Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim
und Hämoglobinmessungen waren von meiner Hand aufgezeichnet worden, und die Übersetzung des gesamten pharmakologischen Programms des Verbandes stammte von mir. Als der Dopingskandal untersucht wurde, hatte man meinen Namen oder meine Initialen auf peinlich vielen Papieren gefunden.
Aber Hormone hatte ich nicht besorgt, und damit hatte sich auch die Polizei zufriedengeben müssen.
Der Skiläufer schien bereit zu sein, erneut niederzuknien, diesmal flehend.
»Warum reicht dir Epo nicht? Darbepoetin ist doch viel länger im Urin nachzuweisen«, fragte ich und bereute meine Klugscheißerei sofort. Ich wollte nicht als Experte auftreten,und schon gar nicht als Dosierungen berechnender Quacksalber.
»Das ist ein neuer Stoff. Sehr wirksam. Er wird langsamer abgebaut, aber dafür wirkt er länger«, erklärte der Skiläufer eifrig, betete die Informationen herunter, die flüsternd und nur in kleinen Kreisen verbreitet wurden. Erkenntnisse, die den Analysen der Dopingtester stets einen Schritt voraus zu sein schienen.
»Ich bin keine Reiseapotheke«, wehrte ich ab. »Und jetzt wird obendrein der alte Fall wieder aufgerollt. Kyrö redet wie ein Wasserfall, und die Reporter rennen ihm nach.«
»Viktor, du hast mir schon mal geholfen. Und ich tu alles für dich. Wenn du mir bloß was organisieren könntest«, flehte der Skiläufer.
Ich überlegte. Der Mann hatte mich in den vergangenen Jahren anständig behandelt, hatte mit mir geredet, wie man eben mit Menschen spricht, statt mich als Russen abzuqualifizieren. Das konnte man nicht von jedem Helden der Loipe sagen.
»Okay«, gab ich nach. »Aber ich verkaufe dir nichts. Ich stelle nur den Kontakt her. Und du hältst den Mund. Wenn du bei der finnischen Meisterschaft überraschend eine Medaille gewinnst, lässt du dich darüber aus, wie Forstarbeit und Sumpflauf dir eine eiserne Kondition verschafft haben.«
Die besorgte Miene des Skiläufers wich einem glücklichen Lächeln.
»Geh jetzt«, kommandierte ich. »Durch die Vordertür. Und zwar aufrecht.«
21
Ich wartete im Café im Citymarkt auf Taxi. Der Mann hatte auch einen Namen, doch den kannte ich nicht, und in meinem Telefonbüchlein hieß der Halter des Anschlusses, den ich vor langer Zeit notiert hatte, »Taxi«. Dahinter steckte keine geheimnisvolle Symbolik. Taxi war Taxifahrer, auch wenn er sein eigentliches Gehalt von der russischen Botschaft bezog.
Ich saß Kaffee trinkend an einem Wandtisch. Das Café war zum Gang des Kaufhauses hin offen. Am mittleren Tisch saßen einige Männer, die den ewigen Vormittag des Frührentners totschlugen. Ich sah sie dort so oft, dass ich mir angewöhnt hatte, ihnen grüßend zuzunicken.
»Heute ist mein einziger freier Tag in der Woche.« Taxi setzte sich an meinen Tisch und sah auf die Uhr, als hätte er es eilig. Wenn er arbeitete, fuhr er in der Umgebung des Parlaments und beim Sitz des Arbeitgeberverbandes herum, manchmal auch bei Nokia oder anderen Großunternehmen, und wartete, bis ein Taxi zu einer passenden Adresse bestellt wurde. Er begrüßte die Fahrgäste brummend mit seinen sechs Worten Finnisch, worauf die Leute im Fond unbefangen, da der Fahrer sie ja nicht verstand, über Politik sprachen, über andere hohe Tiere klatschten, die Bestellungen der Koreaner oder neue Prozessoren im finnischen Silicon Valley durchhechelten.
Taxi verstand tatsächlich nichts von dem, was die Fahrgäste sorglos ausplauderten. Er nahm die Passagiere lediglich an Bord, schaltete mit dem Taxameter automatisch ein Aufnahmegerät ein, das alle Gespräche auf einer Festplatte speicherte, und fuhr los, notierte zum Schluss die gefahrene Strecke und die Kennzeichen der Fahrgäste. Den Namen des zahlenden Kunden fand er problemlos heraus, denn fast alle zahlten mit Kreditkarte.
Ein- oder zweimal pro Woche kamen die Männer der Botschaft in die Garage, erhielten Taxis Kundenbuchführung und luden die Abhördatei zur Auswertung auf ihren Computer.
»Na, was gibt’s? Du rufst ja auch nur alle fünf Jahre mal an«, drängte Taxi.
Ich blickte mich um. An den Nachbartischen schien man sich über das Russisch sprechende Duo nicht weiter zu wundern.
»Ich habe einen Tipp für dich. Keine Fahrt. Ich bitte die Botschaft nicht so schnell um Hilfe, und die Leute, die jetzt dort arbeiten, kenne ich nicht. Aber dich kenne ich seit Jahren. Allerdings ist die Sache vielleicht ein paar Nummern zu groß für einen Mann auf deiner Ebene«, rief ich Taxi seine Position vor Augen.
Er setzte eine
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