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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Erdboden der Hütte lagen.
    In der kleinen Hütte roch es nach Lavendel. Ganze Büschel davon hingen an Schnüren zum Trocknen von der Hüttendecke. Nele liebte diese Pflanzen, hatte einige Stauden davon in ihren Kräutergarten und drei direkt neben den Eingang zu ihrem Häuschen gepflanzt. Die Alte bemerkte, wohin Katharinas Augen gewandert waren und kicherte. »Ja, ja, der Lavendel. Ist gegen den bösen Blick.« Sie schien diese Bemerkung besonders lustig zu finden und lachte noch einmal herzlich. »Die Hexe von Seggingen schützt sich gegen den bösen Blick«, erläuterte sie, als sie Katharinas verständnislose Miene sah.
    Doch dem Mädchen war nicht nach Lachen zumute. Sie atmete tief ein. Der Duft dieser Pflanze mit den kleinen, fast filigranen und doch so widerstandsfähigen Blättern und den zierlichen lila Blüten erinnerte sie an unbeschwerte Kinderzeiten. An damals, als die Tage noch einfach, klar und unkompliziert waren, als sie sich noch nicht fürchten musste. Seit sie sich zurückerinnern konnte, liebte sie Lavendel. Der Duft verkörperte für sie so etwas wie Geborgenheit. Es roch nach Sonne, Lachen, Heimat in dieser kleinen Hütte, nach Beschütztsein. Sie fühlte sich schon etwas wohler. Leise und sehr vorsichtig begann Hoffnung in ihr zu keimen.
    »Bitte, bitte kann ich nicht hier bleiben? Nele, schick mich nicht wieder zurück«, brach es aus Katharina heraus.
    »Ist ja gut Kind, hab keine Angst. Die alte Nele wird dir schon helfen können. Aber das geht wirklich besser, wenn du dir nicht die Beine in den Bauch stehst.«
    Gehorsam ließ sich Katharina auf die Decken gleiten. Sie beobachtete, wie Nele in eine Ecke ihrer Hütte ging und den Deckel einer großen Truhe öffnete. Diese Truhe war eines von vier Möbelstücken in dem kleinen, dunklen Raum, in den nur durch die Ritzen zwischen den Brettern der Holzwände etwas Licht fiel. An der östlichen Wand stand ein aus armdicken Ästen und Weidenschösslingen geflochtenes Bett mit einem Strohsack darauf. An der Südlichen ein Tisch und ein dreibeiniger Schemel, die beide schon bessere Tage gesehen hatten. Erhellt wurde die Dämmerung in der Hütte nur vom Licht des kleinen Feuers, das in einem sorgsam gemauerten Herd flackerte. Über diesem Feuer hing an einem Ständer aus drei oben miteinander verbundenen Stangen ein metallener Topf an einer Kette, in dem Wasser dampfte.
    Nele kramte eine Weile in der Truhe und brummte vor sich hin. Dann holte sie eine knappe Hand voll getrockneter Blätter hervor und gab sie in eine hölzerne Schale. Darüber goss sie eine große Schöpfkelle des heißen Wassers und stellte die Schale vor Katharina hin. »Lass den Tee noch ein wenig ziehen, Mädchen. Jetzt wirkt er noch nicht. Halt, warte, ich habe noch etwas ganz Besonderes für dich.« Nele nahm einen kleinen Tiegel, der in einem grob geknüpften Netz von der Decke hing. »Hier habe ich etwas Honig. Jemand, der meine Hilfe brauchte, hat ihn gebracht. Ich tue dir einen Löffel voll in deinen Tee.« Geschickt fischte Nele mit einem kleinen, löchrigen Lederlappen die meisten Blätter aus dem dampfenden Getränk, ehe sie etwas Honig aus dem Tiegel hineingoss. »So. Jetzt trink zehn Schlucke. Ganz langsam. Genieß den Geschmack des Honigs auf deiner Zunge und dann lass den Tee sachte die Kehle hinuntergleiten. Sonst wirkt er nicht. Und ehe du nicht die zehn Schlucke getrunken hast, sagst du keinen Ton mehr. Bevor du nicht ordentlich nachgedacht hast, kommt sowieso nur Unsinn heraus.«
    Katharina tat, wie ihr geheißen wurde, ohne jeden Widerspruch. Nele kicherte in sich hinein. Das Mädchen musste gehörig durcheinander sein, wenn sie bei ihrem Dickkopf ohne zu murren gehorchte. Sie beobachtete, welche Mühe sich ihr Gast gab, sich wieder zu fassen. Etwa fünf Minuten lang saßen sie sich einfach stumm gegenüber.
    Dann durchbrach Neles Stimme die Stille, die nur vom Knistern des Feuers im Herd getragen wurde. »Nun, also, was ist?«, fragte sie rau.
    »Ich soll nach Meersburg, zum Domherrn Jakob Murgel. Er will mich als seine künftige Hauserin.«
    Nele konnte Katharina kaum verstehen, so leise sprach sie. Sie zog eine Augenbraue hoch. »Und?«
    »Ich will dort nicht hin. Dieser Mann macht mir Angst. Er hat mich mit einem Blick angeschaut, der war so, so ...« Katharina brach ab.
    »Aha«, meinte Nele nur und nickte.
    »Magdalena von Hausen sagt, das bilde ich mir nur ein. Mag sein. Aber ich will nicht. Ich will nicht nach Meersburg. Nie. Nie gehe ich in Jakob

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