Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
Vom Netzwerk:
seines Vaters saß, konnte er die Verbitterung darüber nicht abschütteln, daß er zeitlebens zweiter gewesen war: hinter Halesko, dem Erben, und selbst hinter dem schwerfälligen Bunto.
    Chumaka wußte, daß es keinen Sinn hatte zu streiten. Anders als sein Vater war der junge Lord mehr damit beschäftigt, recht zu behalten, als die Feinheiten des Großen Spiels zu beherrschen. Der Erste Berater formulierte seine Sätze mit der peinlichen Sorgfalt, mit der ein Koch Gewürze auswählt: »Sicherlich schmerzt die Verletzung noch immer, Mylord. Vergebt mir meine Gefühllosigkeit, denn ich bezog mich mehr auf die gesetzmäßigen Unterschiede als auf die Blutsbande. Euer Bruder widerrief seine Treue dem Haus Anasati gegenüber, als er den Mantel der Acoma entgegennahm. Genaugenommen ist dem Haus Anasati also kein Schaden zugefügt worden – ein Lord der Acoma ist durch Maras Machenschaften gestorben. Es war jedoch nachlässig von mir, Eure persönliche Trauer über den Verlust Eures Bruders nicht zu berücksichtigen.«
    Jiro schluckte die Verärgerung über seinen listigen Ersten Berater, der ihn ausgestrickst hatte, hinunter. Manchmal war der Mann ein bißchen zu geschickt; daß sein Wert allein deshalb unschätzbar war, machte ihn nicht liebenswerter. Wut flackerte kurz in Jiro auf. »Ihr seid auf Eure Weise ganz schön gerissen, Chumaka, und ich schätze, Ihr spielt das Große Spiel ebenso zu Eurer eigenen Erheiterung wie zum Ruhm des Hauses Anasati.«
    Jetzt wurde es Chumaka doch etwas ungemütlich, auch wenn die Bemerkung seine Loyalität nicht offensichtlich in Frage stellte. »All mein Tun dient stets dem Triumph der Anasati, My-lord.« Dann beeilte er sich, das Thema zu wechseln, und fragte: »Sollen wir Mara eine Antwort schicken, Lord?«
    Jiro äußerte mit einer beiläufigen Geste seine Zustimmung. »Ja, schreibt etwas … Geeignetes. Doch stellt klar, daß ich lieber meinen pochenden Speer in sie bohren würde, während meine Soldaten ihr Haus niederbrennen, als ihr – nein, schreibt das nicht.« Jiro schlug sich auf den Oberschenkel, angewidert von der politischen Notwendigkeit, sich in versteckten Anspielungen zu ergehen, während er viel lieber seine wahren Gefühle geäußert hätte.
    Er lächelte plötzlich, als ihm eine Idee kam. »Nein. Dankt Mara für ihr Beileid. Dann stellt klar, daß ich aus Respekt für meinen Vater die Vereinbarung ehren werde, die er mit ihr geschlossen hat. Ich werde keinen Konflikt mit den Acoma suchen, solange mein Neffe lebt.« Er schwieg einen Augenblick, versunken in giftige Gedanken. »Doch macht außerdem deutlich, daß ich, anders als mein Vater, beim Tode Ayakis lediglich Bedauern empfinden werde. Falls mein Neffe bedroht werden sollte, werden die Krieger der Anasati nicht zu seiner Rettung eilen.«
    Chumaka verneigte sich. »Ich werde die Nachricht in geeignete Worte fassen, Lord.«
    Jiro entließ seinen Berater schroff; er brannte darauf, wieder zu seinen Büchern zurückkehren zu können. Nur wenn eine Befriedigung seiner Leidenschaften damit verbunden war, zog der neue Lord die Politik seiner Sammlung von Schriftrollen vor.
    Doch der Berater der Anasati zeigte keine Spur von Enttäuschung, als er zu der gemütlichen Kammer eilte, die ihm als Quartier diente. Dort saß ein Buchhalter hinter einem kleinen Schreibtisch und ritzte Zeichen in eine Tafel, das Hauptbuch offen neben sich. Auf einem zweiten Tisch, dessen Schatten auf Chumakas Schlafmatte fiel, waren Dokumente bereits in drei Stapeln sortiert worden: in minder wichtige Nachrichten, um die
    er sich nicht sofort kümmern mußte, in Mitteilungen, die eine zügige Bearbeitung verlangten, und schließlich in jene von besonderer Dringlichkeit.
    Auf dem letzten Haufen lag nur eine Nachricht. Chumaka nahm sie auf und prüfte den Inhalt, noch bevor er sich setzte. Er las die Zeilen zweimal, dann lachte er. »Aha! Endlich, nach all den Jahren!« Er wandte sich an den Buchhalter, einen talentierten jungen Mann, der sich die Ernennung zum persönlichen Buchhalter des Ersten Beraters ehrlich verdient hatte. »Mara von den Acoma hat in jeder Hinsicht zuviel Glück gehabt, seit sie an die Macht gekommen ist. Hier ist ein Grund dafür.«
    Mit kurzsichtigen Augen sah der Buchhalter seinen Vorgesetzten an. »Herr?«
    Chumaka ließ sich auf seinem Lieblingsplatz nieder, einem Kissen, das die Sklaven, die es reinigen mußten, als Erbstück bezeichneten, weil es so abgewetzt und verblaßt war. »Mein Agent Kavai in Sulan-Qu

Weitere Kostenlose Bücher