Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Titel: Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
Vom Netzwerk:
schief, die Streben zeigten auf halb zwei, wenn der Wagen geradeaus fuhr. Ich lenkte auch den Kleintransporter in die Halle, zog die Seitentür auf und befahl Bekari, mir beim Ausräumen zu helfen. Im Laderaum lagen Überreste von irgendeinem Renovierungsauftrag. Wir holten fast leere Mörtelsäcke heraus, zwei angebrochene Packungen Kacheln, fast ausgemistetes Werkzeug, Handschuhe, denen das Gegenstück fehlte, und eine funkelnagelneue Schaufel.
    Ich sagte zu Bekari, jetzt sei der Wagen sauber genug. Wieder spielte ich mit einer der Röhren herum und überlegte laut, ob ich sie vielleicht in den Benzintank werfen solle. Bekari kaute auf den Lippen, sah aber immer noch gelangweilt aus.
    Julija kam. Sie hatte Oksanas Sportanzug gegen einen dunklen Hosenanzug getauscht und es geschafft, mit wenig Aufwand gepflegt zu wirken.
    »Hier ist ein Auto für die Herrschaften. Es hält bis zum Hafen durch und auch noch eine kleine Strecke auf der anderen Seite, in Tallinn. Ihr braucht es nicht zurückzugeben. Und hier habt ihr fünfhundert Euro.« Ich wandte mich an beide, gab das Geld aber Julija.
    »Ihr fahrt direkt zum Anleger von Tallink. Da fahren alle naselang Schiffe ab. Ihr müsstet ohne Probleme nach Estland kommen. Sie suchen Wronskij, nicht euch.«
    Julija machte eine Bewegung, als wolle sie auf mich zugehen. Ich wandte mich ab und suchte in den Sachen, die wir ausgeräumt hatten, nach Brauchbarem, prüfte das Blatt einer Eisensäge und klopfte Mörtelreste aus einem Eimer. Die Türen des alten Toyota schlugen zu, der Motor sprang an undder Wagen fuhr rückwärts aus der Halle, hinterließ wieder ein bläuliches Wölkchen.
    Ich ging nicht ans Tor, um ihm nachzublicken. Ich wollte weder Julijas Winken sehen noch Bekaris Arm auf ihrer Schulter.
    Mit einem einzigen Anruf hätte ich dafür sorgen können, dass sie in Estland gefasst wurden und Schwierigkeiten bekamen. Gegebenenfalls nur Bekari.
    Doch ich ließ sie gehen. Großartig fühlte ich mich dennoch nicht.
    Ich klopfte an den Stahlcontainer.
    »Ja?«, wagte Wronskij nach einer Weile zu fragen.
    »Ich bin’s. Bekari und Julija sind weg. Ich besorge dir jetzt Papiere und Geld. Du wartest hier, ohne Mucks. Wenn du irgendwas hörst, keine Angst, das sind bloß Ratten«, foppte ich.
    Im Container war es eine Weile still.
    »Besorg mir auch eine Waffe«, bat Wronskij dann.
    »Wird gemacht«, versprach ich.

34
    Eines Tages werden die Spuren auf dem Fußboden jemandem auffallen, dachte ich besorgt, als ich den Aktenschrank im Büro in Hakaniemi wieder von der Wand rückte. Ich sollte meine Papiere anderswo verstecken. Ich riss den an der Rückseite angeklebten Umschlag ab, öffnete ihn und wählte einen auf den Namen Vadim Baikow ausgestellten russischen Pass. Mir blieb keine Zeit, in Atelierarbeit einen eigenen Ausweis für Wronskij anfertigen zu lassen. Baikows Alter kam hin, und das Foto war so verblichen, dass Wronskij mit diesem Pass ins Flugzeug kommen würde, jedenfalls wenn er eine Brille aufsetzte. Und danach war er auf sich selbst gestellt oder würde von anderen Hilfe bekommen.
    Ich schaltete den Computer ein. Der Virenschutz klapperte langsam die Dateien ab und ließ Körnchen durch eine Sanduhr rinnen. Ich sah auf die Uhr. Erst halb eins. Also hatte ich keine Eile. Ich wollte Wronskijs und meinen Abflug in die Stoßzeit der Geschäftsreisenden legen, auf den frühen Abend.
    Korhonen hatte mir eine Mail geschickt, unter seiner privaten Adresse. Er teilte mir mit, er sei sehr, sehr besorgt, und zwar nicht nur um mich. Es bestehe die Gefahr, dass auch er selbst sich den Arsch verbrenne. Die Supo lasse ihn bereits über den Saunaofen hängen, sodass ihm der zischende Dampf zwischen die Pobacken fahre. Normalerweise hätteich über Korhonens Metaphern gegrinst und in meiner Antwort angedeutet, sie zeugten von latenten homosexuellen Neigungen oder davon, dass seine Entwicklung in der Analphase stehen geblieben sei. Doch ich wusste, dass er es diesmal ernst meinte und Angst hatte.
    Die Sache wird erledigt , antwortete ich und wusste, dass der Trost anorektisch war.
    Im Internet kaufte ich ein Ticket nach Stockholm, Abflug 18.10 Uhr. Wenn die Buchungen kontrolliert wurden, würde man mir schnell auf die Spur kommen. Aber mich durfte man finden, das spielte keine Rolle.
    22 Minuten später war ich wieder in der Halle. Korhonen saß auf der Werkbank und säuberte sich mit einem Messer die Nägel. Dann wollte er es an die Wand werfen, sodass es mit der Spitze stecken

Weitere Kostenlose Bücher