Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim
erarbeiten, den jeder ehrbare Händler gern annehmen würde. Und ein unehrenhafter hätte keine andere Wahl, als zuzustimmen. Vorausgesetzt, Tschernow habe denWagen nicht bei Ruuskanen gekauft. Nein, versicherte er, der betrügerische Händler habe kein breit gestreiftes Hemd mit bunter Krawatte getragen und auch nicht unter seiner Leibesfülle geächzt. Das fragliche Geschäft befinde sich an der äußeren Umgehungsstraße in Voutila. Ein Leichtbaubüro, das Grundstück dahinter voller Autos, der Verkäufer ein geschniegelter junger Bursche. Ich versprach, mir die genauen Koordinaten und Kennzeichen später zu notieren.
»Wie bringst du die Waffe eigentlich durch die Sicherheitskontrolle?«, fragte ich noch.
Tschernow zuckte mit den Achseln. »Ich lege sie in die Bohnermaschine. Auf uns achten die nicht«, sagte er, wieder in diesem traurigen Ton.
35
Ich sah auf die Uhr. Erst halb drei. Der Tagesplan war mir sehr voll erschienen. Zu viele Aufgaben für einen einzigen Tag. Aber manchmal führte Zeitdruck zu manischer Geschäftigkeit und Handlungszwang. Dann klappte alles.
Jetzt hatte ich zwei Stunden freie Zeit. Ich hatte nicht vor, das Tempo zu drosseln, Mittagsschlaf zu halten oder gemütlich Kaffee zu trinken. Von der Halle und meinem Büro hielt ich mich besser fern. Aber Marjas Wagen könnte ich zurückbringen.
Marja. Und ihr Freund. Ari. Der Scheißkerl. Gowno .
Ari würde gleich Besuch bekommen.
Ich fand die Firma in Pitäjänmäki. Sie residierte in einem neuen Gebäude mit reichlich Glas und Stahlträgern. Ich parkte den Golf gut sichtbar auf einem Platz, der für den Wagen mit dem Kennzeichen VOY-736 reserviert war. Der Empfangsschalter befand sich am Ende einer hektargroßen leeren Fläche. Ich sagte zu der jungen Frau, die dort saß, ich würde gern mit Ari Heinonen sprechen. Sie gab mir ein Formular, auf dem ich die Uhrzeit und den Namen M. Takala eintrug, Marjas Namen. Die Frau griff zum Telefon, Besuch für dich, Ari … Takala … okay, danke.
»Wenn Sie einen Moment warten«, sagte die junge Frau und vergaß mich mitten im Satz.
Der gläserne Aufzug brachte einen Mann nach unten. Icherriet, dass er Ari war, und schätzte ihn als relativ klein ein. Die Taillengegend wirkte schlaff, sein Nacken war so kräftig, dass der Hemdkragen spannte. Der breite Schlips schob sich unter dem Kinn hervor wie ein Hanfseil. Die dunklen Haare waren über der Stirn hochgekämmt und mit Gel fixiert.
Ari kam mit energischen Schritten näher, wurde aber langsamer, als er mich sah und begriff. Wir gaben uns die Hand. Er roch ein wenig zu süßlich und sauber, nach einem Duft, wie man ihn auf der Männertoilette eines Luxushotels antrifft.
»So sieht der Romeo also aus«, sagte ich.
»Viktor, es klingt vielleicht abgedroschen, aber die Sache ist nicht ganz so, wie sie aussieht«, beteuerte Ari und schwenkte sein Handy. Ich schnappte es mir und brach die Abdeckung ab.
»Dieses Telefönchen schweigt jetzt, ist das klar?« Ich warf die Handyteile hin, sie schlidderten über die glatten Bodenfliesen. Ari sah mir in die Augen, nicht erschrocken, sondern eher enttäuscht. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Sie wirkten kraftvoll, und auf den Handrücken traten die Adern hervor.
Er betreibt Kraftsport, dachte ich. Aber in einer anderen Riege als ich. Die Gewichte in Leningrad waren schwerer als die hiesigen, ich putschte meinen Adrenalinspiegel in die Höhe.
Quer durch die Eingangshalle gingen zwei eilige Männer. Der eine stakste, als fürchte er, auf seinen Ledersohlen auszurutschen. Die beiden sahen Ari und mich ein wenig zu lange an.
Endlich entschloss sich der eine, besorgt zu sein. »Etwas nicht in Ordnung?«
»Ein kleines Eifersuchtsdrama. Ari ist mein Liebster, er gehört keinem anderen«, sagte ich und kraulte Ari im Nacken.
Aris ruhige Gelassenheit blieb, er schickte die Männer weg, sagte, es handle sich nur um eine kleine Frotzelei.
»Wenn du dich da mal nicht täuschst«, verschärfte ich den Ton und ließ weitere Drohungen vom Stapel. »Warte nur ab, bis ich die Geschichte richtig in Umlauf bringe. Die Leute begreifen gar nicht, was für eine praktische Einrichtung zum Beispiel Facebook ist. Es ist ein Kinderspiel, dein Konto zu knacken. Oder das von einem deiner Freunde. Dann setze ich dir Gruppenmitgliedschaften und Horden von Freunden rein, dass die Gay Pride Parade im Vergleich dazu ein Bibelkreis ist. Deine Kumpels sagen, toll, Mann, dass du dich so mutig geoutet hast. Aber zum Bier
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