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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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legte sein Kinn darauf. »Muß ich mich wiederholen?«
    »Nein, Mylord«, murmelte Incomo rasch, alarmiert durch den feurigen Glanz, der unter den Augenlidern seines Herrn hindurchschimmerte. »Ich bin nur nicht ganz sicher, was Ihr meint.«
    »Ich möchte, daß einer der Acoma-Spione ganz in meiner Nähe ist.« Tasaio folgte einem Rauchkringel mit den Augen, als würde er ihm Geheimnisse entlocken können. Er fuhr fort: »Ich werde diesen Diener beobachten. Lassen wir ihn glauben, daß er wichtige Unterhaltungen mit anhören kann. Ihr und ich werden wissen, daß nichts von dem, was er hört, wirklich falsch ist; nein. Niemals falsch. Doch wir werden immer in Erinnerung behalten, daß alles, was wir sagen, auch von Mara gehört wird. Die wirklichen Pläne halten wir daher geheim und besprechen sie nur, wenn wir tatsächlich unter uns sind. Die kleinen Dinge, die wir in der Anwesenheit des Spions sagen, werden wir ihm als Köder vor die Füße werfen. Ich möchte, daß dieser Diener beobachtet wird, daß man ihm folgt, bis wir das Spionage-Netzwerk der Acoma unterwandert haben.«
    Incomo verbeugte sich. »Gibt es sonst noch etwas, Mylord?«
    Tasaio setzte die Pfeife an die Lippen und nahm wieder einen tiefen Lungenzug von dem berauschenden Rauch. »Nein. Ich bin müde. Ich werde schlafen. Gleich bei Tagesanbruch morgen früh werde ich jagen. Dann werde ich mit Euch und den anderen Beratern essen. Gegen Mittag werde ich heiraten, und den Nachmittag hindurch werden wir die Hochzeit feiern. Laßt aus den nahe gelegenen Dörfern Artisten und Musikanten kommen.« Aus Tasaio sprach nichts als kühle Berechnung, und er endete: »Geht jetzt.«
    Der Erste Berater der Minwanabi zog sich zurück. Während er in seine eigenen Räume zurückkehrte, beschloß er, daß es an der Zeit wäre, mit der Abfassung seines Todesgebetes zu beginnen. Ein vorsichtiger Mensch wandte sich dieser Aufgabe zu, wenn er in die Jahre kam, damit sein letzter Wunsch den Göttern von einer ihn überlebenden Person vorgetragen werden konnte. Es schien bereits gefährlich genug, sich der Zerstörung der Lady der Acoma zu verpflichten, doch als Ziel den neuen Kriegsherrn auszuwählen, der über die Leichen von fünf anderen Bewerbern an die Macht gekommen war, kam einem Selbstmord gleich.
    Als Incomo die formelle Amtsrobe ablegte, machte er sich nicht die Mühe zu überlegen, ob Tasaios Pläne wohl ein Traum waren und sich mit dem Tateesha-Qualm in Luft auflösen würden – die Augen unter den schweren Lidern waren von zu gefährlicher Klarheit gewesen. Seufzend über die Nachteile der steifen Gelenke kniete Incomo sich vor den Schreibtisch. Drei Lords der Minwanabi waren vor Tasaio seine Herren gewesen, und wenn er sie auch nicht hatte bewundern können, so hatte er sich doch verpflichtet, ihnen mit seinem Geist und Willen, wenn nötig auch mit seinem Leben zu dienen. Er holte tief Luft, nahm die Feder auf und begann zu schreiben.

    Die Festlichkeiten waren bescheiden, doch die Anwesenden schienen sich zu amüsieren. Es gab Essen in Hülle und Fülle, der Wein floß in Strömen, und der Lord der Minwanabi saß oben auf dem Podest in der großen Halle seiner Ahnen, durch und durch ein tsuranischer Krieger. Er war zwar nicht übermäßig besorgt um seine Frau, doch er war höflich und wahrte die Form. Incarnas dürftiges Kurtisanen-Gewand war durch eine Robe von verblüffender Kostbarkeit ersetzt worden, ein Kleid aus schwarzer Seide mit orangefarbener Stickerei an Ärmeln, Hals und Säumen, vorn mit einer Reihe passender Perlen von unschätzbarem Wert besetzt.
    Die beiden Kinder saßen ruhig zu Füßen ihres Vaters; der Junge etwas höher und näher als das Mädchen.
    Gelegentlich sprach Tasaio mit Dasari, erklärte ihm das eine oder andere. Von dem Augenblick an, da er seinen Sohn offiziell angenommen hatte, war Tasaio entschlossen, ihn zur Herrschaft auszubilden. Das Gewand des Jungen war eine deutliche Nachahmung dessen, das der Vater trug, bis hin zur Stickerei auf den Ärmeln, einem knurrenden Sarcat. Das kleine Mädchen war zufrieden damit, zu Füßen ihres Vaters zu sitzen; sie kaute an einer süßen Frucht, während ein Jongleur die Gesellschaft unterhielt.
    Hinter dem Lord der Minwanabi stand ein Diener, der erst kürzlich zum persönlichen Dienst beim neuen Herrscher abkommandiert worden war. Und wenn er auch der Geringste von den vieren war, die mit der Aufgabe betraut waren, sich um die Wünsche des Herrn zu kümmern, so achtete er doch

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