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Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Titel: Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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Mitarbeiter, Besitzer, Freunde der Besitzer oder richtige, zahlende Kunden waren. Die meisten waren farbig oder sahen nach Türken oder Iranern aus. Ich wusste, dass das Lokal auch abends von vielen Migranten besucht wurde. Mehrmals in der Woche kam es zu Schlägereien, wenn finnische Miezen aus Jux und Dollerei die Gefühle ihrer Kavaliere in Wallung brachten.
    Jetzt war nur eine einzige Frau anwesend. Sie sprach am Handy, in einem Tonfall, als beklage sie sich bei ihrem Friseur über ihr rot gefärbtes Haar oder den gestrigen Abend. Oder über beides.
    Matti bedeutete mir mit einer Kopfbewegung, ihm zu folgen, und marschierte ans Ende der Theke. Er klopfte einem finnisch aussehenden Mann auf die Schulter. Der Mann drehte sich um. Matti beugte sich an sein Ohr und sagte etwas, ich hörte nicht, was. Der Mann zuckte die Achseln und ging los. Wir folgten ihm zur Toilette.
    An einer Wand befand sich ein Pissbecken, an der zweiten zwei Kabinen und an der dritten zwei Waschbecken und ein Spiegel, vom zweiten waren nur noch die Halterungen vorhanden. Auf dem Fußboden häuften sich gebrauchte Papierhandtücher.
    »Mike Makkonen«, sagte der Mann, sprach »Mike« tatsächlich so aus, wie man es schreibt, streckte mir die Hand hin. Ich gab keine Antwort, ließ die Arme hängen und blickte auf einen Punkt am Haaransatz des Mannes. Er war in meinem Alter, aber hoffnungslos jugendlich gekleidet.
    Ich verdrängte den Gedanken an Julija und mich, an das Handyfoto, das uns Seite an Seite zeigte.
    »Aha, so einer bist du«, sagte Makkonen. »Ein Russengorilla, wie? Du machst mir keine Angst, Vogelknabe«, wandte er sich an Matti.
    »Du bist mit deiner Zahlung in Verzug, Makkonen«, erklärte Matti. Ich hörte ihm die Aufregung an, seine Stimme klang tief und heiser.
    »Der Stoff war Scheiße. Der ist keine fünf Zwerge wert. Aber ich bin ein fairer Mann. Du kriegst einen Tausender.«
    »Du hast einen Tag Zeit, mit der Knete rüberzukommen«, forderte Matti und ballte die Fäuste.
    »Mann, ich hab Tage und Nächte Zeit. Verstehst du kein Finnisch, du Russenbengel? Du kannst warten, bis du schwarz wirst, aber fünf Mille kriegst du nicht.«
    Ich zog die Pistole und trat vor Makkonen, drückte ihmdie Waffe an die Nase, hob sie an, sodass der Lauf die Nüstern dehnte. Makkonens Kopf hob sich ebenfalls.
    »Matti ist ein fairer Kerl. Er gibt dir Zeit bis morgen. Ab dann läuft der Zins, und zwar schnell. Er sprintet wie Haile Gebreselassie, und wenn du nicht weißt, wer das ist, frag die Somalen da draußen. Ich empfehle dir zu zahlen«, sagte ich in ruhigem Ton.
    In Actionfilmen starren die Leute seelenruhig auf einen Pistolenlauf, selbst wenn er auf ihr Gesicht gerichtet ist. Im wirklichen Leben reicht es, mit einem Luftgewehr zu drohen, und schon werfen sich selbst harte Kerle zu Boden. Allein die Vorstellung, dass eine kleine Kugel die Haut durchdringt oder sich ins Auge bohrt, ist schrecklich genug.
    Makkonen war kein harter Kerl. Und er kannte sich mit Waffen aus, er wusste, dass das 22-Kaliber-Geschoss der Walther seine Bahn erst an den türkisen Wandfliesen beenden würde. Dazwischen aber befanden sich seine Nase, sein Gehirn und sein Hinterkopf.
    Die Grundlagen der Ballistik schienen ihm bekannt zu sein. Er hob langsam die Hände, machte mit den Fingern eine Bewegung, die wohl beschwichtigend wirken sollte, als würde er einem Kind im Gitterbettchen zuwinken.
    »Okay, okay, hol’s dir morgen ab, Kiuru. Ich besorg die Kohle«, versprach er.
    Die Tür ging auf. Ein magerer junger Schwarzer kam herein, zog schon den Reißverschluss auf.
    »Verzieh dich, Kaffer«, befahl Matti. Der junge Mann sah die Pistole und trat den Rückzug an wie ein Beerensammler vor dem Bären. Allerdings pflücken Somalen wohl eher selten Preiselbeeren, dachte ich und hätte beinahe aufgelacht.
    Im Wagen nahm ich Matti den Schlüssel aus der Hand.
    »Wir müssen reden.«
    »Worüber?« Matti schob die Unterlippe hoch, bis fast an die Nase. Dasselbe Gesicht zog Anna, wenn etwas, das wie eine Süßigkeit aussah, wider Erwarten bitter schmeckte.
    »Hast du vergessen, wie es deinem Bruder ergangen ist? Drogenhandel ist idiotisch. Irgendwann wird man erwischt und hart bestraft«, sagte ich. Und es ist ohnehin kein angenehmes Geschäft, dachte ich. Und heutzutage nicht einmal besonders einträglich. »Du kannst weiter für mich arbeiten, bekommst allmählich auch wichtigere Aufgaben. Daran liegt mir viel. Aber mit dem Drogenhandel ist ab sofort

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