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Zeit der Wut

Zeit der Wut

Titel: Zeit der Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Geheimnis gelüftet.
    – Da drinnen ist Geld. Ich muss es holen.
    – Ich kann dir versichern, dass es nicht überwacht wird. Ich bin mindestens zehnmal daran vorbeigegangen.
    – Merkwürdig.
    – Nein, glaub mir. Meiner Meinung nach glauben die, dass du nicht so dumm bist und nach Hause gehst, während sie dich suchen.
    – Mag sein. Und was ist mit Rossana?
    – Nichts. Ich habe bei den Genossen ihren Namen fallen lassen, aber keiner weiß was. Nie gesehen, nie gehört, weder früher noch später …
    Daria hatte sich aufgeregt.
    – Er weiß nicht, wo sie ist. Er sucht sie ebenfalls. Wir vergeuden mit diesem Jungen nur Zeit.
    Lupo hatte ihr widersprochen.
    – Schön langsam stellt er sich die richtigen Fragen. Er beginnt zu denken. Er weiß, wo sie sich versteckt. Oder wo sie sich verstecken könnte. Erinnere dich, was er zu Flavio gesagt hat: Wir waren eine Zeit lang bei ihr.
    – Ja, du hast recht. Wir waren eine Zeit lang bei ihr … und dann hat Flavio gefragt: Hast du sie gefickt? Die muss ja wirklich eine Wucht sein, diese Rossana.
    – Tja, du hast ja die Fotos gesehen. Ach übrigens, entschuldige … Neid steht dir nicht.
    – Neid hat damit nichts zu tun. Sondern … ach, geh zum Teufel, Lupo. Wenn die Dinge wirklich so liegen, wie du glaubst, hat der Junge sogar begriffen, dass wir ihn haben laufen lassen …
    – Durchaus möglich, Daria. Das wäre durchaus möglich.
    – Was sollen wir dann tun? Darauf warten, dass er bei dem Moldawier alt wird? Dass er zufällig irgendeiner Verkehrskontrolle in die Arme läuft? Dass er …
    – Glaub mir, letzten Endes wird seine Impulsivität siegen. Im Augenblick beherrscht er sich noch, bald wird er nachgeben. Glaub mir. Die Zeit ist auf unserer Seite.
    Ja, Guido hatte begriffen, worin das Spiel bestand. Er wusste, dass man ihm folgte, dass man ihn jeden Augenblick überwachte. Der sizilianische Polizist, den er bei sich als Baron bezeichnete, war wirklich raffiniert. Es bestand kein Zweifel daran, dass er ihn hatte gehen lassen. Als die Euphorie der Aktion verflogen war, stellte Guido fest, dass er nach wie vor nur Werkzeug in den Händen der anderen war. Es war alles zu einfach gewesen. Der Baron hielt seine schützende Hand über ihn. Das war die Erklärung dafür, dass er so viel Glück gehabt hatte. Aber ich werde ihn nicht zu Rossana führen. Ich werde nicht in die Wohnung am Pigneto gehen. Außer ich kann mir einen Vorteil verschaffen. Außer ich kann sie austricksen.
    Flavio hatte sich sehr gewundert, als Guido beschloss, die Baracke mitten am Tag zu verlassen. Und die Verwunderung war in Paranoia übergegangen, als er ihm eine Nachricht auf einen Zettel schrieb: „Wir werden abgehört. Sag nichts. Ich gehe jetzt. Und auch du musst gehen. Wir werden uns nicht wieder sehen. Danke für alles.“ Lupo und Daria hatten miterlebt, wie er in die Wohnung in der Via delle Tre Madonne gegangen war, die seit dem Tag der Flucht entsprechend verwanzt war. Als der Junge ziemlich theatralisch geschrieen hatte: „Ich weiß, dass ihr mir zuhört. Ich weiß es, und ich scheiß drauf. Ich werde euch nicht zu ihr führen“, hatte Lupo gelächelt. Der Junge hatte immerhin einen gewissen Stil, das musste man ihm zugestehen. Doch dann war die Symphonie der Geräusche – Schritte, keuchender Atem – plötzlich in einen empörten Schrei übergegangen, der ausnahmsweise echt war.
    „In diesem Safe waren zweihunderttausend Euro! Deine Freunde haben sie geklaut. Oder deine Feinde. Schreib dir das auf, Baron.“
    – Er hat dich Baron genannt.
    – Haben wir etwa das Geld beschlagnahmt, Daria?
    – Ich würde sagen, nein.
    – Wer hat denn die Durchsuchung gemacht?
    – Perro und Mastino. Wer sonst? Die beiden sind wirklich zu allem fähig.
    – Und auch noch zu viel Schlimmerem, glaub mir.
    Der Junge sagte etwas über eine kleine Statue. Sein Tonfall war sarkastisch. Offensichtlich hatten sich der kleine Mastino und der fette Perro auf das Bargeld gestürzt und eine Skulptur von Giacometti übersehen. Wahrscheinlich war ihrer dilettantischen Meinung zufolge das Werk des Schweizer Künstlers nicht mehr wert als eine Krippenfigur aus Neapel.
    Später, als der Junge die elterliche Wohnung bereits wieder verlassen hatte, ertappte sich Lupo dabei, dass er Mastino und Perro in gewisser Weise dankbar war.
    – Ohne es zu wollen, haben sie uns einen Gefallen erwiesen. Er hätte mit dem Geld fliehen können, aber vor allem hätte er damit einen Ort erreichen können, von dem aus er

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