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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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beobachtete, wie ein Buchhalter eines Maklers der Minwanabi einem Bediensteten der Acoma eine Nachricht zusteckte. Was sagt uns das?«
    Der Buchhalter blinzelte; er fühlte sich mit Zahlen stets wohler als mit Worten. »Ein Spion?«
    »Oder mehrere.« Chumaka erwärmte sich für sein Lieblingsthema und schwenkte nachdrücklich den Zeigefinger. »Doch in jedem Fall wissen wir, daß nicht nur ich einen Spion ins Haus der Minwanabi eingeschleust habe.« Selbst jetzt schmerzte die Erinnerung, denn die talentierte Kurtisane, die er zu Jingu geschickt hatte, war plötzlich unzuverlässig geworden. Diese Unzuverlässigkeit hatte sich zu einem der Hauptgründe für Jin-gus Tod entwickelt – ein guter Ausgang, von Chumakas Standpunkt aus betrachtet. Im Gegensatz zu seinem Herrn, der böse Absichten gegen Mara hegte, betrachtete Chumaka das Große Spiel wirklich nur als Spiel, wenn es auch sicherlich komplizierter und weniger vorhersehbar war als die meisten anderen. Gerade jetzt war jedoch der Lord der Minwanabi der Gegner, vor dem sie sich besonders in acht nehmen mußten. Denn anders als
    seine Vorgänger besaß Tasaio nicht nur die Macht eines einflußreichen Hauses, sondern auch genügend Verstand und Fähigkeiten, sie einzusetzen. Er war der gefährlichste Mann im Kaiserreich, besonders, seit Axantucar ihn im Kampf um das Weiß und Gold besiegt hatte. Nun, da ihn keinerlei Pflichten als Kriegsherrn ablenkten, konnte er seine gesamte Aufmerksamkeit auf das Spiel richten.
    Chumaka nahm Schreibpinsel und Pergament und begann die erste Zeile in elegantem Stil, mit großen und geschmeidigen Buchstaben wie die eines richtigen Schreibers. Er überlegte weiter, während er arbeitete. »Wir haben einen Spieler mit ungewöhnlichen Fähigkeiten vor uns, genaugenommen zwei, denn unser Herr brennt so sehr wie Tasaio von den Minwanabi darauf, Mara von den Acoma zu demütigen. Wir müssen schnell jede Möglichkeit ergreifen, die sich uns bietet. Ich werde unseren Mann in Sulan-Qu beauftragen, diesen Makler genau zu beobachten. Er muß herausfinden, ob wir den Weg, den die Nachrichten zu Mara zurücklegen, aufspüren können.« Chumaka hielt inne und tippte mit dem Pinselstiel gegen sein Kinn. »Ich habe eine solch hervorragende Arbeit nicht mehr gesehen, seit Jingu das Haus der Tuscai vernichtet hat.« Er verweilte länger in der Vergangenheit. »Zu schade, daß deren außerordentliches Netzwerk sie nicht retten konnte … ich nehme an, ihre Spione wurden alle getötet oder sind zu Grauen Kriegern geworden …« Etwas leiser fügte er hinzu: »Eine Schande, daß eine so ausgeklügelte Organisation zu Staub zerfallen mußte.«
    Chumaka seufzte in einer leichten Aufwallung von Neid und beendete sein Selbstgespräch dann wieder schwungvoller. »Wie auch immer, unser junger Herr hat beschlossen, daß wir ein Spiel für drei Personen spielen – also gut. Wir werden unser Bestes geben. Je schwieriger die Aufgabe, desto größer die Befriedigung über den Triumph.«
    Seine Worte richteten sich jetzt sowohl an sich selbst wie auch an Kavai. »Es war nicht Tecumas Verdienst, daß die Anasati zu dem Haus mit den meisten politischen Verbindungen im Kaiserreich geworden sind. Wenn Jiro es seinem Vater gleichtun und mich ohne Einmischung meine Arbeit machen lassen würde …« Er ließ den Gedanken in der Luft hängen.
    Der Buchhalter sagte nichts. Er war dieses Geschwätz gewöhnt und niemals ganz sicher, ob er das merkwürdige Gerede seines Vorgesetzten wirklich verstand. Einem Lehrling stand es nicht zu, einen Gesellen zu kritisieren, noch weniger einen Meister wie Chumaka, selbst wenn es Zeiten gab, da der Erste Berater den Anschein erweckte, als würde er seinen eigenen Herrn geringschätzen oder verachten – was natürlich unmöglich war. Niemand mit einer solch verbohrten Einstellung konnte in eine so erhabene Position in einem großen Haus aufsteigen.
    Chumaka war mit seiner Nachricht fertig und sagte: »Und jetzt heißt es eine Antwort an Lady Mara schreiben; freundlich genug, daß sie sich im Augenblick keine Sorgen machen muß, aber nicht so sehr, daß sie die Anasati als Freunde betrachten kann.« Er holte tief Luft, dann seufzte er tief und wehmütig. »Das wäre was, für diese Frau zu arbeiten, nicht wahr?«
    Der Buchhalter ließ die Frage unbeantwortet.

    Die Formation blaugekleideter Krieger erreichte den Eingang des Herrenhauses der Acoma. Kevin stand in einiger Entfernung und sah die Soldaten der Shinzawai salutieren und sich

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