sehr, sehr zufrieden sein. Und bald würde es viel, sehr viel Lärm geben.
– Ich gehe jetzt.
Mastino nickte. Dann machte er Perro ein Zeichen. Der Araber hatte gerade erst den Türknauf gedreht, als Perro ihn beim Namen rief. Salah drehte sich um. Und Perro verpasste ihm eine Kugel ins linke Auge. Während Salah starb, hatte er noch genug Zeit zu denken, dass er nicht ins Paradies kommen würde. Weder ins Paradies seiner Väter, das er abgelehnt hatte, noch in das der Christen. Verräter sind nicht beliebt. Mastino und Perro sammelten Geld und Pass ein, beseitigten die Spuren, legten die Leiche in den Kofferraum eines alten Fiat 132, der seit Jahren nicht mehr verkehrstauglich war, und übergaben das Ganze einem befreundeten Autoverschrotter. Mithilfe einer gewaltigen mechanischen Presse sorgte er dafür, dass die Spuren des Metalls und des verblichenen Salah, genannt der Affe, von der Erdoberfläche verschwanden. Ja, der Kommandant war wirklich zufrieden und überreichte ihnen eine schöne Belohnung.
Mastino und Perro ließen den Abend mit zwei brasilianischen Nutten ausklingen, die neu in der Hauptstadt waren.
6.
Guido hatte sich drei Tage lang nicht von der Stelle gerührt. Flavio hingegen war ununterbrochen unterwegs. Die Polizisten, die damit beauftragt waren, ihn zu beschatten, berichteten, dass er immer wieder an der Wohnung in der Via delle Tre Madonne vorbeiging. An Guidos Haus. Die Telefonüberwachung hatte das
Weitere Kostenlose Bücher