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Zeit im Wind

Zeit im Wind

Titel: Zeit im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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übernehmen.
    Jamie machte es mir allerdings auch nicht leichter. Im Gegenteil, sie traf mich genau da, wo es weh tat - sie erschütterte mein Selbstbewußtsein.
    Am folgenden Samstagabend, ungefähr eine Woche nach dem Beginn der Proben und einen Tag nach dem dritten Sieg in Folge für das Football-Team der Beaufort High School, ging ich mit Eric aus. Wir hingen am Strand vor Cecil's Diner herum, aßen Hushpuppies und sahen zu, wie andere in ihren Autos auf und ab fuhren, als Jamie die Straße entlangkam. Sie war noch an die hundert Meter entfernt und blickte sich suchend um. Sie trug wieder die alte braune Strickjacke und hatte die Bibel in der Hand. Es muß wohl so gegen neun Uhr gewesen sein, und es war verwunderlich, daß sie so spät noch draußen war. Noch verblüffender jedoch war es, sie in diesem Teil der Stadt zu sehen. Ich wandte ihr den Rücken zu und schlug den Kragen meiner Jacke hoch, aber sogar Margaret - die da, wo ihr Verstand hätte sein sollen, Bananenmus hatte - war so schlau zu begreifen, wen Jamie suchte.
    »Landon, deine Freundin ist hier.«
    »Sie ist nicht meine Freundin«, sagte ich. »Ich habe keine Freundin.«
    »Deine Verlobte dann eben.«
    Wahrscheinlich hatte sie auch mit Sally gesprochen.
    »Ich bin nicht verlobt«, schnaubte ich, »hör doch auf mit dem Unsinn!«
    Ich warf einen Blick über meine Schulter, um zu sehen, ob Jamie uns entdeckt hatte, was offenbar der Fall war. Sie kam auf uns zu. Ich tat, als merkte ich nichts.
    »Hier kommt sie«, kommentierte Margaret und kicherte. Zwanzig Sekunden später sagte sie wieder: »Sie kommt auf uns zu.«
    Ich erwähnte ja schon, daß Margaret ein bißchen unterbelichtet war.
    »Ich weiß«, zischte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Wenn sie nicht so gute Beine gehabt hätte, würde sie einen zum Wahnsinn treiben, genau wie Jamie.
    Ich sah mich noch einmal um, und diesmal wußte Jamie, daß ich sie gesehen hatte, denn sie lächelte und winkte mir zu. Ich drehte mich um, doch einen Moment darauf stand sie neben mir.
    »Hallo, Landon«, sagte sie und bemerkte meine Verachtung gar nicht. »Hallo, Eric, Margaret…«
    Sie begrüßte jeden in der Gruppe. Alle murmelten ein Hallo und gaben sich Mühe, nicht auf die Bibel zu starren. Eric versuchte, die Bierdose, die er in der Hand hatte , irgendwo verschwinden zu lassen. Jamie konnte sogar in Eric Schuldgefühle wecken, wenn sie nah genug an ihn herankam. Früher waren sie einmal Nachbarn gewesen, und Eric hatte sich ihre Reden manchmal anhören müssen. Hinter ihrem Rücken nannte er sie die »Heilsdame«, in Anlehnung an die Heilsarmee. »Sie könnte General-Brigadier werden«, sagte er gerne. Aber wenn sie vor ihm stand, sah die Sache schon anders aus. Er glaubte, daß sie einen direkten Draht zu Gott hatte, da wollte er sich lieber nicht mit ihr anlegen.
    »Wie geht es dir, Eric? In letzter Zeit habe ich dich kaum gesehen.«
    Sie sagte das so, als würde sie jeden Tag mit ihm sprechen.
    Er scharrte mit den Füßen und sah auf seine Schuhe, und sein schlechtes Gewissen stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Tja, in letzter Zeit war ich nicht in der Kirche«, antwortete er.
    Jamie sah ihn mit einem Strahlen an. »Na, das macht doch nichts, solange es nicht zur Gewohnheit wird.«
    »Ich paß schon auf.«
    Also, ich weiß, was eine Beichte ist - wenn Katholiken hinter einer Wand sitzen und einem Priester alles über ihre Sünden erzählen -, und so war Eric, wenn er Jamie traf. Einen Moment lang dachte ich, er würde sie Madam nennen.
    »Möchtest du ein Bier?« fragte Margaret. Ich glaube, es sollte lustig sein, aber keiner lachte.
    Jamie hob die Hand an den Kopf und befühlte sanft ihren Knoten.
    »Oh… nein… lieber nicht… aber danke.«
    Sie sah mich mit einem wirklich lieben Lächeln an, was ein deutliches Zeichen dafür war, daß die Sache nicht gut für mich ausgehen würde. Ich dachte, sie würde mich bitten, mit ihr allein zu reden, was ehrlich gesagt auch besser gewesen wäre, aber vermutlich kam ihr das nicht in den Sinn.
    »Diese Woche warst du richtig gut bei den Proben«, sagte sie zu mir. »Ich weiß, daß du viel Text zu lernen hast, aber ich bin mir sicher, daß du die Rolle bald kannst. Und ich wollte dir einfach dafür danken, daß du dich bereit erklärt hast einzuspringen. Du bist ein echter Gentleman.«
    »Danke«, sagte ich und spürte, wie sich in meinem Magen ein Loch auftat. Ich versuchte, cool zu bleiben, aber alle meine Freunde hatten die Augen auf

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