Zeit des Zorn
derzeit sehr zu schätzen weiß.
Die Vorstellung, berührt,
geschweige denn penetriert oder sogar vergewaltigt zu werden, für die sie
früher viel übrig hatte, gefällt ihr gerade überhaupt nicht. Ihr einst unersättlicher
sexueller Appetit ist zu sinnlicher Bulimie verkommen. Ihre zarte Knospe, die
sie sonst bei jeder neuen Empfindung zu voller Blüte aufgehen ließ, versteckt
sie nun in fötaler Position.
Vielen Dank, liebe
Klit-Schwester, Elena.
Und auch dir, lieber
Kettensägenmann.
Das Bild aufzurufen war
ein Fehler, denn jetzt springt wieder der Videoclip an. Sie kneift die Augen
zu, und als sie sie wieder öffnet, sieht sie den Kopf des Bachelor im Wasser
treiben, und es dauert eine Sekunde, bis sie kapiert, dass er einfach nur in
der heißen Wanne liegt, denn einen Augenblick sah es so aus, als wollte die
Bachelorette Apfelschnappen damit spielen.
»Stebo, hast du was zu
rauchen?«
»Ich darf dir nichts
geben...«
»Komm schon.«
Zeig, dass du huevos hast.
»Das waren wir«, sagt Ben
und betrachtet die Bilder.
»Lado war das«, erwidert
Chon.
»Wir haben den Anlass
geliefert«, sagt Ben.
Chon geht hoch. Ein
seltener Schwall an wertvollen Worten. »Wenn du dich weiter selbstmitleidig in
deinen Schuldgefühlen suhlen willst, dann hättest du überhaupt nicht damit
anfangen dürfen. Was glaubst du, was im Krieg passiert? Denkst du, da sterben
nur Soldaten?«
»Du hast gewusst, was du
tust, als du den Transporter im Barrio abgestellt hast. Du hast die
Falle gelegt. Tu nicht so scheinheilig und bemitleide den Köder. Außerdem weißt
du, dass es damit noch nicht aufhört. Azuls Leute werden reagieren müssen. In
wenigen Tagen wird's noch mehr Tote geben. Dann wieder ein Gegenschlag, ein
Gegen-Gegenschlag, bis wir die blinde Welt haben, von der Gandhi gesprochen
hat. Aber darauf haben wir's doch angelegt, oder nicht?«
Chon weiß, was Krieg ist.
Was daraus wird.
Sie wissen, dass Lado weitermachen wird.
Er glaubt, dass es in
seiner Organisation eine undichte Stelle gibt, einen Verräter, der für Azul arbeitet, und er wird nicht ruhen, bis er ihn gefunden hat.
»Es sei denn, wir werfen
ihm einen zum Fraß vor«, sagt Ben.
Na endlich.
Party City in Irvine,
Deputy Berlinger spricht mit einem Verkäufer, der sich erinnert, eine
Letterman- und eine Leno-Maske verkauft zu haben.
»Erinnern Sie sich an den
Mann?«
»So ungefähr.«
Ungefähr.
Scheiß Kiffer.
»Können Sie ihn bitte
beschreiben?« Erstaunlicherweise kann er das.
Großer Weißer. Braune
Augen, braune Haare, hat nicht viel gesagt. Bar bezahlt.
Immerhin etwas, denkt
Berlinger.
Um mir Alex vom wunden
Hals zu halten.
Packt man Spin (den
Geldwäscher) mit Jeff und Craig (den Computerfreaks) zusammen, hat man:
(A) Die Marx Brothers
(B) Die
drei Tenöre
(C) Ein Trio, das sich, egal wo, in
Bankkonten hacken und urplötzlich Dollar drauf auftauchen lassen kann
Wer auf (C) getippt hat,
lag richtig. Was diese Jungs - auf Bens Anweisung hin - machen, ist, sie suchen
Alex Martinez' amerikanisches Bankkonto, richten ihm ein neues ein, schieben
Beträge von dreißig, fünfundvierzig und dreiunddreißigtausend Dollar drauf,
schicken diese ein paar Mal um die Welt und legen sie dann wieder gewaschen auf
neuen Konten ab.
Dann kaufen sie ihm eine
Eigentumswohnung in Cabo.
Anschließend werkeln sie
noch ein bisschen weiter dran rum und lassen das Ganze über ein paar falsche
Geschäftsnamen und Holdings laufen, so dass nicht mal mehr ein versierter
Finanzsachverständiger durchblickt.
Jaime ist ein versierter Finanzsachverständiger.
Er und Ben sitzen an
einem Nischentisch in der Bar des St. Moritz.
»Was willst du?« fragt Jaime.
»Ist dir das unangenehm?«
fragt Ben zurück. »Ich weiß, dass Alex und du normalerweise zu zweit zu diesen
Treffen erscheint. Ihr seid wie mormonische Missionare, ihr beiden. Fehlen nur
die weißen Hemden und die schmalen schwarzen Krawatten.«
»Also warum wolltest du
mich alleine treffen?«
Ben sagt: »Ich hab meine
Leute gebeten, ein paar Nachforschungen anzustellen.«
Er schiebt Jaime eine Mappe mit Unterlagen
zu, die dieser betrachtet, als handele es sich um ein unbekanntes Objekt aus
dem All.
»Mach auf«, sagt Ben.
Jaime klappt die Mappe auf. Wirft ein paar Blicke drauf und kann dann gar nicht mehr
aufhören. Blättert die Seiten immer schneller und schneller um, vor und
zurück, das Gesicht immer dichter am Papier, seine Finger fahren Zeilen und
Spalten ab.
Für einen
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