Zeit des Aufbruchs
Hohen Rates versuchen würde, ihre Unstimmigkeiten mit dem Kaiser zu lösen, würde der Mann, den sie mehr liebte als alles andere, weit entfernt in einer anderen Welt sein.
Immer wieder wachte sie auf, wenn sie die Hand ausstreckte und der Platz neben ihr leer war, dort, wo er sonst gelegen hatte. Oder sie schreckte hoch, eine Vision von Tasaio von den Minwanabi vor Augen, der ein Opferschwert über den ausgeweideten Körper ihres Sohnes hielt. Sie begann zu beten und bat Lashima um Einsicht für das Wunder, das sie benötigte, wenn sie den Feind zurückhalten wollte, dem es mehr um Macht ging als um Frieden, der den Natami ihrer Ahnen kopfunter begraben würde, für immer fern vom Sonnenlicht. Vergrämt und elend gab sie es schließlich auf, so zu tun, als würde sie ruhen. Sie schritt in ihren Gemächern auf und ab, bis es dämmerte, dann rief sie ihre Vertrauten zu einer Beratung zusammen.
Der Butana blies noch immer kräftig. Seine peitschenden, unermüdlichen Böen zerrten an den Gittern und Läden, als Mara, ihr Kommandeur und ihr Erster Berater sich in ihrem Gemach versammelten.
Mit rauher Stimme, als wäre ihr Hals mit Sand ausgerieben worden, eröffnete die Lady der Acoma das Gespräch. »Ich habe einen Tag Zeit, mich auf die Konfrontation zwischen dem Kaiser und den Minwanabi vorzubereiten.«
Saric bewies ein schmerzlich tiefes Vertrauen in seine Herrin, als er fragte: »Wie sieht Euer Plan aus, Mistress?«
Mara schloß die geschwollenen Augen, sie fühlte sich zutiefst elend. »Ich habe keinen Plan. Solange nicht Ihr oder Euer Cousin etwas bedacht habt, das mir entgangen ist, marschieren wir in diese entscheidende Situation mit nichts als unserem bloßen Verstand. Ich habe dem Lord der Minwanabi versprochen, daß niemand außer ihm den Thron des Kriegsherrn besteigen wird.«
»Nun«, meinte Saric im Tonfall logischer Schlußfolgerung, »dann bleibt als einzige Wahl, daß niemand auf dem Thron des Kriegsherrn sitzt.«
Einen Augenblick lang war nur das Heulen des Butana zu hören. Eine Zofe trat mit einem Tablett Chocha und Gebäck herein und ging leise wieder. Niemand schien an einer Erfrischung interessiert zu sein.
Mara betrachtete die Gesichter, die sie mit unerträglicher Erwartung ansahen. »Nun, wie sollen wir ein Wunder vollbringen?« fragte sie verzweifelt.
Lujan, der von dem Faustkampf mit Kevin noch eine Beule und einige Kratzer an der Wange hatte, schaltete sich ein: »Mistress, genau das ist der Grund, warum alle auf Euch schauen«, sagte er ohne Humor.
Mara starrte trostlos zurück. »Dieses Mal fehlt mir die nötige Phantasie, Lujan.«
Ihr Kommandeur zuckte in völliger Gelassenheit mit den Schultern. »Dann werden wir ehrenhaft dabei sterben, Minwanabi-Hunde zu töten.«
Eine Welle des Protestes erfaßte Mara. »Kevin hat –« Ihre Stimme brach, und die auf sie einstürmenden Gefühle trieben ihr Tränen in die Augen. Sie zwang sich, ihre Trauer und ihren Schmerz zu verdrängen, und fuhr sich mit der feuchten Hand über die Stirn. »Kevin hatte recht. Wir sind ein mörderisches Volk, und wir verschwenden unser Leben, indem wir uns gegenseitig töten.«
Der Butana heulte, rüttelte an den Läden und trieb kalte Windstöße in den Raum. Mara unterdrückte ein Zittern und bemerkte Sarics Bitte, sprechen zu dürfen, nicht sofort. Als sie es sah und ihm ihre Einwilligung gab, stellte er ihre düstere Einschätzung der Lage mit einem Hauch von Ungeduld in Frage. »Mistress, die Antwort ist doch offensichtlich oder nicht? Es macht nichts, wenn die Minwanabi nicht besiegt sind, solange der Kaiser gewinnt, oder?«
Maras Augen weiteten sich. »Erklärt, was Ihr meint.«
Saric suchte nach Worten, um ein Konzept auszuführen, das erst ganz vage in seinem Kopf spukte. »Wenn das Licht des Himmels seine Position festigen kann, das heißt für seine absolute Herrschaft im Hohen Rat genug Unterstützung findet –«
Mara schoß hoch, und die nur leicht festgesteckten Haare lösten sich und fielen in Wellen über ihren Rücken. Sie ignorierte die Zofe, die herbeieilte, um die Unordnung zu beheben, und legte die Stirn in Falten. »Dann könnte er den Minwanabi befehlen …« Sie kämpfte gegen den spontanen Instinkt an, sich jedem Bruch der Tradition zu widersetzen, und bemühte sich, das fremde Konzept absoluter Herrschaft anzunehmen. »Laßt mich jetzt allein«, sagte sie mit plötzlicher Schärfe zu ihren beiden Beratern. »Ich muß über einiges nachdenken.«
Als Saric und Lujan sich
Weitere Kostenlose Bücher