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Zeit im Wind

Zeit im Wind

Titel: Zeit im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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persönliche Gaben, wie sie sie noch nie zuvor erhalten hatten. Aber nicht nur Jamie hatte die Kinder bedacht - sie wurden auch vom Waisenhaus und von den Mitarbeitern beschenkt. Das bunte Papier wurde begierig aufgerissen, überall erklangen Freudenschreie. Soweit ich sehen konnte, hatten die Kinder viel mehr bekommen, als sie erwartet hatten, und sie bedankten sich überschwenglich bei Jamie.
    Als sich die Aufregung endlich gelegt hatte und alle Geschenke ausgepackt worden waren, wurde es etwas ruhiger. Mr. Jenkins und eine andere Frau, die ich nicht kannte, räumten auf, und einige der kleineren Kinder wurden unter dem Baum schläfrig. Als ein paar der größeren mit ihren Geschenken in ihre Zimmer gegangen waren, hatten sie an der Tür das Deckenlicht gedämpft. Die Lichter am Baum und die Schallplatte mit »Stille Nacht, heilige Nacht«, die jemand aufgelegt hatte, verbreiteten eine feierliche Stimmung. Ich saß immer noch auf dem Fußboden, neben mir saß Jamie mit einem kleinen Mädchen, das in ihren Armen eingeschlafen war. Weil es so turbulent hergegangen war, hatten wir keine Zeit gehabt, miteinander zu sprechen, aber es war gut so, und wir betrachteten den leuchtenden Baum. Ich versuchte mir Jamies Gedanken vorzustellen. Ich hatte natürlich keine Ahnung, woran sie dachte, aber sie hatte einen versonnenen Gesichtsausdruck. Ich glaube - nein, ich weiß -, daß sie mit dem Verlauf des Abends zufrieden war, und tief in meinem Inneren war ich es auch. Es war das beste Weihnachtsfest, das ich bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatte.
    Ich warf ihr einen Blick zu. Im Schein der Lichter war sie außerordentlich hübsch.
    »Ich habe was für dich gekauft«, sagte ich zu ihr, »ein Geschenk, meine ich.«
    Ich sprach leise, damit das kleine Mädchen nicht aufwachte, und hoffte, so die Nervosität in meiner Stimme verbergen zu können.
    Sie wandte den Blick vom Baum ab und sah mich lächelnd an. »Das war doch nicht nötig.«
    Auch sie sprach leise, ihre Stimme klang fast wie Musik.
    »Ich weiß«, antwortete ich. »Aber ich wollte dir etwas schenken.«
    Ich hatte das Geschenk neben mich gelegt. Jetzt nahm ich es und gab es ihr.
    »Kannst du es für mich aufmachen? Ich habe gerade keine Hand frei.«
    Sie blickte auf das kleine Mädchen hinunter und sah dann wieder mich an.
    »Du brauchst es nicht aufzumachen, wenn du nicht möchtest«, sagte ich schulterzuckend. »Es ist nichts Besonderes.«
    Um meiner Verwirrung Herr zu werden, fing ich an, das Geschenk auszupacken. Erst löste ich den Tesafilm, um das Papier nicht laut zerreißen zu müssen, dann wickelte ich den Karton aus. Ich schob das Papier zur Seite, nahm den Deckel ab und zog den Pullover heraus, um ihn ihr zu zeigen. Er war braun, wie der, den sie sonst trug. Aber ich fand, sie konnte einen neuen gebrauchen.
    Im Vergleich zu den Freudenausbrüchen zu Beginn des Abends erwartete ich keine große Reaktion.
    »Das ist es schon. Ich habe dir ja gesagt, daß es kein besonderes Geschenk ist«, sagte ich. Irgendwie hoffte ich, daß sie nicht enttäuscht war. Warum, weiß ich nicht.
    »Er ist sehr schön, Landon«, erwiderte sie ernst. »Ich werde ihn das nächste Mal, wenn wir uns sehen, anziehen. Danke.«
    Wir saßen wieder schweigend nebeneinander und sahen die Lichter an.
    »Ich habe auch etwas für dich«, flüsterte Jamie schließlich. Sie deutete zum Baum hinüber. Ihr Geschenk lag immer noch darunter, halb verdeckt von dem Ständer, und ich nahm es. Es hatte eine rechteckige Form, ließ sich ein bißchen biegen und war ziemlich schwer. Ich legte es auf meine Knie und versuchte nicht einmal, es aufzumachen.
    »Mach es doch auf«, ermutigte sie mich und sah mich an.
    »Du kannst mir das nicht schenken«, sagte ich mit erstickter Stimme. Ich wußte, was in dem Paket war, und konnte es nicht fassen. Meine Hände begannen zu zittern.
    »Bitte, mach es auf«, sagte sie mit freundlicher Stimme.
    »Ich möchte sie dir geben.«
    Langsam machte ich das Päckchen auf. Als das Papier abgefallen war, hielt ich das Geschenk sanft in der Hand, weil ich Angst hatte, es zu beschädigen. Ich starrte wie gebannt darauf. Langsam strich ich mit der Hand über den Einband und befühlte das alte Leder, und dabei stiegen mir die Tränen in die Augen. Jamie legte ihre Hand auf meine. Sie war warm und weich.
    Ich sah sie an. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Jamie hatte mir ihre Bibel geschenkt.
    »Danke, daß du das alles getan hast«, flüsterte sie. »Es war das beste

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