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Zeit im Wind

Zeit im Wind

Titel: Zeit im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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eigentliche Grund, warum ich dich bitte, hat mit meinem Vater zu tun. Er ist ein so guter Mensch, Landon. Wenn die Leute sich lustig machen über seine Erinnerungen an meine Mutter, und ich spiele die Rolle… also, das würde mir das Herz brechen. Und wenn ich mit Eddie zusammen spiele… du weißt, was die Leute dann sagen würden.«
    Ich nickte mit zusammengepreßten Lippen, wußte ich doch, daß ich einer von denen gewesen wäre, die sie meinte. Ich hatte sogar schon so geredet. Jamie und Eddie, das dynamische Duo, nannten wir sie, nachdem Miss Garber verkündet hatte, daß die beiden die Hauptrollen spielten. Die Tatsache, daß ich den Spruch aufgebracht hatte, war mir sehr unangenehm. Fast wurde mir schlecht.
    Sie richtete sich etwas auf und sah mich traurig an, als ob sie schon wüßte, daß ich nein sagen würde. Vermutlich ahnte sie nicht, wie ich mich fühlte. Dann fuhr sie fort:
    »Ich weiß, daß Herausforderungen immer auch zur göttlichen Vorsehung gehören, aber ich mag nicht glauben, daß der Herr grausam ist, und schon gar nicht zu meinem Vater. Mein Vater stellt sein Leben in den Dienst Gottes, er dient der Gemeinschaft. Und er hat schon seine Frau verloren und mußte mich allein großziehen. Ich liebe ihn so sehr dafür…«
    Jamie wandte sich ab, aber ich konnte die Tränen in ihren Augen sehen. Es war das erste Mal, daß ich sie weinen sah. Ich glaube, ich hätte am liebsten auch geweint.
    »Ich bitte dich nicht meinetwegen«, sagte sie leise , »Wirklich nicht, und wenn du nein sagst, dann bete ich trotzdem für dich. Das verspreche ich. Aber wenn du einem wunderbaren Mann, der mir so viel bedeutet, eine Freundlichkeit erweisen willst… Kannst du einfach drüber nachdenken?«
    Sie blickte mich an wie ein Cockerspaniel, der gerade auf den Teppich gepinkelt hat. Ich sah auf meine Schuhe.
    »Ich brauche nicht darüber nachzudenken«, sagte ich schließlich. »Ich mache es.«
    Mir blieb ja schließlich nichts anderes übrig, oder?

Kapitel 5
    Am nächsten Tag redete ich mit Miss Garber, sprach vor und bekam die Rolle. Übrigens war Eddie überhaupt nicht unglücklich. Im Gegenteil, ich merkte, daß er über die Wendung sehr erleichtert war. Als Miss Garber ihn fragte, ob er bereit sei, mir die Rolle des Tom Thornton zu überlassen, entspannte sich sein Gesicht, und eins seiner Augen öffnete sich weit. »J… j… ja… na… na… natürlich«, stotterte er. »I… i… ich ver… verstehe das.«
    Er brauchte gut zehn Sekunden, um die Worte herauszubringen.
    Aus Dank für seine Großzügigkeit gab Miss Garber ihm dann die Rolle des Penners. Wir wußten, daß er die ziemlich gut spielen würde. Der Penner war nämlich völlig stumm, aber der Engel wußte immer, was er dachte. Es gab eine Stelle in dem Stück, da mußte der Engel dem stummen Penner kundtun, daß Gott immer auf ihn aufpassen würde, weil Gott sich besonders um die Armen und Gebeugten kümmerte. Das war einer der Hinweise für die Zuschauer, daß die Frau vom Himmel gesandt war. Wie gesagt, Hegbert wollte, daß es sonnenklar war, wer das Heil und die Erlösung brachte, und mit Sicherheit waren das nicht ein paar spillerige Gespenster, die aus dem Nichts auftauchten.
    Die Proben fingen in der Woche danach an, und zwar im Klassenzimmer, weil wir erst dann ins Playhouse durften, wenn wir all die »kleinen Patzer« ausgemerzt hatten. Mit »kleinen Patzern« meine ich unsere Angewohnheit, aus Versehen die Kulissen umzustoßen. Die waren nämlich fünfzehn Jahre zuvor, als das Stück zum ersten Mal aufgeführt wurde, von Toby Bush gemacht worden, dem »rasenden Handwerker«, der schon manches Projekt für das Playhouse gezimmert hatte. »Rasend« nannte man ihn, weil er den ganzen Tag bei der Arbeit Bier trank und so ab zwei Uhr richtig in Fahrt geriet. Vermutlich war seine Sehkraft beeinträchtigt, denn er haute sich mindestens einmal am Tag mit dem Hammer auf die Finger. Dann warf er den Hammer hin, hüpfte auf und ab, hielt sich die Finger und verfluchte jedermann, angefangen bei seiner Mutter bis hin zum Teufel. Wenn er sich wieder beruhigt hatte, trank er erst mal ein Bier, um den Schmerz zu betäuben, dann ging er wieder an die Arbeit. Seine Fingerknöchel waren so groß wie Walnüsse und ständig geschwollen von der Arbeit, und keiner wollte ihm eine feste Anstellung geben. Hegbert hatte Toby Bush nur deshalb den Auftrag gegeben, weil der das günstigste Angebot weit und breit gemacht hatte.
    Aber Hegbert erlaubte weder Trinken noch

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