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Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Titel: Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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und schlief fast sofort ein, den lächelnden Medwedjew im Arm. Auch Erkki stellte sich schlafend, aber seine Lider zuckten und verrieten, dass er noch wach war.
    »Na, Alter?«, fragte ich vorsichtig.
    »Nichts«, murmelte Erkki.
    »Na, was ist los? Spuck’s aus.«
    Erkki schluckte.
    »Na, wenn einen alle beschimpfen. Das ist nicht leicht«, sagte er schließlich.
    »Ja, das verstehe ich. Aber wir versuchen, dir zu helfen. Ehrlich. Und Marja kümmert sich auch um dich. Sie hat nurso viel Stress mit ihrer Arbeit. Und du solltest nicht solche hässlichen Sachen zu ihr sagen.«
    »Nein. Aber sie ist nicht meine Mama.«
    Mama, wiederholte er noch einmal in einem Ton, der alle weiteren Erklärungen überflüssig machte.
    Ich rieb ihm die Schultern. »Nein, das ist sie nicht. Aber weißt du, ich habe auch keine Mutter mehr, und das ist genauso ein schlimmes Gefühl, obwohl ich schon ein großer Mann war, als meine Mutter gestorben ist.«
    Erkki sah mich prüfend an. Ich wünschte ihm eine gute Nacht, und er murmelte eine Antwort, drehte sich dann auf die Seite.
    Leise schloss ich die Tür zum Kinderzimmer. Ich holte ein Weinglas aus dem Schrank und suchte in der Kühlkammer nach der Weißweinpackung. Als ich sie in der Hand wog, stellte ich fest, dass Marja offenbar ziemlich viel davon getrunken hatte. Ich füllte mein Glas und setzte mich nach draußen. Eigentlich war ich zufrieden, dass Marja ausgegangen war. So blieb mir eine gezwungene Unterhaltung erspart.
    Und auch ins Bett konnte ich allein gehen, brauchte nicht mit Marja zu schlafen. Das wäre mir falsch vorgekommen, gegenüber wem, wusste ich allerdings nicht genau.
    Ich wünschte Julija per SMS eine gute Nacht. Bald darauf zeigte mein Handy ihre Antwort an.

12
    Der Bursche sieht so normal aus, dass er eigentlich nach gar nichts aussieht, dachte Kriminalobermeister Teppo Korhonen. Er musterte Marko Varis, den Ermittler der Sicherheitspolizei, lächelnd, als sei die Einladung zu einem Gespräch im Hauptquartier der Supo in der Ratakatu das größte Vergnügen, das man sich an einem Sommertag vorstellen konnte. Korhonen hatte sich nicht groß beeilt, hatte unterwegs noch einen Abstecher zum Markt gemacht, ein Eis gegessen und eine Schachtel Erdbeeren gekauft. Varis hatte bereits im Konferenzzimmer gewartet, in seinen Papieren geblättert und durch sein Mienenspiel klargestellt, was er von Korhonens Verspätung hielt.
    Korhonen steckte sich eine Erdbeere in den Mund und hielt Varis die Schachtel hin.
    »Nein, danke«, sagte Varis.
    Dann eben nicht, dachte Korhonen und nahm gleich noch eine Beere. Warum ich, etwa deshalb, weil ich die Ostkriminalität beobachte?, überlegte er.
    »Wir haben dich hergebeten, Korhonen, weil du die Ostkriminalität verfolgst«, eröffnete Varis das Gespräch.
    Korhonen brummte zustimmend und fuhr fort, Erdbeeren zu essen. Er hatte eine gewisse Abneigung gegen die Sicherheitspolizei, fürchtete sie auch ein wenig, doch das wollte er nicht zeigen.
    »Also?«, half er Varis auf die Sprünge, betrachtete dabei aber die grauweißen Wände. In diesem Raum werden wohl keine Spione verhört, überlegte er. Eher werden hier Etatgespräche geführt, mit dem Overheadprojektor Organigramme an die Wand geworfen oder per Video Vorträge über ausländische Risikoprognosen gezeigt.
    »Unsere Gefahrenanalyse hat geheimdienstliche Erkenntnisse erbracht, die möglicherweise Besorgnis erregen könnten«, sagte Varis und runzelte besorgt die Stirn. »Alles, was ich jetzt sage, ist höchst vertraulich«, fuhr er fort, sah Korhonen dabei streng in die Augen.
    »Meine Lippen sind versiegelt«, beteuerte Korhonen und drückte die Lippen mit den Fingern zusammen.
    »Das ist kein Witz«, wies Varis ihn zurecht. »Ich muss dir alles von Anfang an erzählen. Der neue russische Präsident kommt demnächst zum Antrittsbesuch nach Finnland. Er trifft unsere Präsidentin und den Ministerpräsidenten und wird offenbar Martti Ahtisaari irgendeine Anerkennung für seine Bemühungen um den Frieden im Kosovo überreichen. Russland ändert seine Taktik in dieser Frage. Über den Nobelpreis waren die Russen ja ganz schön pikiert, angeblich konnten sie Ahtisaari überhaupt nicht leiden. Aber von diesem politischen Aspekt weißt und sagst du nichts, Korhonen, zu niemandem, nicht mal im Schlaf.«
    »Ach, weißt du, was da in Südostasien passiert ist, kapier ich sowieso nicht«, versicherte Korhonen und dachte bei sich, dass es in seinen Träumen um ganz andere Dinge ging als

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