Zeit für Plan B
abgehört«, sagte sie langsam.
»Und?«
»Da war eine Nachricht von Paul Seward. Er wollte wissen, ob ich in den letzten zwei Tagen irgendwas von Jack gehört hätte.«
»Es geht los«, sagte Lindsey theatralisch.
»Ich denke, wir sollten ihn einfach ignorieren«, sagte Alison.
»Fürs Erste vielleicht schon«, sagte ich. »Im Augenblick wird er vermutlich einfach abwarten, ob Jack wieder auftaucht. Seward wird wahrscheinlich glauben, dass er auf eine Sauftour gegangen ist.«
»Wäre nicht das erste Mal«, sagte Lindsey.
»Ich glaube, sie fangen nächste Woche mit der Vorproduktion zu
Blue Angel II
an«, sagte Alison. »Seward wird ausrasten, wenn er bis dahin nichts von Jack gehört hat.«
»Noch mehr ausrasten werden die Produzenten und der Regisseur, wenn Jack nicht aufkreuzt«, sagte Lindsey. »Und in Anbetracht von Jacks Publicity neulich werden sie vermutlich gleich mit dem Schlimmsten rechnen.«
»Er wird wegen Vertragsbruch verklagt werden«, sagte Alison. »Und es wird seinen Ruf ruinieren. Niemand wird ihn noch versichern wollen.«
»Wir werden vielleicht mit Seward reden müssen«, sagte ich. »Vielleicht können wir ihn dazu bewegen, mit uns zusammenzuarbeiten.«
»Fraglich«, sagte Lindsey.
Alison setzte sich und sah zu uns hoch. »Könnte sein, dass wir hier mehr schaden als nutzen«, sagte sie.
»Nein«, sagte ich. »Du musst einfach glauben, dass wir das Richtige tun. Wie sehr es seiner Karriere auch schaden mag, es wird nicht so schlimm sein wie das, was er sich letztendlich selbst angetan hätte.«
»Er hat recht«, sagte Lindsey. »Wir müssen langfristig denken.«
»Ich wünschte nur, er würde mit uns reden.«
»Das wird er schon noch«, sagte ich. »Keine Sorge. Er ist irgendwo dort drin.«
»Es ist fast, als würde er gar nicht wollen, dass es ihm irgendwann wieder besser geht«, sagte Alison.
»Deswegen lassen wir ihm ja auch gar nicht erst die Wahl«, sagte ich und wünschte mir, ich wäre so zuversichtlich, wie ich klang.
An diesem Abend sahen wir drei uns die Nachrichten an. Keiner von uns sprach es aus, aber wir wollten alle feststellen, ob Jacks Verschwinden schon bekannt geworden war. Ich war so erleichtert, dass das nicht der Fall war, dass ich fast vergaß, die Zählung der Toten mitzuverfolgen, die sich auf sechs beliefen. Eine Explosion in einem Kraftwerk in Monticello kostete fünf Menschen das Leben, und ein bewaffneter Verdächtiger wurde im Einsatz von einem Cop erschossen, den man wegen eines Vorfalls häuslicher Gewalt zu Hilfe gerufen hatte.
Danach ging ich mit Lindsey nach oben, um Jack sein Abendessen zu bringen. Seit unserer Rückkehr aus der Stadt bemühten wir uns beide nach Kräften, so zu tun, als hätte unsere Auseinandersetzung überhaupt nicht stattgefunden. Wir waren miserable Schauspieler. Ich warf einen Blick durchs Schlüsselloch und sah, dass Jack ausgestreckt auf dem Bett lag und schlief. Ich beobachtete ihn weiterhin, während Lindsey die Tür aufsperrte, und dann, als ich mich überzeugt hatte, dass er wirklich weggetreten war, drückte ich langsam die Tür auf. Jack rührte sich nicht vom Fleck. Ich nahm mir eine Minute Zeit, um einen prüfenden Blick durchs Zimmer zu werfen, das aussah, als hätte ein Schwarm Heuschrecken es mit einem Weizenfeld verwechselt. Zerrissene und umgeknickte Bücher lagen wahllos verstreut auf dem Boden, und alles war voller Glassplitter. Der Mahagonischreibtisch war auf die Seite gekippt worden, eine Leistung, die ich einem einzelnen Mann nicht zugetraut hätte, und zwei der geschwungenen Beine waren abgebrochen, so dass er wie ein entstelltes mythologisches Ungeheuer aussah. Hinter der Tür, in einem Meer von Glassplittern, lag der Fernseher, den Jack für uns deutlich hörbar durchs Zimmer geworfen hatte, mit einemgezackten Sprung, der quer über die Rückseite des schwarzen Plastikgehäuses verlief. Kleine, weiße elektronische Komponenten lagen rings um den Fernseher auf dem Teppich verstreut, wie Schuppen auf einem dunklen Anzug.
Der Anblick dieser Zerstörung, das war, als würde man in eine wirklich gequälte Seele blicken. Ich verspürte eine eisige Brise in meinem Magen, als ich zurück zu Jacks ausgestrecktem Körper sah. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass es irgendwo in ihm eine solch pure, finstere Wut gab, die diesen Schaden angerichtet hatte. Ein Blick auf Lindsey verriet mir, dass sie ebenso erschüttert war. Sie hatte die rechte Hand auf die Lippen gepresst, die Augen vor
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