Zeit für Plan B
Ich glaube, es war kurz nach unserem ersten Hochzeitstag, als es begann, bergab zu gehen. Dieselbe Sicherheit, die mich an Sarah anfangs angezogen hatte, drohte mich jetzt zu ersticken. Mein Leben lag mit überdeutlicher Klarheit vor mir ausgestreckt, und es barg kein Geheimnis mehr, kein verstecktes Potenzial. Alles war bis ins letzte Detail vorgezeichnet, und es gab keinen Platz mehr für Improvisationen, keine Möglichkeit zu sagen: »Was, wenn?« Nur ein beängstigend rasch wachsendes Gefühl von dem, was hätte sein können.
Und so begann ich mich aufzulehnen. Anfangs leise, fast unmerklich, als wollte ich meinen eigenen Entschluss testen, und dann aggressiver. Vielleicht würde ich bis zum Jahr vier noch nicht so weit sein, Kinder zu haben. Vielleicht würde ich meinen Job bei
Esquire
kündigen, Vollzeit schreiben und auf den Wochenlohn pfeifen. Vielleicht wollte ich ein Haus in einem der Vororte kaufen, anstatt zu versuchen, mich durch Kaufen und Verkaufen zu einer genossenschaftlichen Wohnung auf der Upper East Sidehochzuarbeiten. Und meinst du nicht auch, wir sollten uns einen Hund zulegen? Es gab keinen Mangel an Themen, aus denen wir auswählen konnten. Bei Sarah stieß ich fast von Anfang an auf Widerstand, wie ich es schon gewusst hatte, und reagierte darauf mit überraschter Gekränktheit, als sei sie es gewesen, und nicht ich, der die Bedingungen unseres Abkommens auf einmal änderte. Die Ehe eskalierte bald zu einem ständigen Sperrfeuer kleinlicher Streitigkeiten, die lediglich aufgrund ihrer immer stärker werdenden Boshaftigkeit unvergesslich blieben.
Danach versuchte ich mich manchmal zu erinnern, was zu dieser grässlichen Zeit eigentlich in meinem Kopf vor sich ging, um festzustellen, ob ich irgendwelche Versuche zu einer Aussöhnung unternahm, aber es war, als könnte ich mich dort überhaupt nicht wiederfinden. Ich war schon verschwunden, nichts als noch ein Möbelstück, das auf die Möbelpacker wartet. Die Stimmung zwischen uns wurde so feindselig, dass ich, als Sarah irgendwann die kampfesmüden Arme in die Luft warf und aufgab, im Grunde einen inneren Jubel verspürte, ein Siegesgefühl, dessentwegen ich mich augenblicklich schämte. Was es noch schlimmer machte, war die Tatsache, dass es von dem Augenblick an, in dem wir beschlossen hatten, uns scheiden zu lassen, so war, als hätte man uns den Zankapfel weggenommen und wir Zuneigung und Respekt füreinander augenblicklich wieder entdeckten, was dazu beitrug, meine ohnehin schon heftigen Schuldgefühle erheblich zu verstärken und das tragische Ausmaß dieser ganzen verdammten Geschichte noch zu unterstreichen. Nur für den Fall, dass ich es noch nicht bemerkt hatte.
»Fühlt sich komisch an, was?«, sagte sie, als die Fahrstuhltür aufging und wir in die Lobby hinaustraten.
»Es fühlt sich einfach nach gar nichts an«, sagte ich. »Ich dachte immer, eine Scheidung würde sich irgendwie, ich weiß nicht, bedeutungsvoller anfühlen.«
Sie lächelte mich traurig an. »Dein Problem ist, dass du immer alles völlig klar umrissen haben willst. Du willst immer, dass sich eine Situation in absoluten Begriffen selbst definiert. Andernfalls hast du Angst, nicht zu wissen, was du fühlen sollst.«
Es stimmte. Das war eines meiner Probleme.
»Habe ich nicht eben erst etwas unterzeichnet, was besagt, dass ich mir Kritik dieser Art nicht mehr anhören muss?«
»Was?«
»Wir haben uns eben scheiden lassen«, sagte ich, wobei ich versuchte, keine Spur von Bitterkeit in meine Stimme einfließen zu lassen. »Pass auf.«
Wir traten auf die Madison Avenue hinaus, in die Welt, in der ich auf einmal wieder Single war. Nicht nur Single, sondern geschieden. Auf einmal war ich weniger substanziell als noch vor einer Stunde. Die Reise hatte eine Narbe bei mir hinterlassen, die ich vorzeigen konnte, einen unauslöschlichen Fleck auf meiner Akte. Es war auf eine seltsame Weise berauschend, so beschädigt zu sein. Ich musste mich auf die schlimmstmögliche Weise betrinken.
»Na ja«, sagte ich in dem Glauben, es müsste doch noch irgendetwas zu sagen geben, nachdem wir fast drei Jahre lang ein Bett, ein Bad, ein Bankkonto und gelegentlich auch eine Zahnbürste geteilt hatten. Eine Familie von blonden Leuten in T-Shirts und Turnschuhen kam uns entgegen, Händchen haltend und lächelnd wie der Brady Bunch, während sie um sich blickten. Touristen.
»Wäre es nicht schön«, sagte Sarah, »wenn es, nachdem eine Ehe in die Brüche gegangen ist, noch einen
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