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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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der ihren eigenen widerspiegelte, beschwichtigend hinzu: »Zumindest die Jiga-Vogel-Händler müssen ihre Possen noch ziemlich verbessern, bevor ich meine Aufmerksamkeit von deinem Charme abwende.« Der versöhnliche Ton seiner Bemerkung ging nicht spurlos an ihr vorüber; sie fluchte über die starke Macht, die er über sie hatte, darüber, daß selbst eine solch kleine Bemerkung sich wie ein Verweis anhören konnte.
    Er stand auf. Niemals ganz so leise wie ein tsuranischer Krieger, doch genauso selbstsicher, trat er zu ihr und legte seine Arme um ihre Schultern. »Du bist mein kleiner Lieblingsvogel im ganzen Kaiserreich«, murmelte er. »Wunderbar weich, und dein Gesang ist die Freude meines Herzens.«
    Er ging hinaus, mit einer verschmitzten Bemerkung, die eine ihrer Zofen mit einem unangemessenen Lachanfall quittierte. Wenn er bemerkt hatte, daß die Lady in seinen Armen steifer war als sonst, so schob er das sicherlich auf die Nadeln, mit denen die Zofe ihre langen Locken hochsteckte.

    Die sorgfältige Frisur hätte ihn warnen müssen. Sie war so hoch aufgetürmt, daß sie gemäß den tsuranischen Gepflogenheiten überaus beeindruckend wirken mußte; Dutzende von Jade-und Diamantnadeln hielten die Haare fest, die von einem gefiederten Diadem aus Corcora-Perlmutt gekrönt wurden.
    »Gehen wir zum Kaiserlichen Palast?« wollte Kevin wissen, als er seine Augen lange genug von ihr abwandte, um Arakasi unter der Ehrengarde zu bemerken – verkleidet als Buchhalter.
    Der Befehlshaber der Eskorte trug seine Zeremonienrüstung und seinen imposantesten Federbusch. Sein Speer und sein Helm waren mit Bändern geschmückt, und da die Schleifen nicht gut zu den ausgedehnten Märschen durch überfüllte Straßen paßten – ganz zu schweigen von einem Kampf –, mußte eine wichtige Person hinter dem Grund für all den Pomp stecken.
    »Wir besuchen einen Offiziellen des Kaisers«, erklärte Mara. Ihre Stimme klang spröde. Sie ließ sich von Arakasi in die Sänfte helfen. Er eignete sich dafür besser als der Befehlshaber, der zwar sehr gut mit seinem Schwert umgehen konnte, sich jedoch ungeschickt anstellte, wenn er einer Lady behilflich sein sollte, die nicht nur Sandalen mit hohen Absätzen und acht Schichten von Gewändern trug, sondern auch eine Kopfbedeckung, die jede Krone, die bei der Krönung eines Königs des Königreiches der Inseln verwendet worden war, zehnmal in den Schatten gestellt hätte.
    »Du siehst aus wie der Zuckerguß auf einem Hochzeitskuchen«, bemerkte Kevin. »Ist diese Persönlichkeit wichtig?«
    Immerhin entlockte er ihr ein Lächeln, auch wenn der Ausdruck auf dem bemalten, gepuderten Gesicht seltsam steif wirkte. »Er hält sich für wichtig. Doch wenn man um einen Gefallen bittet, verliert der Unterschied an Bedeutung.« Besorgt um ihre Aufmachung ließ Mara sich auf den Kissen nieder. »Schließt bitte die Vorhänge«, forderte sie Arakasi auf.
    Als die Träger die Sänftenstangen aufnahmen und losmarschierten, folgte Kevin ihnen verblüfft. Er nahm an, daß Mara allein sein wollte, um glotzende Zuschauer zu entmutigen und ihr Kostüm vor Staub zu bewahren. Seine lebhafte Stimmung hielt sich den ganzen langen Weg bis zum Kaiserlichen Palast, und nicht einmal das mühsame Protokoll der verschiedenen Tor-und Türhüter konnte ihm etwas anhaben. Seit er sich an die große Bedeutung von Zeremonien gewöhnt hatte, die alle Angelegenheiten im Kaiserreich begleiteten, war ihm auch die zugrundeliegende Absicht klargeworden. Kein noch so unwichtiger Offizieller wurde jemals von jemandem mit niedrigem Rang rüde unterbrochen. Herrscher oder Herrscherinnen wurden nicht unvorbereitet von einem Besucher aufgesucht; die tsuranischen Gepflogenheiten stellten sicher, daß, abhängig vom jeweiligen Rang, alles ordnungsgemäß verlief, daß die entscheidenden Papiere, Kleider oder Erfrischungen ab dem Augenblick an Ort und Stelle waren, da der Gast endlich über die Türschwelle trat.
    Der Hüter des Kaiserlichen Siegels war gut vorbereitet, als sein Sekretär schließlich Mara und ihre Gefolgschaft in das Audienzzimmer ließ. Die Kissen waren frisch aufgebauscht, seit der letzte Besucher gegangen war, und ein Tablett mit frischem Obst und Säften stand auf dem kleinen Beistelltisch. Der Kaiserliche Beamte trug seine Robe, die schwere Kette – das Zeichen seines Amtes – war gerade zurechtgerückt, und er besaß trotz seines fleischigen Körpers eine würdevolle Haltung.
    Er war ein Mann mittleren Alters

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